Der Traum von der Arschbombe

Es regnet, es ist kalt, draußen ist es ungemütlich. Drinnen nicht. Und so liege ich am Hotelpool, starre auf meine Knie und sinniere, ob die mich hier hassen werden, wenn ich jetzt ganz einfach eine Arschbombe, so mit Anlauf und Arme um die angezogenen Knie…

Hach, das wäre schön.
Ich lasse die Gedanken wandern; wenn schon nicht die Beine im regennassen Wald hinter dem Hotel.

Ein untrügliches Zeichen, niemals richtig erwachsen geworden zu sein, ist der Drang, etwas scheinbar Makelloses „zerstören“ zu wollen: Dazu gehört zum Beispiel, eine blanke Fläche zu bekritzeln, bemalen, besprühen, nur weil sie da ist, weil sie dazu einlädt, weil man es kann.
Eine zweite Kategorie ist, die Welle zu machen. Nicht eine sondern mehrere. Was ist einladender als eine spiegelglatte Wasseroberfläche?
Ein Stein ins Wasser, der zieht Kreise, Jugendgottesdienstler kennen den passenden Gesang dazu.
Und wenn kein Stein, dann einen Fuß.
Oder eben – wo möglich – eine fulminante Arschbombe. Zum Beispiel in den Hotelpool. Nahezu spiegelglatt liegt er vor mir. Das Wasser, da bin ich sicher, würde bis zur Decke klatschen.

Für so etwas wäre ich unbedingt zu haben, würden die in der Benutzerordnung festgehaltenen Regeln dies nicht ausdrücklich verbieten. Explizit die Arschbombe natürlich nicht, aber eben jedes Springen vom Beckenrand. Und da ist die spritzgewaltigste aller Varianten natürlich inkludiert.
Das käme hier nicht allzu gut, das würde nicht nur das Wasser in Wallung bringen sondern auch die Gemüter der anderen Gäste.

Die sind schon allein deshalb schnell angespannt, wenn es einer wagt, von Beckenrand zu Beckenrand zu kraulen, zu wenden, zurückzukraulen, wieder zu wenden und dann wieder und wieder und wieder. 7 Züge – Wende – 7 Züge – Wende – 7 Züge usw., das ist besser als nichts und funktioniert, so lange ich entweder allein im Wasser bin oder maximal meine Frau mit im Becken. Die kennt das und stört das nicht.
Andere reagieren da empfindlicher, denn das Kraulen und Wenden macht nicht nur ein paar Wellen, Spritzwasser bleibt nicht aus, so sehr ich mich auch um Eleganz im Stil bemühe.
Und Spritzwasser hat die unangenehme Eigenschaft, anderen Leuten die Haare nass zu machen. Das mögen weder Trockenhaarschwimmerinnen noch Schwimmbeckenwanderer, beide, je beiderlei Geschlecht, sind in solchen Pools oft anzutreffen, vor allem, wenn es sich nicht nur um ein Hotel mit Schwimmgelegenheit sondern um ein Kur- und Wellnesshotel handelt. Und wenn Kraulen schon big drama ist, was muss dann erst eine Arschbombe für eine Provokation sein?
Ich verstehe das: Es ist kein Wellness, im Schwimmbad angespritzt zu werden, da kann man noch so lange darauf hinweisen, dass es Schwimmbad heißt, da steckt das Wort schwimmen drin und dazu ist es gebaut worden. Im Gegensatz zum Beispiel zu einem Wassertretbecken, einer Liege- oder Sitzbadewanne, in denen man der Begrifflichkeit zur Folge Wasser betreten und darin herumtreten soll und im anderen eben baden.
Aber das ist spitzfindig. Darüber zu sinnieren müßig.

Also starre ich auf meine Knie, sinniere und unterlasse jedwede Störung, vor allem die, die Frisuren rumprobieren könnten.

Wohl dem, der gar keine Haare hat und allein im Whirlpool sitzt. Da ist man fein raus aus all dem.

Arschbombe geht übrigens auch aus anderen Gründen nicht. Man(n) ist halt schließlich keine zwanzig mehr und möchte sich anschließend nicht nur nicht dem Gezeter aussetzen. Auch sich postwendend in die Hände eines Physiotherapeuten begeben zu müssen, weil die Hex‘ eingeschossen ist, keine allzu rosige Perspektive.
Irgendwas ist halt immer.


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