Kein Softeis im Urlaub – zumindest nicht für Harald

Softeis hatte es Harald immer schon angetan. Das mochte er, seit sich die Softeisstände in den Strandbädern, bei Volksfesten, Sehenswürdigkeiten mit großem Besucherstrom und später ganz popelig in den Fußgängerzonen der Innenstädte ausbreiteten.
Aber Harald bekommt kein Softeis.
Renate ist dagegen.
So, wie sie es einst ihrer des Öfteren in diesem Blog angedichteten Tochter versagt hat, so verbietet sie es auch ihrem Mann.
Was war das praktisch, als Softeis quasi unter dem Generalverdacht stand, den Essern todbringende Krankheiten zu bescheren. Nicht etwa die Kalorien, nicht etwa der Zucker: Die Keime waren es, allen voran die Salmonellen. Jeder Softeisverkäufer war nach Renates Auffassung ein Schmuddelfink, und im Ausland erst recht.softeis
„Weiß man, was für Hygienevorschriften die hier haben? Nein! Also fertig.“
„Ist ja auch kein Wunder“, argumentiert die resolute Frau. „Wenn die ihre Maschinen nicht ordentlich reinigen, dass da die Pest lauert. Vor allem der Zipfel Eis, der immer an der Auslassdüse hängen bleibt, antaut und dann dem nächsten Kunden tief ins Hörnchen versenkt wird, hat es in sich. Da kann man ja nur krank werden.“
Also gab es kein Softeis – und damit fertig. So sehr das Kind auch quengelte, Renate sagte „Nein!“ Und das hieß so viel wie „Basta!“
Und wer wäre Harald, wenn er gegen die Entscheidung, die seine Frau getroffen hatte, aufbegehrt? Vor allem was? In erster Linie wohl lebensmüde.
Dabei ist es geblieben. Softeis ist und bleibt ein No Go.
Der Urlaub kann noch so schön sein, der Strand so weiß, das Meer und der Himmel so blau, die Strandpromenade, auf der Harald mit Renate entlang schlendert noch so verführerisch: Es gibt kein Softeis.
Es gibt überhaupt kein Eis. Auch viele Jahre später nicht.
Dabei ist es gar nicht so, dass das Argument, Softeis sei ein erhöhtes Gesundheitsrisiko heute noch gültig ist. Das weiß sogar Renate. Aber sie schweigt darüber.
Viel wichtiger ist: Harald trägt beige. Im Urlaub immer, daheim gelegentlich. Beige Cargoshorts, die er saharasandfarben nennt, aus denen kalkweiße Männerbeine ragen, die in Socken und Sandalen münden. Der Lido, das muss auch mal festgestellt werden, grenzt schließlich an undurchdringlichen Dschungel, und da muss man adäquat gekleidet sein.
Renate macht es nicht anders. Der einzige Unterschied: Ihre Beine sind rasiert: Haralds nicht.
Man fragt sich, ob sie es je wagen würden, daheim in einem solchen Aufzug in die Stadt zum Bummeln zu gehen. Aber die Frage ist eigentlich überflüssig. Renate und Harald bummeln nicht. Dass die einheimischen Urlauber sich sogar extra chic machen, bevor sie zur Flaniermeile aufbrechen, stört die beiden nicht. Sie stapfen unerschrocken und desaströs ferial gekleidet den Lido entlang.
So praktisch diese beigefarbenen Hosen auch Haralds Meinung nach sein mögen, so haben sie doch einen unübersehbaren Nachteil. Sie nehmen tropfendes Softeis enorm übel. Vor allem Schoko.
Schokoladenflecken, das weiß nicht nur Renate, gehen aus diesen Hosen nie wieder raus. Da kann sie noch so viel waschen, Fleckentferner benutzen oder Gallseife drüber reiben.
Also bleibt es dabei: Es gibt kein Eis. Zumindest keines im Hörnchen zum Ablecken. Am Lido nicht, und auf der Via de‘ Martelli in Florenz auch nicht. Da kann er noch so lange Zähne kriegen, der gute Harald.

softeis

„Jetzt guck doch mal, was das wieder kostet!“ weist Renate ihren Mann zurecht, der verträumt in Richtung Gelateria schielt. „Ein Euro vierzig für so einen lächerlichen Kleks! Unverschämt. Sie nehmen’s echt von den Lebendigen. Typisch. Die Urlauber sind wohl die goldenen Gänse. Man muss sie nur noch ausnehmen.“
Renate zerrt Harald weiter.

„Nachher tropfst Du Dir wieder was auf die Hose und ich hab die Arbeit, das halbwegs rauszuwaschen. Wer wäscht denn schließlich das ganze Zeug? Ich natürlich!“
Die Ansage ist deutlich. Fehlt eigentlich nur: „Eines sag ich Dir, Bürschchen. Die Hose wird getragen – und wenn Du sie noch so vollgekleckert hast. Kostet schließlich alles Geld.“
Das müsste wirken. Wer geht schließlich schon freiwillig mit einer schokobekleckerten Hose auf den Lido – obwohl: Wer Cargohosen und Trekkingsandalen auf der Flaniermeile am Strand oder in den mondänen Großstädten anzieht, dem ist auch das zuzutrauen.


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