Am Fohnsee – Liebe auf den zweiten Blick

„Schnapsidee!“ möchte ich mir zurufen, als ich am Spätnachmittag am Parkplatz vom Fohnsee das Auto verlasse. Es ist gesteckt voll an diesem kleinen See südlich vom Starnberger See. Dazu ein Lärm, wie er in einem vollgesteckten Freibad nicht größer sein könnte. Jubel, Trubel, Heiterkeit. Über allem das Aroma verbrannten Holzes und gegrillter Fische, denn am Restaurant stehen die Steckerlfische zum Verkauf bereit. Ich mag sie ja gerne – aber nicht jetzt. Gleiches gilt für die Ausgelassenheit, mit der die Kinder im Wasser herumtoben. Sie haben alles Recht dieser Welt dazu. Und ich habe schließlich gleich Earplugs in den Ohren.

Fast möchte ich postwendend ins Auto steigen und heimfahren. Aber ich habe nicht früh Feierabend gemacht, bin ins blaue Land gefahren, um auf dem Absatz wieder kehrt zu machen. Der Fohnsee, einer der größeren und einer der wenigen der Osterseen, in denen man schwimmen darf, steht nun mal auf der Liste, umso mehr, als ich die Liste der Neuentdeckungen brutal nach oben, die Liste der mit unbekannten Seen im Take me to the Lakes – München Edition gnadenlos nach unten drücken will. Und da der Fohnsee nun mal darin verzeichnet ist, wird jetzt gefälligst darin geschwommen. Dafür bin ich schließlich hergefahren.
„Reiß Dich zusammen, was hast Du erwartet?“ diszipliniere ich mich selbst, um ehrlich zu antworten. „Einen idyllischen, heimeligen Platz, etwas abseits, und menschenleer.“ So nämlich präsentiert das erwähnte Buch alle Seen – aber keiner ist so.
Idyllisch schon abseits auch – aber menschenvoll, auch wenn meine Fotos wieder mal das Gegenteil beweisen.

Fohnsee

Egal, nach ein paar kräftigen Zügen im überraschend kalten Wasser bin ich dem Trubel entwichen. Und schon ist es mächtig idyllisch. Eine Eiszerfalllandschaft ähnlich der Eggstätter Seen, zu denen auch Pelhamer, Langbürgner und Hertstee gehören. Wunderschön und zum Glück größtenteils mittlerweile unter Naturschutz gestellt.Schilf am Nordufer
Es geht nach Norden, am Schilf entlang und dann gegen den Uhrzeigersinn immer am Ufer entlang. Schon zeigt sich der Fohnsee, gern auch Fohn-See geschrieben, von seiner schönsten Seite, die immer wieder auftretenden kalten Strömungen mal außer Acht gelassen. Vom Süden her grüßt das Alpenpanorama – eine Postkartenlandschaft.
Im Fohnsee
Fohnsee - Ufervegetation Fohnsee - WestuferNatürlich ist er alles wunderbar, da stört auch nicht im Süden der mit Sonnenschirmen und Sonnenanbetern übersäte Hügel weniger. Im Gegenteil. Es mutet etwas sonderbar an.

Fohnsee - Südufer mit SonnenhügelIEs kommt mir etwas skurril vor, wie dort die Menschen die langsam hinter den Bäumen verschwindende Abendsonne anstarren, fast meditierend und vielleicht auf ein wenig Erleuchtung hoffend. Warum fällt mir gerade jetzt eine Szene aus Mars attacks ein, in der genau diese freudig erregt die Ankunft der Aliens erwartenden Esoteriker die ersten sind, denen selbige das Licht ausblasen. Feistes Grinsen meinerseits. Kopfkino, Du bist das Beste.

Und dann kriegt mich doch noch die Wut. Nach ein paar Selfies (Beweisfoto, dass ich da war und der Versuch, etwas anderes als üblich aufzunehmen) liegt vor mir ein Traumblick. Nein – nicht dieser.
Fohnsee - Blasen steigen auf, Selfie

Die blauen Berge im Hintergrund, davor Wiesen, Bäume, Schilf und das Städtchen Iffeldorf samt typisch bayerischer Kirchturmspitze, das Ganze aus dem Fohnsee heraus.
Noch ein Postkartenmotiv, das zu fotografieren ich mir dringend vornehme. Dazu aber muss ich noch ein wenig weiter vom Ufer weg wieder auf den See hinaus. Plötzlich ein „Ping“ und das Display meiner Kamera verrät  mir, dass sie jetzt den Betrieb einstellt. Der Akku ist leer. Lockdown, Shutdown. Feierabend. Das kommt davon, wenn man zu viele Selfies macht.
Selbst Schuld, ich Idiot.
Ich schwimme trotzdem hin zu der Stelle und schaue ein wenig beglückt in die Landschaft. Dann ziehe ich die Kamer noch einmal heran.. Ich kenne das ja von allen möglichen Momenten, dass der Akku genau dann leer ist, wenn ich noch dieses eine Bild unbedingt machen will. Ich weiß aber auch, dass, wenn sich die Kamera sich abgeschaltet hat, der Akku noch mal alles mobilisiert, was er hat. Ich gebe ihr ein paar Minuten, um die allerletzten, schlafenden Reserven zu mobilisieren.
Mit etwas Glück reicht es dann, die Kamera noch einmal einzuschalten, ein oder zwei Bilder gehen dann noch, bevor endgültig tabula rasa ist.
Fohnsee - Blick auf Iffeldorf

Klick, Pling, Klick.
Na… wer sagt’s denn. Für ein Foto hat es noch gereicht.
Höchst befriedigt kann ich mich auf den Heimweg machen.
Das Ganze allerdings nicht, bevor ich nicht das Baumgerippe am Badestrand in der Abendsonne fotografiert habe, diesmal mit dem Handy zum Sofortgebrauch, noch von Ort und Stelle geht es ab damit in die sozialen Netzwerke.Fohnsee - Baumgerippe mim Gegenlicht

Schon wieder so ein ganz furchtbar belastender Feierabend…
Kaum auszuhalten.

Wie wahr!
Wie wahr!

 


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4 Antworten

  1. Struppi-2009 sagt:

    Wunderschöne Bilder, die Ruhe am Weiher ausstrahlen. Gehst Du immer alleine schwimmen oder hast Du eine Begleitperson bei Dir?
    Schönes Wochenende und viele Grüße
    Traudl

    • zwetschgenmann sagt:

      In etwa 90% oder mehr bin ich alleine unterwegs.

      • Struppi-2009 sagt:

        was ist dann wenn Du einen Fußkrampf bekommen würdest? Hast Du dann einen Rettungsreif dabei?

        • zwetschgenmann sagt:

          Auf längeren Strecken mit größerer Entfernung zum Ufer (z.B. bei Querungen) habe ich immer eine Boje dabei. Wenn ich wie in diesem eher kleineren See in Ufernähe bleibe, dann nicht.
          Krämpfe sind beim Kraulen aber ohnehin sehr unwahrscheinlich.

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