Euer Rassismus nervt. Er ist ekelhaft. Ihr seid ekelhaft

…und da ist er wieder, der alltägliche, fiese, kleine Rassismus. Kein Tag vergeht, an dem nicht der rechte Rand Deutschlands mit gehässigen Kommentaren die Werbeanzeigen der Markenartikler, Handelsunternehmen und Dienstleister bei Facebook und Co. überzieht. Und ich rege mich jedes Mal von neuem wieder darüber auf.

„Sarotti“, „Wusste gar nicht, das Ihr auch Geschäfte in Afrika habt“, „Bei euch kauf ich nichts mehr“, „Timbuktu Style“ sind dabei noch die harmloseren Kommentare, wenn Werbetreibende ihre Produkte oder Dienstleistungen anbieten und dabei Models zum Einsatz kommen, die nicht weißer Hautfarbe sind.
Zeigt die Kampagne Menschen, die dem Typ nach mitteleuropäisch aussehen, setzen sich die Kommentatoren vielleicht mit dem Angebot selbst auseinander, wird zum Produkt selbst gemäkelt und genölt, aber kaum sind Schwarze zu sehen, kriecht der Mob aus den Löchern und dreht frei. Da wird gehetzt und gegeifert, gepöbelt und gezetert, was das Zeug hält. Das geht seit langem zu, da muss man gar nicht auf die medial mächtig angeprangerte Hassrede wegen einer schwarzen Arielle in der Neuverfilmung oder Elben in der Serie Ringe der Macht sprechen.

Wirbt zum Beispiel die Sprachschule Babbel mit einem Schwarzen, dauert es nicht lang und einer postet das Gif einer Banane darunter. Soll das witzig sein? Nein – es ist das Äquivalent zu den in Fußballstadien von der Tribüne schallenden Affenlauten einiger Fans, wenn gegnerische Spieler mit dunkler Hautfarbe auf dem Platz in Ballkontakt kommen. Es ist zutiefst menschenverachtend.
Wirbt der Drogeriemarkt Müller zum Schulstart mit einem PoC-Kind, ist es nicht besser. Nein: Es ist schlimmer.
Vielen der Kommentatoren ist wie üblich gemein, dass sie die deutsche Schriftsprache selbst nicht im Ansatz beherrschen. Es ist ja nicht neu, dass rassistische und geschmacklose Kommentare vor Fehlern strotzen. Den Kommentatoren täte also selbst eine Sprachschule und ein guter Schulneustart gut, das mal am Rande.

Egal ob Modemarken wie H&M, die internationale Kampagnen mit Models unterschiedlichster Hautfarbe fahren, ob Brillenanbieter wie Fielmann, Telefon- oder Onlinebankinganbieter: Kaum ist ein Model dunkelhäutiger als es der braune Pöbelmob für angemessen hält, dreht er regelrecht durch. Als Microsoft 365 seinen Service anbietet, sind sofort die üblichen Beschränkten mit ihren Hasskommentaren da. Auch Comdirect muss sich fragen lassen, ob die Bank für farbige Kunden sei, es gäbe ha keine Werbung mit Europäern mehr.
Wirbt Epson mit Usain Bolt, kriechen die Rassisten sofort aus ihren Löchern: „Der druckt bestimmt nur schwarz!“ kalauert einer weit unterhalb der Toleranzschwelle für blöde aber harmlose Bemerkungen.
Das ist nicht nur bescheuert, nicht nur geschmacklos, das ist rassistisch. Das zeugt mitnichten vom Humor des Kommentators, sondern von seiner immensen Dummheit und vermutlich von einem tief sitzenden Minderwertigkeitsgefühl. Dummheit vermutlich, weil der Kommentator Usain Bolt gar nicht erkannt hat.
Es ist vollkommen egal, ob internationale weltweite Kampagnen mit Weltstars oder Models aller Hautfarben konzipieren oder deutsche Unternehmen die zunehmende Diversität unserer Gesellschaft in ihre Anzeigen abbilden. Es hagelt umgehend Boykottaufrufe und -androhungen, es hagelt Hass und nicht selten strafrechtlich relevante Kommentare. Und seit Neuerem wird darauf hingewiesen, dass man in Nigeria schließlich auch keine Kampagne nur mit Weißen starten dürfe, warum dann bei uns nur mit Schwarzen? Das sei ja wohl Rassismus gegen Weiße.

Den traurigen Höhepunkt als Magnet von Hasskommentaren hat bisher die Jeans Marke Wrangler erreicht, als eine Anzeigen Kampagne nicht nur People of Color zeigt, sondern zugleich auch zwei Männer, die händchenhaltend nebeneinander sitzen. Da fühlt sich das rechte Lager gleich doppelt provoziert. Da kommt dann zum Rassismus noch die geballte Homophobie dazu, da folgen zusätzlich „Ekelhaft“ Kommentare und kündigen Männer an, diese Marke nun nicht mehr kaufen zu wollen, damit sie gar nicht erst in Verdacht geraten, auch schwul zu sein. So, als sei Wrangler in der Gay Community eine Kultmarke oder habe eine versteckte Signalwirkung…
Die Liste an Beispielen ließe sich beliebig verlängern. Die Liste an widerwärtigen Kommentaren allerdings auch.

Man mag sich fragen, ob die, die diesen Mist schreiben, tatsächlich zu den Kunden der Firmen gehören oder gehört haben, oder ob sie nur auf einen Zug aufspringen, sobald ihnen eine solche Anzeige ausgespielt wird. Man mag sich auch fragen, ob diese Bubble nichts anderes, besseres zu tun hat, als das Netz nach Werbeanzeigen zu durchforsten und diese mit Schmähkommentaren zu überziehen. Wie traurig muss die eigene Existenz sein oder zumindest wahrgenommen werden, wenn man sich damit den Frust von der Seele schreibt?

Was tun?

Löschen die Werbetreibenden die Kommentare, wird „Zensur“ gekreischt und gleich wieder kommentiert. So schnell kann man offenbar gar nicht löschen, wie Kommentare nachwachsen. Wie viel Zeit müssen diese Menschen damit verbringen, den ganzen Tag vor dem Rechner oder Handy zu hängen und darauf zu gieren, was mit ihren Provokationen passiert? Es ist ein Kampf gegen Windmühlen, der trotzdem geführt werden muss.

Lassen sich die Firmen auf inhaltliche Diskussionen ein, zeigt sich sofort, wie sinnlos das ist. Dumpfbacken wollen nicht diskutieren, nicht argumentieren. Sie wollen rassistisch stänkern gegen jede Werbung die People of Colour zeigt. Und sie wollen sich so an Stimmungs- und Meinungsmache beteiligen.
Es ist kaum zu ertragen, was sich die braunen frustzerfressenen Hetzer dabei an Äußerungen einfallen lassen. Screenshots der erwähnten und anderer Anzeigen, die mit vor Rassismus triefenden Kommentaren überzogen wurden, habe ich hier in einer kleinen Galerie zusammengestellt. Die Kommentare darunter zu zeigen erspare ich mir. Das ist nur abstoßend und strotzt vor Dummheit.

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„Dann lies es doch einfach nicht!“ ist eine Empfehlung, die nicht falsch ist, die es aber einfach macht, die Augen vor diesem Rassismus zu verschließen, ihn einfach auszublenden. So, als gäbe es ihn nicht, so als ginge das einen einfach nichts an.
Tut es das wirklich? Uns nichts angehen, nur weil wir einfach wegschauen? Werbung ausblenden und die dazu abgegebenen Kommentare einfach nicht mehr lesen?
Ich denke über Nicole Diekmanns BuchDie Shitstorm-Republik: Wie Hass im Netz entsteht und was wir dagegen tun können (Affiliate Link) nach, dessen Quintessenz es war, dem Mob nicht die Sozialen Medien zu überlassen, wie früher dem Pöbel nicht einfach die Straßen. Ich bin ratlos.
Und genervt.
Nicht von der Werbung. Aber von den rassistischen Reaktionen darauf.


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