Hecht inside – der Hollerner See
Nein. Nichts an dem See ist unheimlich. Der Hollerner See ist ein Badesee wie jeder andere auch im Münchner Umland. Einst waren es drei Kiesgruben, die vor nicht allzu langer Zeit zu einer Freizeitanlage umgebaut wurden. Daher ähnelt er den vielen anderen Kiesseen im Münchner Norden. Da sind so manche Toteis- und Moorseen im Süden eher unheimlich – will ich Petra glauben, mit der ich im Kirchsee unterwegs war. Sie fand das braune, moorige Wasser vollkommen gruselig, weil sie unter sich nichts sehen konnte.
Nach den Unterwasserbildern im Stoibermühlsee aber diskutiere ich mit einer Kollegin, die genau das Gegenteil unheimlich findet, nämlich, wenn man als Schwimmer nämlich sieht, was sich unter einem befindet. Sie will das alles nicht sehen.
Ich bin da eher sonnigen Gemüts, so schnell wird mir nichts unheimlich, es gibt allerdings Dinge unter mir im Wasser, sie ich auch nicht sehen will – nicht, weil ich sie unheimlich finde, sondern weil sie dort nichts zu suchen haben: Kronkorken, Bierdosen und anderen Müll oder von mir aus Pflaster und Haarnadeln auf dem Beckenboden im Freibad. Arsch frisst Hose gehört übrigens auch zu dem, was ich im Schwimmbad nicht sehen will, das aber nur nebenbei.
Im Hollerner See muss ich an das Gespräch mit der Kollegin denken. Das Wasser ist erstaunlich klar, das lässt tief blicken.
Ich orientiere mich nach Westen, in den Sees, in dem es nicht sehr voll ist. Das ist abgelegen von den Badeplätzen, nur wenige steigen vom kiesigen Ufer ins Wasser, allerdings kreisen hier jede Menge Stand-Up-Paddler, die meisten übrigens hockend auf den Brettern.
Dank der Boje bin ich gut zu sehen und rechne damit, dass die Paddler den Schwimmern ausweichen, was auch weidlich funktioniert. Es sind heuer viel mehr im Hollerner See unterwegs als bei meiner ersten Schwimmrunde vergangenen Jahr. Überhaupt scheint das, seit es aufblasbare und damit einfach zu transportierende Boards gibt, zu einem Massenphänomen zu werden, jede Pfütze wird überrannt bzw. überpaddelt. Was dann auch in einem anderen Gewässer schon passiert ist.
Und wenn mal einer nicht ausweichen kann oder will?
Dann eben blubb, blubb und weg. Da bin ich sehr großzügig. Ich zögere nur noch, ob ich auf handelsübliche Harpunen zurückgreife oder mir im Darknet ein paar Torpedos aus alten Sowjetbeständen bestellen soll.
Kleiner Scherz.
Ein wenig probiere ich Fotografie mit Gegenlicht und Lichtreflexionen, aber ich stoße schnell an die Grenzen der kleinen Nikon.
Das Gespräch mit der Kollegin über das, was unter einem alles so los ist, habe ich während des Schwimmens noch immer im Kopf und so beschließe, meine kleine Kamera jetzt mehr auf den Seengrund zu richten. Im flachen Uferbereich nämlich tobt das Leben. Man kann alles sehen – sogar die Hand oder Füße reinstrecken:
An den Gräsern, die bereits aus dem Wasser ragen, hängen Dutzende von Libellen, die kaum vom Wasser aus mit der Nikon einzufangen sind.
Und unter Wasser tummeln sich im flachen Bereich mehrere Schwärme kleiner Fische. Draufhalten, vielleicht kann man hinterher auf dem einen oder anderen Foto ja was erkennen.
Und nicht nur die Kleinen sind unterwegs. Wer beim folgenden Bild ganz genau hinschaut, erkennt den guten, alten Lauerjäger am Weihergrund zwischen den Pflanzen: einen Hecht. Ein seltenes Ereignis, einen solchen im Wasser auszumachen und auch – wenn auch auf Distanz – fotografieren zu können, sofern man nicht schnorchelnd oder tauchend und mit guter Fotoausrüstung, Geduld und Geschick unterwegs ist. Ich hoffe, Sie können ihn erkennen:
Unterm normalen Schwimmen würde man ihn nicht sehen, das trübe Wasser lässt in tieferen Bereichen den Blick bis zum Grund kaum zu. Denn wer im Freiwasser seine Runde dreht, kommt in der Regel auch nicht an solchen sehr seichten Uferstellen vorbei, in denen Hechte lauern. Dann nämlich hängt man wirklich mehr oder weniger im Schilf oder „Gras“. Schwimmen ist dann kaum noch möglich,
Aber selbst wenn da ein Hecht steht: Er attackiert nur, wenn er sich bedroht sieht und keine Fluchtmöglichkeiten mehr hat. Zum Beuteschema eines Hechts gehört man als Schwimmer nämlich nicht. Wer nicht ausgerechnet dort ins Wasser steigt, wo viel Pflanzenwuchs ist, dem droht auch nicht die Gefahr, unwissend seinen Fuß einem Hecht direkt vors Maul zu setzen, ihn aufzuschrecken und zur Verteidigung von Leib und Leben zu provozieren.
Also keine Panik…
Schwimmen sie ruhig weiter, dann passiert Ihnen auch nichts. Und der tollste Hecht im Teich sind wir alle sowieso nicht.
Vielen Dank fürs Lesen.
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