Rapid Fire – Fotoexzesse
… und dann läuft wieder mal der See aus, und es gibt nichts, was ich dagegen tun könnte.
So was passiert eigentlich dauernd, wenn ich mit meiner Kamera unterwegs bin und Selfies mache. Fotos brauche ich, nicht nur Freund Alex, der zum festen Personal dieses Blogs gehört, predigt mir regelmäßig, dass ein Blog Bilder braucht. Er selbst ist ein leuchtendes Vorbild, sein inhaltlich komplett anderer Blog ist auch voller Bilder, die meisten aber stammen aus seinem Atelier, denn Alex ist Künstler.
Also lasse ich keine Gelegenheit aus, meine kleine Unterwasserkamera mitzunehmen und wie wild zu fotografieren, wann immer sich die Gelegenheit bietet und/oder ich Lust dazu habe.
Angeregt und inspiriert werde ich dabei – wie so oft – durch Fotos in den Facebook-Schwimmgruppen. Gerade erst hat Sabine Petrini, die sich auch, selbst beim Schwimmen fotografiert hat, auf Rückfrage erklärt, wie man das macht: „Cam halten und los!“
So einfach geht das.
Und genau das habe ich nachgemacht. Immer nur die gleichen statischen Bilder, die typischen Portraits über oder unter Wasser, werden auf Dauer langweilig.
Schwimmbilder von mir allerdings gibt es wenige; fast gar keine, denn schwimmen und fotografieren geht nicht zusammen. Und die Gelegenheit, mich vom Ufer oder Beckenrand von jemand anderem fotografieren zu lassen, habe ich nicht allzu oft – offen gestanden lege ich auch keinen besonderen Wert darauf. Fotografiert werden lockt gleichzeitig auch die Blicke Dritter auf einen. Und genau das will ich nicht. Aber ein paar Selfies dürfen es dann doch sein.
Während ich bei diversen Seen die Kamera gleich mitnehme, habe ich es mir angewöhnt, in den heimischen Weihern die Kamera erst später zu holen. Das Fotografieren lenkt sehr vom Schwimmen ab. Gelegentlich komme ich vor lauter Knipsen gar nicht mehr dazu, ein paar hundert Meter am Stück zu kraulen. So passiert es regelmäßig in fremden Gewässern, wenn ich immer wieder anhalte, mich umschaue und auf der Suche nach Motiven oder Perspektiven für ein paar Bilder bin. Oder es passiert dort, wo ich regelrecht ins Schwärmen gerate, wie am Langbürgner See. Ich denke dermaßen stark in Bildern, dass ich in allem und jedem zunächst ein Fotomotiv entdecke. Kraulen und dabei die Gegend anschauen geht aber nun mal nicht.
Im heimischen Weihers aber kann ich hier ganz entspannt erst schwimmen, dann die Kamera holen, wieder ein Stück aufs Wasser hinaus schwimmen, bevor ich mich in scham- und hemmungsloser Weise in eine Selfie-Orgie begebe. Das ist auch notwendig, denn es gilt ja nach wie vor, was ich vor einem Jahr schon mal formulierte: Der Großteil der Fotos können geradewegs wieder gelöscht werden. Und die wenigen, die es wert sind, brauchen eine gewisse Nachbehandlung in Photoshop. Der Ausschuss ist riesig, nicht zuletzt, weil man selbst plötzlich das Gefühl hat, wie unglaublich dämlich man wieder auf dem Bild aussieht. Denn, wenn man ehrlich ist, gehört schon eine erhebliche Portion Eitelkeit dazu, tonnenweise Selfies von sich anzufertigen um einige davon in die sozialen Medien zu streuen – oder eben dieses Blog. Und wer wollte sich da nicht von seiner besten Seite zeigen?
Wenn sich also ein Donald Trump jr. sich bei Twitter darüber aufregt, dass man vor lauter Kameraklicken der Berufsfotografen, das er „Rapid fire“ nennt, kein Wort mehr versteht. Indem er fragt, warum Fotografen so viele Bilder von der gleichen Szene benötigen, beweist der Sohn des amerikanischen Präsidenten, dass er wenig Ahnung hat und seinem alten Herrn in dämlichen Tweets in nichts nachsteht. Als wenn es mit einem Foto getan wäre…
Gottseidank sind das meine Sorgen nicht. Dort, wo ich meine Fotoexzesse praktiziere, nimmt selten jemand Notiz davon – geschweige denn Anstoß daran. Also rufe ich mir Sabines Foto in Erinnerung, nehme die Cam in die Hand und lege los…
Es muss schon skurril aussehen, mit welchen Verrenkungen ich versuche, Bilder halbwegs hinzubekommen, ohne, dass die Körperhaltung vollkommen bescheuert und/oder gestellt aussieht. Aber zum Glück beobachtet mich vom Ufer aus niemand.
Ich simuliere eine Art Schwimmhaltung, strecke den rechten Arm unter Wasser im fast rechten Winkel zum Körper möglichst weit ab und starte ein „rapid fire shooting“. In wenigen Minuten entstehen 57 Bilder. Ich habe keine Ahnung, wie die aussehen werden, denn natürlich kann ich nicht gleichzeitig noch auf das Display schauen und kontrollieren, ob der Bildausschnitt wenigstens einigermaßen stimmt. Noch dazu halte ich die Kamera auf dem Kopf, das macht es in dieser Position leichter, den Auslöser zu treffen, die Hand etwas zu drehen und zu kippen. Irgendein Bild wird schon ok sein.
Den linken „Schwimm“-Arm“ habe ich derweil in der Bewegung „eingefroren“. Die Lage zu halten versuche ich mit etwas Beinschlag, damit es wenigstens einen Hauch einer Bugwelle gibt. Die Kamera steht auf Weitwinkel, die Belichtungszeit ist extrem kurz. Zwischendurch sortiere ich mich wieder neu, denn ich drohe, unter Wasser zu geraten. Das kommt davon, wenn man nicht schwimmt, sondern nur so tut als ob…
Es ist, um mit Trump zu sprechen: Fake. Dieses Bild ist, wie alle anderen, gestellt:
Und nicht nur das. Es wird zudem manipuliert. Am PC wähle ich den Ausschnitt und richte dabei den Horizont aus. Farb-, Tonwert- und Kontrastkorrekturen folgen und die Schärfeeinstellung sorgt dafür, dass die Wassertropfen, die gerade vom Arm herabrinnen, als solche erkennbar sind. So ergeht es nicht nur diesem Bild, genauso habe ich es mit den anderen „Schwimm“-Fotos in diesem Beitrag gemacht. Nur beim obersten Bild ließ sich der Horizont beim besten Willen gar nicht mehr begradigen. Also mache ich aus der Not eine Tugend und drehe das Bild noch weiter, bis der Horizont eine Diagonale bilde.
Ins Netz aber stelle ich letztlich dieses Bild. Es kommt dem, was man schwimmen nennt, a nächsten…
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