Gestern im Baumarkt: Peter hilft

Zwei linke Hände. Nicht Peters Ding

Peter werkelt gern. Als begeisterter Heimwerker hat er sich im Keller eine kleine Werkstatt eingerichtet. Dort flickt, bastelt und repariert er alles, was anfällt. Und im eigenen Haus gibtes immer etwas zu tun. Der perfekte Baumarkt-Kunde.
Im Büro ist das nicht wesentlich anders. Hier mal ein Bohrloch, Dübel und Haken, dort ein Nagel, dann wieder eine Leuchtstoffröhre auswechseln oder eine abgebrochene Schrankklinke ersetzen. Nur die kaputte Waschtischarmatur auf der Damentoilette repariert er nicht. Das ist ja schließlich Vermietersache.
Eigentlich gibt es im Gebäude, das seine Firma angemietet hat, einen Hausmeister, wie Peter mir erzählt. Der aber langt bei den Gebäudemietern und deren Kleinreparaturen kräftig hin. Das sieht Peter, der alte Sparfuchs grundsätzlich nicht ein.
„Und vor allem“, so empört sich der allseits korrekte Versicherungsmann, „will der die Kohle immer bar haben. Also schwarz.“ Er nimmt einen tiefen Schluck aus einem Bier, wischt sich den Schaum vor den Mund und erzählt weiter. „Du kannst Dir gar nicht vorstellen, welches Gesicht die Kollegin in der Verwaltung jedes Mal ziehen.“
„Und bekommt er es denn bar?“ frage ich.
„Frag nicht, aber ich weiß es auch nicht“, winkt er ab. Alles klar, es gibt Dinge, über die will Peter nicht sprechen. Dafür aber umso mehr über seinen Nebenjob als Kleinreparateur.
Damit sich das unverschämte Handaufhalten des Hausmeisters in Grenzen hält, so erzählt er, legt Peter selbst Hand an. „Ist doch kein Akt, mal eben auf die Leiter zu steigen und ’ne Neonröhre auszuwechseln.“ Da hat er recht, daheim ruft man schließlich auch nicht den Elektriker.
Dass aber die ganze Arbeit bald an ihm hängt, hätte er sich denken können. Hat er aber wohl nicht.
„Jetzt kommen immer alle zu mir“, beschwert er sich. „Da hängen die Mädels im Nachbarbüro drei Winterjacken an einen Garderobenhaken in ihr Büro. Der aber hängt nur in so ’ner Rigipswand, nicht anständig verdübelt. Klar, dass er – zack – auf der Erde liegt.“
Bei dem Wort „zack“ klatscht er mit der flachen Hand auf den Tisch. Zwei Leute vom Nebentisch schauen etas irritiert. Mit Peter ein Bier trinken zu gehen ist eben immer ein Erlebnis der besonderen Art.
„Und was mache die?“ fragt er mich. Pflichtschuldig blicke ich ihn an und brenne mir ein imaginäres Fragezeichen auf die Stirn. Das reicht Peter als Impuls zum Weiterreden.
„Klar kommen die angewackelt. Ein Riesenloch in der Wand, da passt ne ganze Faust rein.“ Er formt selbige zur Demonstration der Größe des Loches. Auf den Tisch aber schlägt er sie nicht.
„Ich also am nächsten Tag alles dabei: Moltofil, Töpfchen, Spatel, Dübel, Schraubenkoffer, Bohrmaschine. Und das ganze im Anzug!“ Er muss selbst lachen. „Nicht mal ne Viertelstunde und der Fall war erledigt“.
Bevor ich ihn für diese Kollegialität loben kann, setzt er neu an. „Aber selber mal was machen ist nicht.“
Er dreht auf.
„Oder gestern. Kommt ein Kollege aus der Vierten und beschwert sich, dass seine Deckenlampe flackert. Weißt schon, so Neonröhren.“
Ich nicke wissend: „Oh ja – Psychedelic!“
Peter, ganz der Prgmatiker: „Sag ihm, warum kommst zu mir, um Dich zu beschweren. Ich bin hier nicht der Hausmeister. Wechsel die Röhre oder mach sie aus. Und was antwortet der, erstens dass er das nicht kann udn zweitens, dass er nicht weiß, wo die Leiter ist.“
Peter, der nicht fassen kann, dass gestandene Mannsbilder nicht mal eine Leuchtstoffröhre wechseln können, schüttelt den Kopf. „Sorry, ich will mich ja nicht stundenlang bitten lassen, aber ich bin auch nicht der Depp für alle. Und ein wenig was können die Leute doch auch mal selbst tun. Daheim müssen sie’s doch auch. Kann der seine dämliche Neonröhre nicht selbst wechseln?“
So kenne ich Peter, immer ein wenig erregt.
Aber da der Kollege offensichtlich zwei linke Hände hat, wie Peter anmerkt und mich als Linkshänder eigentlich diskriminiert, wird er am Ende doch tätig.
Die alte Röhre, die flackernde, ist schnell aus der Leuchte entfernt. Denn Peter weiß ja, wo die Leiter steht.
„Dann bin ich am nächsten Morgen auf dem Weg zum Büro zu Obi vorbeigefahren.“ Dafür beneide ich ihn ein wenig.
„Aber Pech gehabt, die FW38/830 warm white deluxe gibt’s da nicht. Das ist so eine verschissene Zwischengröße“. Er triumphiert.
„Also doch der Hausmeister. Oder der Kollege besorgt selbst eine Röhre. Wenigstens das wird er ja wohl können.“
Jetzt zückt er sein iPhone. „Schau her“, sagt er und wedelt mir das Gerät unter die Nase. „Die alte Röhre habe ich natürlich gleich dagelassen. Aber damit der Kollege wenigstens weiß, was er kaufen muss…“ Dann zeigt er mir das Foto (rechts).

„Ich hab ihm gesagt, er soll genau diese kaufen, und ja keine andere. Wer weiß, was der sonst anschleppt, und hinterher passt es nicht oder das Licht ist ihm zu hässlich…“
Klasse, Peter denkt an alles.
Solche Kollegen kann man sich nur wünschen.

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