Sonntag, das ist… (27) Posten beziehen
Sonntag, das ist genau der Tag, an dem ich Zeit habe, Posten zu beziehen, und damit bin ich nicht der Einzige. Viel Action ist in der efeuüberwucherten, laublosen Blutpflaume in diesen Wochen. Davon war hier schon die Rede. Die Wintervögel finden im Efeu Schutz aber auch Futter, es ist ein stetes Kommen und Gehen.
Zudem bieten Baum und Rankpflanze Flucht- und Versteckplätze, wenn die Spatzen sonntags auf der Hauptstraße herumtanzen, ein Auto oder Fußgängerinnen herannahen. Es ist schön und amüsant, das Treiben der kleinen Federbälle zu beobachten, auch ohne die Stunde der Wintervögel und dem Zählauftrag des Nabu. Dazu hätte ich sowieso weder die Geduld auf- noch verlässliche Ergebnisse zusammengebracht. Kohl- und Blaumeisen, Amseln, Sperlinge (Haus- oder Feld-?), Rotkehlchen, Dompfaffen, Grünfinken, manchmal auch Distelfinken. Wie viele? Keine Ahnung
Der Sperlingsschwarm, der sich gern in Nachbarshecke auf der anderen Straßenseite aufhält, kommt regelmäßig hetüber zu unserem Vogelhäuschen, um sich den Bauch vollzuschlagen. Alle, bis auf einen.
Der nämlich landet in der Baumkrone und steht, bzw. hockt dort Schmiere.
So ganz stimmt das natürlich nicht, denn die Sperlinge tun nichts, was sie nicht dürften und sich Ärger einhandeln, würden sie erwischt. Schmieren stehen trifft es also nicht so ganz. Der Wachvogel mustert aufmerksam die Lage, immer bereit, die Artgenoss:innen zu warnen, wenn Gefahr droht. Ob nun Nachbarskatzen oder Spaziergänger:innen, von denen zwar keine Gefahr ausgeht, aber wie soll so ein Spatzenhirn das wissen?
Ganz anders die Meisen. Die rangeln und raufen, schubsen, drängeln und verdrängen. Ein Benehmen am Futterhäuschen ist das, das so gar nicht zu den putzigen Tierchen passen will. Das rabiate Pack gönnt sich gegenseitig nicht den Dreck unterm Fingernagel bzw. das Futterkorn im Schnabel.
Sonntags habe ich viel Zeit, dabei zuzusehen, vielleicht sogar den Schreibtisch vom Fenster wegzuschieben, einen Hocker vor die Scheibe und mich höchst selbst darauf zu platzieren. Es ist ein Vorgeschmack auf das kommende: Die Zeit als Fensterrentner.
Dann werde ich nicht nur sonntags Posten beziehen und nicht nur die Vögel ins Visier nehmen. Auch die Passant:innen – und wehe, da benimmt sich einer ungebührlich. Dann bekommt er aber was zu hören. Ich fange schon mal an, grantige Unflätikeiten zu sammeln, die ich den Schulkindern auf dem Weg zum Bus und den Müttern samt Nachwuchs auf dem Weg zum Waldkindergarten hinterherrufen könnte. Oder den unverschämten Meisen…
Das wird schön. Jeder Tag ein Sonntag. Es fehlt eigentlich nur noch das große bestickte Kissen, das ich dann ab Frühjahr ins offene Fenster lege und meine Ellenbogen darauf.
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Hegen solche Gedanken eigentlich nur Männer?
Mein Mann meinte auch schon sich spätestens im Rentenalter ein Kissen für die Fensterbank zu kaufen. 😂
Das weiß ich nicht, Vielleicht wissen manche Männer mit ihrer Zeit nach dem Arbeitsleben weitaus weniger anzufangen als Frauen. Aber ich habe auch so manche Fensterrenterin gesehen. Früher war das übrigens sehr viel häufiger verbreitet – schade, diese wunderbare Streit-Kultur scheint dem Untergang geweiht zu sein.