Schwimmen gehen in Zeiten von Corona (#06): Saisonabbruch
325 Kilometer bin ich seit Januar geschwommen. Das ist nicht annähernd so viel, wie ich wollte, nicht annähernd so viel, wie es hätte sein können. Jetzt der endgültige Saisnonabbruch.
Schuld war natürlich zunächst die coronabedingte Schließung der Schwimmbäder im März ohne Ausweichmöglichkeiten, denn ich bin leider noch nie ein ein leidenschaftlicher Schwimmer in eiskalten Seen und Weihern gewesen. Der Sommer kam spät, die Freibäder öffneten erst im Juni, haben natürlich längst wieder geschlossen – aber die Hallenbäder eben jetzt auch wieder. Und so bleibt es auch. Dabei war ich auf einem guten Weg, mir fehlten keine 20 Kilometer mehr, um den Rückstand aus dem Frühjahr vollständig aufzulösen.
Schade ist das – und ärgerlich. Wollte man über Sinnhaftigkeit und Zweckmäßigkeit der Maßnahmen im Lockdown Light, den wir gerade erleben, diskutieren, ist Manches sicherlich mehr von Aktionismus geprägt als tatsächlich zielführend. Dafür wird das, was die Zahlen drücken könnte, geflissentlich ignoriert.
Die Hygienekonzepte, die Zugangsbeschränkungen haben, soweit ich das in zahlreichen Diskussionen im Netz lesen konnte, funktioniert. Gibt es ein Infektionsgeschehen, das auf einen Schwimmbadbesuch zurückzuführen wäre? Ich wüsste keinen, zumindest habe ich davon nichts gehört – anders als in der Gastronomie, im Büroalltag, bei Familienfesten oder vor allem in Schulen.
Die WHO übrigens auch nicht:
Klar: Nicht immer wurden überall die Abstandsregeln penibel eingehalten – nicht immer wurde trotz Anweisung penibel im Kreis geschwommen. Aber es hat funktioniert, zumindest in unserem Schwimmbad. Schon allein, weil mehr als 110 Leute ohnehin nicht hinein durften und die verteilen sich nun mal weiträumig. Kaum, dass mal mehr als fünf oder sechs Leute auf einer abgeleinten Doppelbahn waren, da funktionierte überholen sogar im gebührenden Abstand.
Nun kann man jammern, wie man will, es ändert nichts.
„Die Daumenschrauben anziehen!“
Das ist die bayerischste aller Lösungen, wie es der Landrat der von Corona besonders arg gebeutelte LK Berchtesgardener Land Kern es vor einiger Zeit so treffend wie entlarvend formulierte.
Und dazu gehört nun mal – ob nun sinnvoll oder nicht – möglichst viel zuzusperren. Das nennt man dann alternativlos und wer das nicht nachvollziehen kann, hat eben den Ernst der Lage nicht verstanden, wie in strenger Manier der bayerische ÜberLandesvater mit erhobenem Zeigefinger verkündete.
Am letzten Wochenende vor der zunächst auf vier Wochen begrenzten Schließung also haben wir Freizeitsportler uns voneinander verabschiedet, die Optimisten mit „Bis in vier Wochen“, die Pessimisten wünschten sich bereits damals ein „Frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch!“ Das Ganze am Beckenrand wie auch digital in den FB-Schwimmgruppen. Und alle gingen und bleiben fortan daheim. Mittlerweile haben sich die Pessimisten als die Realisten erwiesen.
Machen wir’s Beste draus, beißen die Zähne zusammen und bewahren uns ein wenig die Hoffnung, dass irgendwann die Schwimmbäder wieder öffnen., wenn es sie denn dann noch gibt.
Angesichts der aktuellen Infektionszahlen und der Ankündigung diverser Ministerpräsidenten, vor allem dem unsrigen, alles eher noch zu verschärfen, allerdings habe ich Zweifel, dass die bis zum 20.12. laufende Verlängerung dann in einer Aufhebung der Schwimmbadsperrungen mündet. Wozu sonst würde schon jetzt von Ausnahmen für die Zeit vom 23.12. bis 01.01. geredet, wenn die erneute Verlängerung nicht längst gesetzt und nur noch ein Formalakt wäre?
Es hilft aber nichts – wie auch nicht, die Frage aufzuwerfen, welche der Maßnahmen nun sinnvoll oder zielführend ist, welche nicht und wie sie im Kontext des gesamten Maßnahmenpakets zu bewerten ist. Zum einen ändert es nichts, zum anderen steht man bei jeder kritischen Frage schnell in der Gefahr querdenkenden Coronaleugnern zugeordnet zu werden. Denn die Vehemenz, in der in diversen sozialen Medien auf all diejenigen eingedroschen wird, die genau diese Fragen stellen, ob es überhaupt etwas bringt, z.B. Schwimmbäder oder Kinos zu schließen, ist erschreckend. Die einem werfen einen grenzenlosen Egoismus vor, weil man es gewagt hat, zu fragen, wie die Schließung bei funktionierendem Hygienekonzept das Infektionsgeschehen wirklich senken könnte, die anderen unterstellen einem den Intellekt eines Vorschulkindes oder man solle sich angesichts von täglich hunderten von Toten gefälligst rechtfertigen, warum man seinem Vergnügen nachgehen wolle.
Diese Art der Diskussionskultur führt allerdings grundsätzlich zu nichts. Und diese Art der Argumentation auch nicht.
Also – kein Schwimmen, es sei denn, sich als Kaltwasserschwimmer in Seen und Weihern zu vergnügen, wer so etwas kann. Ich gehöre nicht dazu. Für mich war’s das. Saisonabbruch.
Es gibt nur eine Konsequenz: Raus an die frische Luft, spazieren gehen so oft es am Wochenende eben möglich ist. Das macht den Kopf auch frei und baut den Frust ab.
Alternativ dazu: Extremshoppen gehen, das baut auch den Frust ab. Und das im Lockdown so massenhaft gesparte Geld muss ja irgendwie wieder unter die Leute.
Nach der sündteuren Kamera, die ich mir im November gekauft habe (ja: Im stationären Einzelhandel!) könnte ich vielleicht für jeden Lockdown Light Monat eine neue Schwimmbuxe für bessere Tage erwerben.
Was anderes: Weiß jemand die Modefarben im Sommer 2023?
Ist aber eigentlich auch egal. Wenn ich mich jetzt Monat für Monat clever durch die gesamte Farbpalette durchkaufe, dann bin ich auf alle Fälle auf der sicheren Seite, wenn es wieder losgeht…
Vielen Dank fürs Lesen.
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