Sonntag, das ist… (24) dem Regen trotzen
Sonntag, das ist, wenn morgens in aller Frühe der Regen aufs Vordach unter dem Schlafzimmerfenster trommelt und mich das ziemlich unbeeindruckt lässt. Das Dach ist aus Kupfer, das macht es extralaut. Von dort läuft das Wasser in die Regenrinne hinüber zum Fallrohr, schüttet es aus Eimern klatscht das Wasser in der Krümmung gegen das Fallrohr, alles fließt, alles rauscht.
Alles?
Wenn dann noch der Wind ums Haus pfeift, also so ein richtiges Sauwetter ist, bei dem man keinen Hund vor die Tür jagen möchte, gibt es eine wunderbare Alternative: Einfach noch im Bett bleiben.
Nichts hetzt, nichts drängt.
„Wie gut, dass ich jetzt nicht im Zelt liege…“ denke ich an lang vergangene Tage zurück. „Oder auf einem Schiff“, ergänzt meine Frau. „Oder im Flugzeug sitze“. Bei Sturm und Regen draußen gibt es viele Orte, an denen ich nicht sein möchte. Das ist nur eine kleine Auswahl. Mir fallen die Leute ein, die nicht die Wahl haben, wo sie bei einem Scheißwetter sein wollen. Im Zelt zum Beispiel schläft nicht jede:r freiwillig. Ich habe die Zeltstadt für die Geflüchteten in München an der Messe vor Auge: Große Zelte, die immerhin beheizt, etwas möbliert und mit Strom versorgt sind. Andere sind da noch elender dran.
Ich empfinde große Dankbarkeit, ein festes Dach über dem Kopf zu haben, Wände um mich herum, eine Heizung im Haus, dankbar für ein warmes, weiches höchst komfortables Bett, in dem ich mich einfach noch mal umdrehen kann. Das alles ist nicht selbstverständlich, das alles rührt von dem Privileg (und dem Zufall) in einer Region frei von Kriegen und größeren Katastrophen zu leben. Das geschah ohne mein Zutun.
Und ich hätte gerne, dass das so bleibt, aber dazu kann ich etwas beitragen.
Derweil prasselt der Regen gegen das Fenster. Und mich geht das einfach nichts an.
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Wohl dem, der hat und es zu schätzen weiß!
Ist das nun ein Wort zum Sonntag? Ganz arg liebe Grüße, auch aus einem warmen Haus.
Ja, vielleicht auch eine kleine Anregung zur Dankbarkeit und eine Einordnung in unser allermeister Wirklichkeit hierzulande.
So ähnlich denke ich auch immer wieder, wie gut wir es alle haben und auch in den letzten 80 Jahren hatten.
Im kalten Krieg aufzuwachsen von dem unsere Generationen nichts oder so gut wie nichts mitbekammen hatte doch sehr viel gutes.
Das Blatt wird sich noch wenden da bin ich mir sehr sicher.
Gruß Ann-Kris
Ich komme in letzter Zeit auch wieder an genau den Punkt: Warm, trocken, friedlich. Und ich wenn heute in der U-Bahn höre, dass sich Frauen noch zurufen, am Abend besser nicht rauszugehen, schwant mir, wie prekär die Lage für andere in der gleichen Stadt ist. Ich habe es so irre gut.
Lieber Lutz, ich liebe auch diese Sonntagnachmittage: auf dem Sofa, unter der warmen Decke, draußen ist es kalt und regnerisch, gute Musik und vielleicht noch ein gutes Buch in der Hand. Oder einfach nur rausgucken. Der bekannte bayerische Philosoph Polt nennt diesen Zustand sehr treffend „herumschildkröteln“, ein Wort, das dir sehr angemessen ist.
Eine Frage habe ich aber angesichts deines sehr schönen Beitrags: wie kommt es, dass ein Beitrag am 6. Oktober veröffentlicht, aber am 3. Oktober aktualisiert wurde? Ein Knick im Raum-Zeit Kontinuum? Ein Wurmloch auf der sonntäglichen Raum-Zeit-Achse? Oder gelingt dir, was ich annehme, die Zeitumkehr durch sinnliche Kontemplation? Eine Zeitumkehr durch Schildkröteln? Wie auch immer: mögen dir noch viele ruhige Sonntage vergönnt sein. Liebe Grüße.
Lieber Mick,
das Geheimnis, das keines ist, ist schnell verraten: Wenn Du einen Beitrag schreibst, ihn veröffentlichen willst, entsprechend für den September planst, dann aber aus Wettergründen verschiebst um einige Wochen und noch mal aktualisierst, dann kommt dieses Ergebnis dabei heraus.