Achtung! Tassendiebe!
Tassendiebe kann ich ja gar nicht ab. Denn Tassen sind heilig. Zumindest meine, zumindest mir!
Wenn man schon wesentliche Teile seines Lebens in Büros verbringt, dann ist es ja wohl vollkommen normal, dass man es sich einigermaßen so arrangiert, dass man sich halbwegs wohl fühlt. Die einen pflegen mit Hingabe die Grünanlagen auf den Fensterbänken (Büroaquarien mit ebarmungswürdigen Guppies gibt es wohl nur noch in schlechten deutschen Fernsehserien), andere gruppieren Fotos ihrer Liebsten auf dem Schreibtisch um sich. Vereinswimpel werden aufgehängt, Poster, Urlaubspostkarten, Glücksbringer, Nippes und Stehrümchen platziert.
Doch das, was wohl die meisten Arbeitnehmer einigt, ist das Bedürfnis, eine eigene, individuelle Tasse zu haben. Meine! Nur meine!
Manch einer adoptiert aus dem Tassensammelsurium (das Wenige, was sich wirklich wie durch Geisterhand in Büros vermehrt) in der Kaffeeküche „seinen“ Pott – andere mögen es noch individueller und kaufen sich eine Tasse oder lassen sich eine speziell für den Arbeitsplatz schenken. Nie käme jemand auf die Idee, die Tasse eines Kollegen, sobald diese als solche identifiziert ist, zu benutzen. Wozu auch? Fast jeder hat ja seine eigene. Und wer nicht, besitzt genug Anstand und Respekt, sich nicht an anderer Leute Kaffeebecher zu vergreifen. Ist auch besser so, es wurden schon Leute wegen weniger dramatischer Regelverletzungen mit Gelb-Rot vom Platz gestellt.
Also! Das ist meine!
Während im tiefen Süden unseres Landes eine schwarzgelbe Tasse nicht nur auffällt sondern auch von den hiesigen Bayern- oder Sechzgerfans gar nicht erst angefasst wird, würde ich umgekehrt nie im Leben die Diddl-Tasse, den Knuddelbär-Becher oder den Minions-Humpen der Kolleginnen anrühren.
Vor Jahr und Tag schleppte ich die erste BVB-Tasse ins Büro, mittlerweile ist sie ausrangiert und dient als Sammelbehälter für Schreibtischschubladen-Kleinkrams in einer solchen. Darin sammeln sich ein Labello, ein Blättchen Paracetamol, Hustenbonbons und Ähnliches. Der Henkel der Tasse hat einen feinen Riss. Höchst wahrscheinlich ist, dass er irgendwann abreißt und die Tasse samt Füllung vor mir auf die Erde oder noch schlimmer auf meinem Oberschenkel landet, deweil ich mit Henkel in der Hand und saublödem Gesichtsausdruck dumm dastehe oder -sitze.
Eine zweite Tasse musste her, kam her. Jeder wusste: Mein Verein – Meine Heimat – Meine Tasse gehört mir, nur mir. Nach einer geraumen Zeit der Eingewöhnung, in der die Tasse abends fein säuberlich gespült in der Schublade landete (manche Kollegen machen das immer noch mit ihrer Tasse), wurde mir das arg zu blöd. Abends in die Spülmaschine, morgens aus dem Geschirrschrank, das funktioniert genauso und macht erheblich weniger Arbeit.
Dann aber, eines Morgens, in aller Frühe, war die Tasse weg. Einfach nicht da. Nicht im Geschirrschrank, nicht in dem daneben, auch in keinem anderen. Nicht in der Spülmaschine und nicht in der Kaffeeküche einen Stock höher. Ich suchte und fluchte, schimpfte, beschwerte mich, klagte via WhatsApp und Twitter Familie, Freunden und Followern mein Leid und verwünschte den Schurken; Der Blitz solle ihn (oder sie) beim Scheißen… Sie wissen schon. Wie Tuco es damals dem Blonden nachrief.
In selbiges Horn stießen liebe Kolleginnen, die Zeugen meines Elends wurden und noch barbarischere Flüche mit Hölle und Folterqualen dem elenden Tassendieb nachriefen. Unflätigkeiten kamen zu Gehör, die jeden Autor vor Neid erblassen ließen. Das tröstete wenig, denn der Tag war gelaufen.
Ich – kann – so – nicht – ar-bei-ten!!!
Wer macht so etwas Niederträchtiges? Oder ist die Tasse in der Spülmaschine kaputt gegangen, landete im Müll und niemand hat etwas gesagt?
Um 14.30 Uhr entdeckte ich meine Tasse in der Spülmaschine. Und mir wird schlagartig klar, dass der Betriebsprüfer des Finanzamts, der sich in der Firma herumdrückte, sich an meiner Tasse vergangen hatte.
„Solche Menschen sind“, so formulierte es meine Tochter treffend und mir per WhatsApp Anteilnahme bekundend und Trost spendend, „innen drin richtig hässlich!“
Jedenfalls bewies der Mann vom Amt, dass seinesgleichen einfach gar keinen Respekt vor anderer Leute Eigentum hat und einfach wegrafft, was er bekommen kann… Das bringt der Job wohl mit sich.
Doch damit nicht genug. Drei Tage später wiederholte sich dieses schändliche Spiel. Dieses Mal unser EDV-Supporter. Schon beim Vorbeigehen an seinem Schreibtisch sehe ich meine Tasse dort stehen.
„Na, warte!“
ELENDER TASSENDIEB schmiere ich dem Übeltäter auf ein Post It und klatsche ihm dieses auf sein Laptop-Display. Dann sinniere ich, ob ich ein EDV-Support-Ticket erstelle mit passender Problembeschreibung und damit die ganze Supporting-Firma auf dieses Sakrileg aufmerksam mache.
Doch schon steht der Mann kleinlaut mit gesenktem Blick in meiner Bürotür. Ob er die Tasse spülen, mit gutem Kaffee füllen und mir bringen dürfe? Zerknirschung zeichnet sein ganzes Gesicht. Fast schon herzergreifend. Er habe das Logo erst gesehen, als er die Tasse vor sich auf den Tisch gestellt habe.
Gönnerhaft erlaube ich ihm, die Tasse den Tag über zu benutzen. So ein armer Bazi muss ja auch mal was Edles in den Fingern halten dürfen.
Und damit so etwas nie wieder passiert, habe ich mir gleich darauf eine weitere schwarzgelbe Tasse gekauft und ins Büro mitgebracht. Ich halte diese in der Schublade versteckt. Man kann ja nie wissen, wann wieder Tassendiebe unterwegs sind. Für solche Momente aber ist jetzt vorgesorgt!
Vielleicht sollte ich noch die mit dem kaputten Henkel in den Geschirrschrank stellen. Und wenn’s dann beim Tassendieb plötzlich scheppert – Hach, wie dumm!
Das ist zwar nicht der Blitz, der den Lumpen beim Scheißen trifft, aber zumindest der brühheiße Kaffee auf der Hose. Immerhin ein Anfang.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Schöne Geschichte, aber … meine Tasse ist mir auch heilig. Es würde auch niemals, niemals jemand meine Tasse benutzen. Es sei denn, dieser jemand möche unbedingt einen Riesenärger.