Zur Not evakuieren…

Als ich vor zwei Wochen meinen Blogparadenbeitrag über Leidenschaft geschrieben habe, musste ich ein wenig in meinem Foto-Archiv rumkramen, um einige geeignete Bilder zu finden. Nachdem der Beitrag dann via Facebook und Twitter in die sozialen Medien geschleudert wurde (was WordPress dankenswerterweise völlig automatisch macht), erreichte mich dort eine Frage der von mir sehr geschätzten Anna Krämer:
frage-anna
Anna schwimmt leidenschaftlich gern, noch dazu öfter und weiter als ich. Sie hat die Straße von Gibraltar durchschwommen, was mir Respekt abverlangt und bloggt gelegentlich,  was sie noch sympathischer macht. Bloggen aber tut sie leider viel zu selten, was dann wieder kleine Abzüge in meiner Gesamthuldigung zur Folge hat. Das nur nebenbei.
Mit ihrer Frage spielte sie auf ein Bild an, das ich zur Beantwortung ihrer Frage gern noch einmal zeige:r-bye-halle3

Um Antwort zu geben, muss ich etwas ausholen. Das Foto zeigt das Vario-Becken im Erdinger Hallenbad. Es gibt mehrere Bilder des gleichen, leeren Schwimmbeckens in meinem Blog.  Alle Fotos entstanden vor etwa einem Jahr.r-bye-halle4

Also hat Anna mich erwischt: Nicht alle Bilder sind brandneu und schon gar nicht speziell für diesen einen Beitrag gemacht, in dem ich sie verwende. Manche hole ich aus dem Archiv, manche nutze ich sogar mehrfach. Ganz schön dreist, finden Sie nicht?
Trotzdem ist so ein fast oder gar absolut leeres Becken während der ganz regulären Öffnungszeiten eher ungewöhnlich. Daher kann ich Annas Verwunderung verstehen.
Zur Erklärung: Die Kreisstadt Erding hat vor einigen Jahren an das alte Hallenbad einen Anbau mit einem neuen Becken gemacht. Dass die Kommune sich dies hat leisten können, liegt an der guten Finanzlage im Großraum München mit dem benachbarten Jobmotor Flughafen und den vielen Firmen, die sich gerade deshalb hier angesiedelt haben. Sie füllen das Gewerbesteuersäckel auf erkleckliche Weise.
Es herrscht faktisch Vollbeschäftigung, der Zuzug ist enorm, die Infrastrukturen wachsen zwangsläufig. Also musste auch das städtische Schwimmbad erweitert werden. Während anderswo Kommunen der Reihe nach die Bäder schließen oder zu Spaßbädern umfunktionieren und privatisieren, wurde in Erding gebaut, der Therme zum Kummer, denn die hatte sich angeboten, ein solches Becken zu errichten und dann über Jahre an Schulen und Vereine zu vermieten. Die Stadt hat das aber lieber selbst in die Hand genommen.
Seitdem ist es im „normalen“ 25er Schwimbecken wesentlich entspannter, weil leerer geworden. Man hat zwar nicht immer freie Bahn, aber eher selten kommt es zu dichtem Gedränge und gereizter Stimmung, wie es in anderen Städten gang und gebe ist.r-bye-halle2
Und in der Zeit, in denen das Variobecken nicht belegt wird (u.a. also am Wochenende und den frühen Nachmittagsstunden), steht es den normalen Schwimmbadbesuchern auch zur Verfügung. Dort tummeln sich dann meist die plaudernden Omabrüstler und Paddler, die Schwimmflügelbenutzer und die Durchs-Wasser-Spaziergänger, während es die Schwimmer ins „alte“ Becken zieht. So haben eben alle etwas davon.
Man kann Glück haben und bisweilen auch im Variobecken untertags seine Bahnen schwimmen oder selbiges bei kolossaler Leere fotografieren. Dann nämlich, wenn:

  • es ein traumhaft schöner Sonnentag im Spätfrühling ist und sich kaum jemand ins Hallenbad verirrt;
  • es ein Wochentag ist und die Eight-to-Five-Kollegen hinter ihren Schreibtischen hocken, man selbst aber frei hat;
  • die Schulklassen bereits abgerückt, die Vereine aber noch nicht anmarschiert sind;
  • Gerda Kowalski und Ingeborg Pachulke schon wieder daheim ist, um ihrem Jupp bzw. ihrem Kuno das Mittagessen zu servieren; hier in Bayern machen das wahlweise die Dimpflmeier, Rosi und die Mooslechner, Anni für ihren Schorschi und den Seppi;
  • die bundeswehrlichen Fliegerhorstis mal keinen Leistungsnachweis in Form eines Zeitschwimmens in Klamotten ablegen müssen und die wackeren, beleibten Mittvierziger Bundeswehr-Offiziere am Beckenrand stehen, ihre Vorbildfunktion komplett außer Acht lassen und maulen wie picklige Teenager, weil sie jetzt 50 Meter auf Zeit schwimmen müssen;
  • Jean-Madeleine und Cedric ihr Mittagsschläfchen machen und ihre Muttis die laktose- und glutenfreien, veganen Breireste in den Kühlschrank verräumen, bevor es am Nachmittag zum privat oragnisierten Mutter-Babyschwimmtreff geht;
  • Kevin, Annika, Jojo, Sebi, Isi, Korbi, Bene und Philipp über ihren Hausaufgaben brüten oder RTL2 schauen;
  • der noch mobile Anteil der Bewohner aus Fischers Seniorenstift noch nicht zum gemeinsamen Schwimmnudelwandertag eingetroffen ist;
  • weder Wasserwacht noch DLRG schwimmlernunwilligen, heulenden Kleinkindern mit bewundernswert unendlicher Geduld das Überleben im nassen Element beibringen;

All die genannten haben das Recht das Variobecken genauso zu nutzen wie ich. Das steht völlig außer Frage. Vielleicht sogar mehr als ich, denn im Variobecken können sie stehen, im alten 25er-Becken, in dem ich normalerweise schwimme, aber nicht.
Wenn aber all diese Faktoren zusammenkommen und einfach mal keiner da ist, dann stört sich auch keiner daran, wenn ich mit der Kamera schnell ein paar Bilder vom Varionbecken mache.
Dann liebe Anna, geht das. – und nur dann. Und von diesen Fotos muss mein Blog monatelang zehren.
Und wenn das Foto-Material aufgebraucht ist, dann lass ich das Becken zur Not evakuieren und mach neue Bilder. Soweit ist es aber bisher nicht gekommen…


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