Von Metato nach Casoli: Die Toscana kann auch anders

Zwischendurch, das haben Stammleser mittlerweile sicher bemerkt, treibt mich der Bewegungsdrang aufs Rad, und selten bin ich auch auf Schusters Rappen unterwegs: Will sagen. Ich geh wandern. Das ist nun nicht unbedingt das, woran mein Herz hängt, aber wenn die Gelegenheit sich ergibt, dann werden die Stiefel geschnürt – und los geht’s. Entsprechendes finden Sie in diesem Blog in der Rubrik Fremdgehen. Und genau darum geht es heute wieder mal:
Sonnenuntergänge, Felder, soweit das Auge reicht, sanfte Hügel, terracottafarbene Häuser, Pinien, Olivenbäume, Zypressen – das ist das Bild, das der deutsche Urlauber wohl von der Toscana hat. Hier ein Weingut, dort ein kreatives Töpferseminar, ein verträumtes Mittelalter-Städtchen und über allem der Duft von Rosmarin und Ginster.

Aber die Toscana kann auch anders.
Oben im Norden. Dort, wo die Reichen und Schönen an der Versilia den Strand genießen, liegen im Hinterland die Alpi Apuane. Keine 20km von der Küste entfernt kleben die kleinen Dörfer wie Nester an den dicht bewaldeten, steilen Bergen.


Das hat so gar nichts Mediterranes mehr, schon gar nicht das, was der Italien-Urlauber von der Toscana erwartet.
Schön ist es dort. Und einsam. Sehr einsam. Wohnt da noch wer? Oder sind die Häuser nur noch für die Ferialen und die Wochenendler da. Immerhin: Hin und wieder bellt ein Hund. Ein paar Kater streichen durch’s Dörflein, machen nachts mit ihren Nebenbuhlern Gezänk, in der Ferne schimmert das Meer.
Metato, in dem wir Urlaub machen. Gelegentlich sieht auch Menschen. Laut Wikipedia hat Metato etwa 60 Einwohner. Ein Reisebus voll Menschen.
Von Metato führt ein etwa eineinhalbstündiger Weg nach Casoli, erst hinunter ins Tal, durch das ein Fluss dröhnt, dann auf der anderen Seite hinauf.  Es ist ein Teilstück einer riesigen Wanderstrecke durch die Toscana. Und genau diesen netten Weg nehmen wir uns vor. Weil er eben da ist, weil wir ihn vor der Tür haben – und weil es eben das absolute Kontraprogramm zum touristisch überschwemmten Pisa, St. Gimignano oder Florenz darstellt.

Hinab ins Tal geht es durch Wälder und einige Olivengärten, regenfeucht, ausgewaschen, alpin.
An einem Wegkreuz gedenkt man portugiesischer Soldaten, die 1944 hier gefallen sind.

Unten im Tal befindet sich eine ehemalige Mühle – sehr pitturesk, natürlich verrammelt, verriegelt und etwas ramponiert, der Tourismus ist an diesen Orten bisher vorbei gezogen, sonst wäre hier längst ein Event-Restaurant mit regionalen Spezialitäten und pseudo-retro-Mühlengeklapper vom Tonband. Gut, dass dem nicht so ist. Gut, dass hier außer uns einfach kein Mensch weit und breit zu sehen ist.


Vom Tal geht es steil hinauf nach Norden nach Casoli. Umgefallene Bäume liegen über dem Weg, auf der anderen Talseite zeigt der nackte Fels seine jahrtausendealten Auswaschungen.

Oben in Casoli liegt eine winzig kleine Bar mit einem Miniatur-Lebensmittelgeschäft. Die Zeit scheint still zu stehen oder zumindest langsamer zu verstreichen. Der Postbote trinkt eine Espresso in der Bar. Zwei Frauen unterhalten sich, zwei Männer sitzen drinnen am Tisch.
Ein Schild zeigt an, dass die kleine Bar in dieser Woche mittags schließt, wir sind gerade noch rechtzeitig für einen Espresso, ein eisgekühltes Wasser und ein Pistazieneis. Kühler Wind kommt auf, schützend ziehen wir Jacken über die durchgeschwitzten Shirts.

Und dann geht es auch schon wieder zurück. Der Himmel ist mittlerweile wolkenbedeckt, es könnte ein Gewitter geben, am Ende treiben uns zwei Donner und gefühlte 382 Regentropfen zur Eile an. Aber das Gewitter bleibt aus…

Wander-, Bergwander- und Outdoorblogger sind sicher gewiefter darin, die wanderrelevanten Informationen zusammenzustellen und die Wegbeschreibung anzufertigen. Ich beschränke mich einfach darauf, das, was auf der Wandertafel steht, abzufotografieren.matato01
Die Bilanz: Nur 3,1 Kilometer, etwa eineinhalb Stunden hin und 160 Höhenmeter runter und auf der anderen Seite der Talsohle 155 Höhenmeter wieder rauf. Und dann am Wendepunkt umkehren und den gleichen Weg zuück. Ein schöner Weg für einen Vormittag.
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Ein wenig Typisch Toscana aber bietet der Weg doch. Ausgewaschene Stellen werden bisweilen mit Steinen aufgefüllt. Das ist nichts ungewöhnliches, oft ist es zermahlener Bauschutt oder Scherben alter gebrannter Dachziegel. Hier aber ist es der für die apuanischen Alpen berühmte, weiße Marmor. Carrara ist nah.
Na bitte.
Wer sagt’s denn…


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