Seen Hopping in „Little Canada“
Etwa Schwung muss ich mir holen, bevor ich mit dem Königssee die Big Five abschließen werde. Das ist der eine Grund.
Der andere ist, dass der Wetterbericht für den Tag doch nicht so toll ist wie am Vortrag: Hohe Regenwahrscheinlichkeit, die Möglichkeit von Gewittern. Da ist Seen Hopping angesagt, das nämlich lässt sich zur Not abbrechen.
Ich habe das mittlerweile so dick, dass ich mich nicht mehr davon allzu sehr beeinflussen lasse. Es ist einigermaßen warm, die Nase, die ich in den Wind hänge, riecht weder Regen noch Gewitter. Also fahre ich nach „Little Canada“.
Damit ist das Drei-Seen-Gebiet zwischen Reit im Winkl und Rupolding gemeint, ein Naturschutzgebiet, das Weit-, Mitter- und Lödensee einschließt. Vielleicht ist nirgendwo sonst in der Region Seen Hopping so einfach. Die Seen liegen so nah zusammen, dass man vom einem zum Nächsten laufen kann, vom Mitter- in den Lödensee führt sogar ein Wasserlauf, so dass man beide Seen schwimm-watend nacheinander genießen kann, ohne das Wasser zu verlassen.
Schwimmen ist erlaubt, obwohl wir uns im Naturschutzgebiet befinden. Mit diesen dreien, von denen ich bisher nur den Weitsee vom Schwimmen und die beiden anderen vom Spazierengehen kenne, fahre ich die Nummern 122 und 123 in meiner Liste ein und weiß, dass ich zum Königssee definitiv den Neo mitnehmen werde.
Richtig kalt sind Löden-, Mitter- und Weitsee nicht, aber es ist windig, selten sonnig, mal ziehen Wolken auf, mal gebe ich dem Wetterbericht ausnahmsweise recht („Sieht nach Regen aus – vielleicht kommt ja einer“).
Früh bin ich am Lödensee, dem ersten der drei, mit exakt 2,50 € in Münzen und einem Schein im Geldbeutel, das ist für den Parkautomat superdoof, der ist so alt, der akzeptiert noch kein bargeldloses Bezahlen, will 3 Euro von mir, die ich ihm nicht geben kann. Dann eben nicht, womit ich hiermit mein Bekenntnis zum Parkgebührpreller abgelegt habe. Denn an eine ParkApp ist der Platz natürlich auch nicht angeschlossen. Alles eher rückständig hier…
1. Lödensee
Dann eben nicht, dann muss es eben so gehen und das tut es auch. Es ist sowieso niemand da. Am Parkplatz nicht und im Lödensee, dem östlichsten der drei auch nicht. Letzteres wird sich auch nicht ändern, solange ich im Wasser bin. Ich habe den See ganz alleine für mich, was nur bedingt stimmt: Um das Ufer wird geradelt und gewandert, Hunde werden ausgeführt, manche stürmen ins Wasser; Fotos werden zu hunderten gemacht. Es ist allerdings auch eine wunderschöne Landschaft.
Schade, dass so viele ihre Bilder vom Drei-Seen-Gebiet verschandeln, in dem sie sich selbst mit ins Foto nehmen. Aber vielleicht habe ich das allerdings auch nicht wirklich verstanden und es geht gar nicht um die Gegend und sie ist nur „Kulisse“.
Das Wasser ist frischer als gedacht, was vielleicht auch damit zu tun hat, dass es noch nicht mal 11 Uhr ist und die Luft eben auch nicht besonders warm. Da hilft nur kraulen und dabei kräftig durchziehen.
Alle paar Minuten wechseln Licht und Stimmung, die Farben von Himmel und Wasser. Ich reihe mich ein in die Menge derer, die sich kaum sattsehen können und unentwegt Bilder machen. Allerdings bin ich der einzige, der das vom Wasser aus tut.
Nummer eins ist erledigt. Beim Hopping steht nun an:
2. Mittersee
Das Auto setze ich um, mit dem Parkscheinautomaten ist es hier das gleiche Spiel. Ich hätte auch laufen oder hinüber waten können, aber ich bilde mir ein, dass es vielleicht klug wäre, das Auto nun auf einem anderen Parkplatz abzustellen, aber mit dem Parkscheinautomaten ist es hier das gleiche Spiel. Vielleicht habe ich noch mal Glück und niemand kontrolliert.
Vor dem Schwimmen laufe ich noch vor zur Brücke, die über den Bach vom Weitsee führt. Überall liegen dort jede Menge Rindviecher auf den Wiesen am Ufer, ihre Hinterlassenschaften übrigens auch – inklusive dem Bereich, wo sich sonst gern die Badegäste ausbreiten.
Andernorts wird über Gänsekacke am Ufer gemäkelt und die Vögel sollen am besten gleich alle abgeschossen werden. Hier oben ist das eben so und damit hinzunehmen. Zweifelsohne der bessere Umgang damit.
Tiefenentspannt chillen die Kühe, sie lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Gelegenheiten gäbe es reichlich, es ist mittlerweile Mittag, es hat sich etwas gefüllt auf den Wegen: Die einen wandern, die anderen radeln, einige führen ihre Hunde andere ihre Kinder spazieren. Die Kühe werden bestaunt und fotografiert, es stört sie wenig. Aber die Leute halten Abstand, keiner fasst sie an, weder Kinder noch Hund nähern sich. Und so (und nur so!) funktioniert es.
Sehr flach geht es rein in den Mittersee, zwei kleine Mädchen spielen am Wasser, ein wenig enttäuscht, dass Mama keine Badesachen eingepackt hat. Ihre Beschwerden helfen allerdings nicht weiter, das bringt auch keine Badeanzüge her.
Ich bin der einzige, der schwimmt. Und wieder ein paar Hunde.
Quer durch den See kraule ich, dann ein Stück in Richtung Nordufer; im Bogen kehre ich zum Ausgangspunkt zurück. Vom Wasser aus suche ich das Ufer nach der Mitterseehütte ab. Ich erspähe sie, offensichtlich hat sie allerdings geschlossen, was schade ist. Dort hätte ich ansonsten gerne eine kleine Mittagsbrotzeit zu mir genommen. Also muss ich mir etwas anderes im Tal weiter unten überlegen und den Schwimm im Weitsee vorziehen.
Noch ein Hopping, dann bin ich durch!
3. Weitsee
Es ist mein zweiter Besuch hier und wieder bin ich vollkommen berauscht von der Schönheit der Landschaft, den wenigen Leuten und der Stimmung am See. Hier greift das Konzept einer friedlichen und gegenseitigen Rücksichtnahme der Badegäste und des Naturschutzes.
Es gibt viele Regeln und Verbote – und alle halten sich daran. Zumindest habe ich es nicht anders erlebt.
Sperrzonen wie die Pfeifengraswiesen werden nicht betreten, geschweige denn belagert. Es gibt keine SUPs, keine Schlauchboote oder Kajaks auf dem Wasser. Es sind aber auch nur eine Handvoll Leute am See. Die Saison neigt sich langsam dem Ende zu. Seit in den einigen Bundesländern die Ferien um sind oder sich dem Ende zuneigen, wird es wieder etwas leerer im Chiemgau, zu dem das Drei Seen Gebiet ja gehört. Der Hochsommer ist vorbei, das Wetter (s.o.) nicht allzu verlässlich, jetzt beginnt die Zeit, in der mehr gewandert und geradelt als geschwommen und gebadet wird.
Am Ufer gibt es außer den ausgewiesenen Badeplätzen keinerlei Infrastruktur, keine Toiletten oder Kiosks, keine Spielplätze, keine Bänke, vielleicht hält das auch ein wenig die Massen ab, hierher zu kommen. Es gibt sehr nah attraktivere Badeseen, wenn man sich dort den ganzen Tag aufhalten will.
Ich will nur schwimmen, das mache ich dann auch. Mir kommt der Weitsee um Einiges kühler als der Mittersee vor, obwohl tatsächlich zwischendurch mal die Sonne rausgekommen ist und die Luft so warm, dass man sich kurzärmlig und -hosig ans Ufer setzen könnte – oder ganz ohne, denn der Badeplatz am Südufer wird auch fkk-mäßig genutzt, wie ich auf Google Maps lerne.
Für alle drei Seen hat Wassertemperaturen.org 24 °C gemeldet, das finde ich etwas übertrieben oder nicht mehr ganz aktuell.
Als ich den See schließlich etwas fröstelnd verlasse, kann ich mich nur noch kurz in der Sonne aufwärmen, bereits bei der Rückfahrt über den kleinen Masererpass ist alles nur noch grau in grau, ein Stück weiter unten fängt es doch tatsächlich zu regnen an.
Was letztlich egal ist. Da ist die Messe längst gelesen, der Drops gelutscht und das Seen Hopping beendet.
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Schöner Bericht über unser „klein Kanada“ 👍🏻
Die Mittersee Hütte ist nur in den Wintermonaten geöffnet. Im Sommer hat dort die Wasserwacht „das sagen“.
Freue mich, auf weitere Berichte 👍🏻
Danke für den Hinweis. Vielleicht verschlägt es mich ja im Winter wieder nach Klein Kanada zum Wandern statt zum Schwimmen. Dann hätte ich ja mehr Glück.