Im Licht des Kaisers
Vorweg: Eher unüblich für dieses Blog ist es, dass in den Beiträgen Begebenheiten von mehreren Tagen zusammengefügt werden, so dass der Anschein entsteht, das alles wäre an einem Tag geschehen. Heute aber mache ich eine Ausnahme. Passiert ist alles, was da steht – nur eben nicht alles heute.
Es ist kein Geheimnis, dass das Herz dieses Blogbetreibers nicht nur am feuchten Nass klebt, in dem er gerne schwimmt…
Es schlägt auch schwarzgelb. Gelegentlich belästige ich meine Mitmenschen mit ebensolchen Badeenten, das war auch schon in diesem Blog zu sehen. Von meiner Leidenschaft für Borussia Dortmund konnte man auch in meinem anderen Blog lesen, auch davon, dass mich bei einem Besuch der Alianzarena in schwarzgelbem Gewand ein betrunkener FC-Bayern-Fan angepöbelt hat und mich am liebsten in die Gaskammer geschickt hätte – weil ich aus einer (O-Ton) beschissenen Kanackenstadt stamme. Nun gut. Man ist ja nicht nachtragend.
Zu einem echten Fan gehört natürlich auch, sein Fahrzeug mit den Insignien echter Liebe auszustatten, was heißt, dass ich als Zeichen meiner tiefen Verbundenheit mit BVB-Fußmatten herum fahre. Da man die aber nun von außen nicht sieht, ziert ein BVB-Nummernschildträger mein Auto, ein schwarzgelber Minischal liegt auf der Hutablage und ein silberner kleiner Aufkleber mit den drei magischen Buchstaben und der Ziffernfolge 09 prangt am Heck. Diskret natürlich. Auf edlem Metallic-Grün.
Jetzt muss der geneigte Leser wissen, dass ich ein nicht gerade kleines und nicht gerade günstiges, wenn auch mittlerweile in die Jahre gekommenesAuto mein eigen nenne. Und mit selbigen rausche ich auf den Parkplatz des Münchner Hallenbads Giesing-Harlaching.
Für Ortsunkundige: Das Münchner Bad liegt in der Klausener Straße, einer Querstraße zur Säbener Straße, jener berühmten Adresse der hiesigen im Allmachtswahn befindlichen Fußballpotentaten.
Eingekeilt zwischen der „Mia san Mia“ Zentrale und dem kleinen, unscheinbaren Schwimmbad liegen die Trainingsplätze, auf denen die Spieler aller Mannschaften und aller Altersklassen trainieren. Da werden Teenager hochgepusht, Adduktorenzerrungen wegtrainiert, Neuverpflichtungen fit gemacht, Buddha-Statuen von Klinsmann auf- und von anderen wieder abgestellt. Der übliche Zirkus halt.
Klar, dass sich auf dem Schwimmbadparkplatz am Zaun die Paparazzi herumdrücken, klar auch, dass sie versuchen, über das Buschwerk hinweg zumindest den einen oder anderen Blick auf den Platz zu werfen.
Und so stehen sie da – schwer bewaffnet mit zahlreichen Teleobjektiven und Wechselgehäusen, mit Tritthöckerchen oder Hailoleitern und versuchen, wenigstens einen Schnappschuss zu machen, den sie dann für ein paar Euro an die lokale Presse oder ein paar Onlinemagazine verhökern können.
Dazwischen finden sich auch ein paar Fans, die maßlos enttäuscht ihre Smartphones wieder wegpacken, wenn auf dem Platz statt Robben und Ribery nur die D-Jugend-Kicker zeigen, was sie drauf haben.
Jedes neu ankommende Auto wird argwöhnisch beäugt. Ein weiterer Fotograf? Ein weiterer Konkurrent?
Oder gar jemand, den man kennen könnte?
Nein – ein völlig Unbekannter steigt aus seinem Auto aus, öffnet den Kofferraum und macht sich Richtung Schwimmbad davon.
Ich.
Entwarnung und Entspannung allüberall.
Was heißt, dass die Paparazzi wieder ihre Zeit mit dumpfem Warten verbringen, während ich in dem Hallenbad meine Bahnen schwimme.
Eher selten fahre ich nach Giesing-Harlaching, aber in dieser Woche sind nun mal alle Bäder geschlossen, die ich sonst aufsuche. Zähneknirschend investiere ich 4,40 Euro für den Eintritt. Ein Preis, wie er für München würdig ist, vor allem bei dieser illustren Nachbarschaft, die man schließlich mitbezahlt. Da kann man schon mal für klare Funktionalität und angenehmen Purismus was drauflegen. So blumig nämlich umschreiben die Münchner SW/M das Bad, das außer einem 25m-Becken und einem Nichtschwimmerbecken eigentlich gar nichts zu bieten hat.
Doch – halt. Das ist ungerecht. Es gibt dort noch etwas, was in München extrem selten ist und schwerer zu bekommen ist als VIP-Tickets beim FC-Bayern: Kostenlose Parkplätze. Das Eingesparte mit eingerechnet ist das Schwimmbad-Ticket nämlich schon wieder ein Schnäppchen. Und es gibt reichlich leere Schränke, so dass ich die äußerst schwierige Wahl treffen muss, welchen ich mir vorübergehend aneigne.
Als ich nach verrichteter Kilometerzahl und ausgiebiger Dusche zurück in die Halle komme, um meine restlichen Sachen zu holen, herrscht trotz der rund 30 Besucher Totenstille. Keiner wagt, ein Wort zu sprechen. Plötzlich erstrahlt ein schier überirdisches Licht. Ist es die untergehende Sonne oder ist die Lichtgestalt des Kaisers nebenan in der Säbener Straße angekommen, um sich sein Deputat zu holen?
Sonnen wir uns in seinem Glanze?
Als ich kurz danach zurück auf den Parkplatz komme, stehen vier Fotografen an meinem Auto und diskutieren eifrig. Mich, der ich mich nähere, nehmen sie gar nicht war.
Ich ahne Schreckliches.
Hat einer etwa seine Haushaltssicherheitsleiter gegen den Wagen krachen lassen? Haben sie einen Lackschaden verursacht, einen Scheinwerfer beschädigt oder einen Spiegel abgeschlagen?
Was ist da los?
Beim Näherkommen bemerke ich, dass die Vier die BVB-Zeichen wahrgenommen haben. Und das ist ihr großes Thema.
Eine Unverschämtheit – so rotzfrech seine Borussen-Dreckskarre direkt vor dem großen FC-Bayern abzustellen.
Wer macht denn sowas?
Oder steckt da etwa ganz was anderes dahinter? Eine geheime Kommandosache? Wird da was eingefädelt?
Das wäre mal ne Story. Also aufpassen, wer in den Wagen steigt.
Kann doch kein Zufall sein, dass ein solcher Wagen mit BVB-Klebern direkt neben dem FC-Bayern… oder doch?
Man weiß es nicht – man kann nur spekulieren. Und das tut man.
Ich öffne aus rund fünf Metern Ferne den Wagen. Er blinkt mir freundlich zu. Wenn ich jetzt noch mal drücke, würde er wild um sich hupen. Das wäre eine Gaudi.
Aber den Spaß versage ich mir. Also lasse ich zumindest den Kofferraum aufspringen. Zong.
Das reicht für die Fotografen. Sie zucken erschreckt zurück.
Darf ich mal?
Ich schiebe mich an zwei Männern vorbei, werfe meine Schwimmtasche in den Kofferraum, schließe ihn und steige ein.
Danke.
Beim Ausparken fahre ich trotzdem einem der vier Paparazzi fast noch über die Füße.
Zipfeklatscha, depperter.
Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.
Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Gegen die Fußballfans sind testudostreichelnde Schwimmer regelrecht normal :-D
Schlimm werden sie erst, wenn sie alle drei Leidenschaften haben ;)