Als Tourist daheim (#16): Eine Ochsentour / Teil 2

Weiter geht’s als Tourist daheim durch die bayerische Alpenregion.
Von Wallgau nach Gerold ist es nur ein kurzer Weg, der mich durch Krün und am Barmsee vorbeiführt, dem ich am ersten Fünf Seen Tag einen Besuch abgestattet habe.

3. Geroldsee / Wagenbrüchsee

Heißt er nun Geroldsee oder Wagenbrüchsee?
Keine Ahnung, die einen sagen so, die anderen so. Die Einheimischen nennen ihn, so lese ich Netz, Wagenbrüchsee, schreiben aber auf ihre Wegweiser Geroldsee – das muss man alles nicht verstehen. Ist aber auch egal.
Im Örtchen Gerold ziehe ich mein Tagesparkticket, drunter tun sie’s nicht in der Gemeinde Krün. Stundenweise abrechnen geht nicht, aber die Kommune verweist darauf, dass mit dem Obolus der Erhalt und die Reinhaltung der Wege und Uferbereich rings um Gerold-, Grub- und Barmsee finanziert werden. Dann ist das in Ordnung, auch wenn ich keinesfalls vorhabe, die Parkzeit voll auszunutzen.
Ich möchte nur einen Spaziergang um den Geroldsee machen, dabei fotografieren und ausspähen, wo ich im Sommer, wenn ich die drei Seen noch einmal besuchen werde, ins Wasser steigen kann und wie ich dann eine sinnvolle Reihenfolge zustande bringe.

Daheim - am Geroldsee, Berge

Denn eines ist mir jetzt schon klar: Früh losfahren wird dann wichtig, Parken direkt vorm Loch wird nicht gehen und das Auto umsetzen vielleicht auch nicht. Jetzt aber marschiere ich erst einmal mutterseelenallein durch die Wiesen zum Badeplatz.

Daheim - am Geroldsee

In verschiedenen Reise- und Seenführern wird der Geroldsee (oder Wagenbrüchsee) als Geheimtipp wärmstens empfohlen, wunderschön sei es dort, das stimmt. Ob das auch fürs Schwimmen gilt, werde ich noch sehen, jetzt stehe ich erst einmal am Südufer, schaue über das Wasser, irritiere immer wieder ein paar Enten, die so früh im Jahr dort vermutlich eher selten auf Menschen treffen.

Daheim - am Geroldsee

Derweil herrscht auf er gegenüberliegenden Seite auf dem Wanderweg ein wenig Betrieb. Radfahrer:innen und Wander:innen, die das schöne Wetter ausnutzen, sind auszumachen. So ganz geheim also ist der Tipp nicht, denn schon auf dem Parkplatz habe ich gesehen, dass nicht nur bei meinem Auto das Nummernschild mich als ortsfremd ausweist.

Daheim - am Geroldsee Wiesen, Hütten

Östlich des Sees schließt sich eine Sumpflandschaft an. Es führt kein Weg hindurch, was mich allerdings nicht davon abhält, trotzdem einen Blick auf die Fläche hinter dem Birkenwäldchen zu wagen. Dutzende Eidechsen, die sich in der Sonne wärmen, fliehen durchs trockene Gras in sichere Verstecke. Sie sind viel zu schnell, um sie zu fotografieren und mir fehlen Zeit und Muße, mich auf die Lauer zu legen, bis sie wieder hervorkommen. Das Ganze ist nicht nur ein immenses Geduldspiel, es würde mir auch abverlangen, mich ins sumpfig, nasse Gras zu hocken, ansonsten ist die Fotografie von Eidechsen eher witzlos. Das will ich aber heute nicht.Daheim - am Geroldsee

Zurück auf dem Wanderweg beobachte ich einen Turmfalken, der sich ebenfalls kaum fotografieren lässt. Denn der Falke, der eben noch ruhig in der Luft stand, wird plötzlich von zwei Krähen attackiert. Ein Luftkampf entbrennt, wie man ihn öfter beobachten kann, wenn die Falken den Nestern der Krähen zu nahe kommen und diese den Vogel vertreiben wollen, um ihre Brut zu schützen.

Daheim - Turmfalke

Sieger sind die Krähen, der Falke fliegt davon.

Der Blick nach Süden ist fulminant, Ortskundige dürfen mir gern bestätigen, ob das das Karwendelgebirge ist und wie genau die Berge heißen. Ich gestehe wieder einmal, dass ich von den Bergen einfach gar keine Ahnung habe. Gibt es vielleicht eine App wie bei Pflanzen, in die ich einfach ein Foto hochlade und die App sagt mir, welcher Berg das ist?

Daheim - am Geroldsee

Daheim - am Geroldsee

Hunger macht sich breit, als ich in Gerold zurück bin und ins Auto steige. Es ist Mittagszeit.
Da mir mein Navi sagt, dass ich nur noch 20 Kilometer und eine knappe halbe Stunde bis zum Eibsee fahren muss (was sich zumindest in puncto Fahrzeit als Irrtum herausstellen wird), entscheide ich, dort Brotzeit zu machen, auch wenn ich schon jetzt weiß, dass mich am See die das Essen teuer zu stehen kommen wird. Da wird nämlich der Touri-Aufschlag fällig, aber das ist dann eben so. Auch wenn ich nur einen Tag unterwegs bin, bin ich doch auch nur ein Touri. So steht es ja auch in der Überschrift und rund 140 Kilometer von meiner Haustür entfernt kann ich nun wirklich nicht mehr behaupten, mich in meiner Hood zu bewegen.

4. Badersee

Den Badersee nehme ich quasi im Vorbeifahren mit, er liegt zwischen Garmisch-Partenkirchen und dem Eibsee hinter Grainau da komme ich ohnehin vorbei. Fast wäre ich allerdings am Abzweig vorbeigefahren. Im letzten Moment sehe ich das Schild, das mich auf das am See gelegenen Hotel hinweist, ich trete in die Eisen und nehme geschmeidig die Kurve auf den Parkplatz.
Da ich nicht vorhabe, hier lange zu bleiben, denn ich habe noch die Wanderung um den Eibsee vor der Brust und es ist bereits Mittag, ignoriere ich dieses Mal geflissentlich die Parkscheinpflicht. Das hat auch damit zu tun, dass ich die letzten Münzen, die ich im Portemonnaie hatte, in Gerold bereits in einem Automaten versenkt habe. Der See befindet sich in Privatbesitz, so prelle ich also nicht die öffentliche Hand sondern eine Privatperson, die sicher nicht zu den ärmsten Schluckern gehört. Auch wenn das dortige Hotel nicht mehr vom Grundeigentümer betrieben wird, denke ich mir, dass dieser daran noch gut mitverdienen wird. Da wird er auf meine Parkgebühr heute verzichten können.

Daheim - Hotel am Badersee

Der Abstecher dient mehr der Vollständigkeit und der Neugier, ob auch hier vielleicht ein lohnenswertes Fotomotiv zu finden ist, zumindest oberhalb der Wasseroberfläche.
Denn ich weiß, dass auf dem Grund des Sees eine Skulptur einer Nixe liegt, gut zu sehen, wenn man sich ein Ruderbötchen mietet, aber so früh im Jahr gibt es keine Boote, Zeit für eine Bootspartie habe ich sowieso nicht und die Unterwasserkamera, die ich dann ins klare Wasser halten könnte, ist auch nicht mit dabei.
Also lasse ich die Nixe Nixe sein, vielleicht werde ich später mal damit beschäftigen.Daheim - Insel im Badersee

Gelesen habe ich von ihr in dem albernen Buch der unheimlichen Orte in Bayern: schaurige und mystische Plätze und ihre Geschichten“ von Fritz Fenzl, in dem viel Falsches zu lesen ist, so zum Beispiel, dass die Umrundung des Sees 3 Kilometer lang ist und etwa ein bis zwei Stunden dauert. Was kompletter Blödsinn ist, der Fußweg direkt am Ufer ist keine 600 Meter lang, was letztlich samt vieler Fotopausen in einer knappen halben Stunde erledigt ist.

Weiß der Henker, wo der Herr Fenzl da rumgestapft ist. Immerhin folge ich seiner Empfehlung, den See gegen die Uhrzeigerrichtung zu umrunden, „der Abfolge der verborgenen Geheimnisse wegen“, wie er das begründet. Geheimnisse gibt es allerdings keine oder sie sind dermaßen gut verborgen, dass ich sie übersehen habe.
Das führt mich zu der Frage, was der Autor beim Abfassen seines Buches wohl intus gehabt haben muss.

Daheim - am Badersee

Dass der gute Mann weit jenseits dessen ist, ihn ernst nehmen zu können, beweist auch eine Äußerung im Kapitel über den Badersee, das ich daheim noch einmalnach lese. Im Absatz, in dem er über die Besiedlung der Region referiert, schreibt er: „Damals (Anm.: Gemeint ist die Bronzezeit) sank in Folge des wärmeren Klimas der Grundwasserspiegel und gab größere Landflächen frei. Anmerkung: Keiner schrie damals ‚Oh Gott, Klimawandel…! Es gab noch keine Massenbeeinflussung durch sensationsheischende Presse!“Daheim - am Badersee, alte Wurzel

Notiz an mich: Es wird Zeit, sein Buch Momox zu überlassen. So viel Unfug wie auf diesen knapp 200 Seiten habe ich selten gelesen und ich habe den dringenden Verdacht, der Mann glaubt selbst, was er da zusammengeschrieben hat.

Daheim - am Badersee

Ab zum Eibsee…

Teil 1: Sylvensteinspeicher und Vorderriss – hier

Teil 3: Eibsee, Frillensee und Riessersee – hier


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2 Antworten

  1. wow, das sieht nach einer wunderschönen tour aus!