Auf der Baustelle am Pullinger Weiher
Flach schlägt die Hand aufs Wasser, dringt ein, drückt Luft nach unten, Blasen sprudeln wieder nach oben, sie suchen sich einen Weg zwischen Kamera und Gesicht. Es ist Selfie-Time oder, wie ich abwiegelnd versuche zu erklären, eine weitere Kameratestphase. Nicht etwa, dass Sie glauben, ich würde mich selbst unentwegt im Wasser fotografieren und davon hier Bilder zeigen. Nein, nein! Darum geht es nicht. Es geht um die Schärfe des Bildes, die suggerierte Tiefe des Bildes, um Licht und Farben.
Dieses Mal probiere ich hauptsächlich den Unterwassermodus mitsamt seinen Voreinstellungen. Ort des Geschehens: Der Große Pullinger Weiher südwestlich von Freising.
Nachdem ich unverrichteter Schwimmdinge zum Moosacher Weiher ausgewichen bin und auf dem Rückweg wieder am Pullinger vorbei komme, bietet sich die Möglichkeit, mein Auto auf einem Behelfsparkplatz auf einer Wiese stehen zu lassen und mich über einen kleinen Trampelpfad zum Wasser durchzuschlagen. Das ist ein Wink des Schicksals, das lasse ich mir nicht entgehen. Umso herber ist die Enttäuschung. Etwas surreal mutet an, was sich derzeit an einem Sommerwochenende am Westufer des Großen Pullinger Weihers abspielt:
Einst war der Pullinger Weiher ein echter Tipp, wenig überlaufen, großzügig gestaltete Liegeflächen, ein Biergarten und türkisblaues Wasser. Als in der Corona-Zeit der Flugverkehr erheblich reduziert wurde, fiel auch diese Belästigung weitgehend weg, denn der Weiher liegt direkt in der Anflugschneise der Landebahn.
Jetzt aber, was die Parksituation schon erahnen ließ, ist es am Ufer gesteckt voll. Im Wasser ist das eher weniger der Fall, zumindest wenn man die Schwimmer zählt. Dafür aber kreisen zig Dutzend Stand Up Paddler auf dem Wasser umher oder liegen auf ihren Brettern und lassen sich treiben. Schwimmen wird zum Wagnis, will man nicht unentwegt Gefahr laufen, mit einem Paddler zu kollidieren.
Und – oh Überraschung: Das Westufer wurde in Angriff genommen, der Erholungsflächenverein ist wieder aktiv. Die Förderbänder des einstigen Kieswerks sind verschwunden, eine Landschaft wird modelliert, Bäume werden gepflanzt, schweres Gerät steht am Sonntag verlassen da. Alles ist eine große Baustelle.
Und mittendrin die ersten Badegäste: Sie haben noch vor Fertigstellung den Uferabschnitt vorübergehend okkupiert und ihre Sonnenschirme aufgestellt. Es hat eine ganz eigene Anmutung. Und im Minutentakt donnern die Flieger über die Erholungssuchenden hinweg.
So verteilt es sich doch ein wenig, an einem Weiher, an dem es an diesem Sonntag viel zu voll ist. Darüber zu klagen ist allerdings müßig: Wer im Stau steht und darüber motzt, vergisst auch allzu leicht, dass er selbst auch ein Teil davon ist. Wen die Massen in den Naherholungsgebieten stören, muss sich trotzdem im Klaren darüber sein, dass auch er selbst ein Teil davon ist.
Es ist mehr als verständlich, dass die Erholungsflächen um den Pullinger Weiher signifikant erweitert werden müssen, auch wenn das letzten Endes wohl noch mehr Menschen an den künstlichen See ziehen wird, vielleicht mehr, als dass es das Gewässer am Ende verträgt. Man kann nur hoffen, dass diese Erweiterung auch verkehrsplanerisch durchdacht ist.
Der Weiher lockt Menschen an, die alles Recht der Welt dazu haben, dahin zu fahren. Viele leben in den Wohnblocks der Zuzugsgemeinden rings um den Flughafen, vermutlich geht ihnen an einem heißen Sommertag die Enge und Wärme der Wohnungen so auf den Keks, dass sie mit Sack und Pack, Kind und Kegel, Liege und Grill, Board und Ball morgens zum See fahren.
In vergleichbarer Situation würde ich es wohl auch nicht anders machen. Zur Not auch mitten auf die Baustelle…
Da ich aber nicht in vergleichbarer Situation bin und nicht auf den Pullinger angewiesen, werde ich das Terrain meiden, bis die Baustelle verschwunden ist und sich alles eingeruckelt hat. Dann werde ich mir das Resultat mal wieder ansehen – vielleicht aber lieber unter der Woche.
Vielen Dank fürs Lesen.
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