Sie dürfen mich Hure nennen…
Jetzt ist es so weit. Sie dürfen mich Hure nennen. Denn ich mache es für Geld.
Noch sage ich entschuldigend: „Immerhin mache ich es nicht für jeden. So tief bin ich noch nicht gesunken.“
„Aber was nicht ist, kann ja noch kommen“, mag wer antworten.
Ich rede mir ein: „Viele machen das. Es ist nicht unehrenhaft. Im Gegenteil. Das Geld ist ehrlich verdient. Nimm es.“
„Es ist ehrlich, das zuzugeben…“
„Und ich lebe nicht davon. Es ist nicht mein Beruf. Es war nur Spaß, bei dem ein wenig Kohle herausgesprungen ist. Ich wollte einmal eine Grenze überschreiten und schauen, was passiert. Mehr nicht. Ehrlich!“
Trotzdem: Ich bin eine Bloghure.
Eine von vielen.
Einer, der sich schamlos für Geld verdingt und dabei Gewissen und Anstand weit hinter sich lässt. Jemand, der für Geld eben alles macht: Die eigene Großmutter verkaufen würde – und jetzt sein Blog.
Ist man dann eine Hure?
Der Begriff findet sich in den unterschiedlichsten Kombinationen. Da gibt es zum Beispiel die Maulhuren. Das sind nicht etwa Frauen, die sich auf orale Befriedigung spezialisiert haben. Maulhuren wurden früher gelegentlich Schauspieler genannt, die sich in den Kantinen der Synchronstudios herumdrücken in der Hoffnung, schnell mal ein paar Takes kleiner Nebenrollen sprechen zu können oder in einem Stimmengewirr mitkrakeelen zu dürfen. Mit solchen Minijobs schlugen sie sich durch – in der Hoffnung, irgendwann mal wirklich besetzt zu werden, vielleicht sogar feste Stimme eines amerikanischen Serienstars zu werden.
Zeilen- oder Texthuren kenne ich aus meiner Zeit bei der Presse. Freie Mitarbeiter, die wirklich über alles schreiben, vor allem über das, was keiner machen will, wurden gern so genannt. Da nur Veröffentlichtes Geld bringt, raffen sie Termine, schreiben heute über Schultheateraufführungen, morgen über die Jahreshauptversammlung des Kaninchenzüchtervereins, übermorgen über eine Kunstausstellung in der VHS und danach eine launige Geschichte aus dem Stadtleben, den Besuch bei der Sitzung einer Bezirksvertretung oder den diesjährigen St-Martins-Umzug.
So habe ich auch angefangen. Jeder Termin brachte Geld – und Kontakte. Und Erfahrungen. Kaum eine journalistische Schule ist so hart, so abwechslungsreich, so spannend, so lehrreich und so frustrierend wie die Arbeit in einer Lokalredaktion.
Wenn man das überstanden hat, dann kann man über alles schreiben. Auch über Laptops. Und auch dafür schamlos Geld kassieren. Sie erinnern sich?
Es ging so verdammt leicht. Und ich meinte witzig zu sein, glaubte, die Situation im Griff zu haben.
Offen gestanden hatte ich nämlich nicht damit gerechnet, dass die Agentur, die mich angefragt hatte, für meine zickige Veröffentlichung etwas bezahlen würde – zumal ich meinte, sie mit dem Beitrag ganz schön vorgeführt zu haben. Entsprechende Kommentare kamen ja auch von Lesern und Bloggerfreunden. Ich war schon gespannt, wie sie sich aus der Nummer herausreden würden, wenn sie sich denn überhaupt melden würden.
Eigentlich war es der perfekte Auftragsabwehr-Text.
„Die zahlen nie“, dachte ich, als ich den Bogen weiter spannte und fragte, wohin ich die Rechnung schicken dürfte.
Aber sie haben geantwortet, die Rechnung angenommen und bezahlt. Und auch das SoftwarePaket geschickt.
Eiskalt. Kommentarlos. Sie haben Wort gehalten, mir das Geld hingeworfen und mich damit einfach zurück gelassen.
Ich weiß nicht, ob zähneknirschend, verärgert, gleichgültig oder amüsiert. Auf alle Fälle aber souverän.
Und nun steh ich da – wie so ’ne Bloghure.
Eine mehr.
Jeder ist käuflich. Auch ich. Was bewiesen wurde.
Und darum habe ich meine Seele, mein Image, meinen guten Ruf und die Glaubwürdigkeit meines Blogs verkauft.
Nicht für dreißig Silberlinge. Aber für Vierzig.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Also Hure ist ein wenig zu drastisch … du hast dich ja nicht wirklich mit Ihnen ins Bett gelegt, nur ihren Schampus getrunken. Ich würde dich eher mit dem wunderschönen bayrischen Begriff des Flitscherl beschreiben … Bist halt a Blog-Flitscherl …
ich werde mich hüten, Dich Bloghure zu nennen, Lutz Prauser
Unter einer Hure stelle ich mir eine Person vor, die etwas für Geld tut, was sie ohne Geld für jemand anders nicht tun würde. Beim Schreiben ist das ja dehnbar. Oder hast du über ein Thema geschrieben, das ganz und gar artfremd ist für dich? Wo kann man den Vierziger-Beitrag denn lesen?
Neugierigs Grüßle!
Der 40€ Beitrag ist im Text verlinkt und einfach zu finden. (Auch über Laptops).
Darüber würde ich sonst nie bloggen.
Ah … schon unterwegs!