Spaziergänge (#33): An die Grenzen gehen im Kopfsburger Forst
Als Spruch zum Wochenende lese ich auf dem leider impressumslosen Blog von meinesichtderwelt:
„Die vielen Bäume und die wenigen Menschen, die machen den Wald so schön.“ (Otto Weiß)
Das passt wie die Faust aufs Auge: Als ab in den Wald.
Da ich ohnehin mal im Kopfsburger Forst an die Grenzen gehen wollte, setze ich den Aphorismus gleich um, bereichere den Wald um nur einen Menschen (nämlich mich) und einen Hund, nämlich den, den ich gelegentlich hüte und mit auf meine Touren nehme. Entsprechend erscheinen hier immer wieder mal Bilder von dem Tier.
Der Kopfsburger Forst erstreckt sich auf den Höhen südlich von Lengdorf oberhalb des Isentals, zieht sich nach Süden und schließt direkt an den Sollacher Forst an. Etappenweise erkunde ich damit ein Waldstück nach dem Nächsten. Das Wetter ist entgegen der Prognosen der Tagesschau und den üblicherweise danebenliegenden Wettervorheragen von wetter.com überraschend gut. Die vorsichtshalber eingepackte Regenjacke schleppe ich überflüssigerweise durchs Holz.
Auf und ab geht es zwischen mal dichten Fichtenschonungen, mal lichten Laub- und Mischwaldabschnitten. Die kleinen Bäche, die ins Tal hinunter zur Isen rinnen, haben tiefe Furchen in die Landschaft gezogen. An diesem Tag aber rinnt da gar nichts. Es wart schon wieder einmal lange Zeit viel zu trocken.
Die mich auf meiner Suche nach den Grenzen begleitende Hundedame ist zunehmend durstig und frustriert. Sie ist es gewohnt, überall einen Rinnsal, eine Pfütze oder einen kleinen Weiher zu finden und ihren Durst zu löschen. Heute aber sind Gewässer, und wären sie noch so klein, Mangelware.
Mir geht es nicht anders, ich habe auch Durst, auch wenn ich den nicht gewohnt bin, aus Pfützen und Bächen zu stillen. Stattdessen lösche ich ihn völlig unsolidarisch mit ein paar Bonbons, die den Speichelfluss im Mund stimulieren. Das muss ich dem Hund ja nicht verraten.
Unser erstes Ziel ist bald erreicht. Die alte Bistumsgrenze. 1683 wurden quer durch den Wald Grenzsteine gesetzt, denn hier stießen die Länder des Kurfürstentums Baiern und des Bistum Freising aneinander. Einige Steine gibt es noch, ich wollte sie schon länger mal sehen.
Der erste Stein steht beim Weiler Harnisch am Waldrand. Auf der einen Seite ziert ihn Wappen des Bistums Freising. Noch immer gut zu erkennen ist das Profil des gekrönten Afrikaners. Die Buchstaben BVR weisen auf die Exklave Burgrain hin.
Auf der Rückseite der kleinen Granitsäule prangt das bekannte kurfürstlich bayerische Rautenwappen.
Das war’s aber noch nicht, es gibt noch einen weiteren Grenzstein, von dem ich nur eine ungefähre Ahnung habe, wo der sich befinden könnte. Also gehen der Hund und ich auf die Suche.
So richtig weit ist er nicht entfernt, aber ein- oder zweimal falsch abgebogen können einen Spaziergang schnell zu einer Wanderung ausarten lassen und diese um ein paar Kilometer verlängern. Denn es ist das erste Mal, dass die auf Outdooractive eingezeichneten Wege nicht ganz der Wirklichkeit entsprechen. Und der Stein ist dort nicht markiert. Auf Google Maps allerdings schon, dafür fehlen die meisten Fußwege durch den Forst.
Und der Hund hat Durst. Ich übrigens auch schon wieder. Wir stoßen langsam an andere Grenzen, die der Geduld zum Beispiel.
Immer wieder fällt mein Blick auf die Blumen zu meinen Füßen. Sauerklee blüht, die letzten Blüten von Huflattich, Pestwurz und Schlüsselblumen. Und Taubnesseln. Pfützen aber, nach denen ich eigentlich Ausschau halte, sind Fehlanzeige.
Irgendwann sehe ich am Wegesrand eine Gartenprimel, die wohl irgendwem ausgebüchst und hier im Wald ihre neue Heimat gefunden hat. Vielleicht hat sie aber auch jemand einfach ausgesetzt.
Am Waldrand oberhalb von Göttenbach lädt eine Bank zur Pause ein. Der Fernblick nach Süden reicht weit in die Landschaft. Der Hund hat keine Lust mehr, legt sich einfach neben die Bank und bedeutet mir, dass wir jetzt hier pausieren sollen. Ok.
Nach einer Viertelstunde im Schatten einiger Birken geht es weiter.
Unvermittelt blicken wir, als wir den Wald erneut kurz verlassen, hinunter ins Isental auf die neue A94. Laut und landschaftszerstörend präsentiert sich die Autobahn – und ist doch so notwendig (wenn ich auch nach wie vor die Trassenführung für vollkommen idiotisch halte, eine auf Teufel-Komm-Raus-Trotzentscheidung der CSU. Von wem auch sonst?) Und mit der Autobahn kamen und kommen an jeder Ausfahrt Gewerbegebiete, Fastfood-Restaurants und weithin sichtbare Masten, die das Handynetz auf dem Land deutlich verbessern. 5G hat es zwar noch immer nicht an jeder Milchkanne, braucht es allerdings laut Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) auch nicht. Was für ein Armutszeugnis, wie man jetzt in Zeiten von Home-Office und Home-Schooling auf dem Land schmerzhaft spürt. Aber Hauptsache, wir haben die Autobahn schön, was ein anderes Thema ist…
Zurück im Wald finden wir endlich einen Bachlauf, der noch Wasser führt. Der Hund darf von der Leine, ist im Windeseile im Wasser und säuft… und säuft.. und säuft. Da ist einer aber überglücklich.
Und wir finden auch den zweiten Grenzstein. Ein vorwurfsvoller Blick der Hundedame sagt mir, dass sie sich wundert, warum ich sie für so einen alten hässlichen Klotz kreuz und quer durch den Kopfsburger Forst geschleift habe.
Alles wie gehabt, der Afrikaner prangt Richtung Freising, die Rauten Richtung Baiern. Das hatten wir schon.
Abe jetzt können wir uns auf den Rückweg machen. Nur noch eine halbe Stunde, behauptet Google.
Was? So lange, um zum Auto zurückzulatschen?
Spinnst Du?
Hilft aber nichts. Das kommt eben dabei raus, wenn man an die Grenzen im Holz gehen will…
Eine Liste aller Beiträge der Serie Spazieren statt schwimmen gehen samt Verlinkung finden Sie auf der Unterseite Die Serien dieser Seite im Überblick.
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Wenn ich mit dem Hund gehe nehme ich immer eine kleine Wasserflasche mit und eine Tupperschüssel ! Man weiß ja nie und Durst haben wir alle auch der Begleiter ! Bisher passte das immer !!!