Wintersonne am See (2) – Noch mehr Gegend

Geht mehr Gegend?
Ja, mehr Gegend geht immer. Mit einer wohltuenden Portion Genügsamkeit genießen wir das, was die Gegend an Schönheit bereithält – und das ist eine ganze Menge: Über 150 große und kleine Seen, dazu unzählige Weiher. Wenn wir den Radius ein wenig erweitern, landen wir im Alpenvorland und bei der ersten Kette der Berge. Und wenn dann noch die Wintersonne, wie Weihnachten am Chiemsee scheint gibt es kein Halten mehr.

Gegend, vereister Gries-See

Doch die Berge sind momentan eine gewisse „No-Go-Area“; vor allem samstags, wenn sich Auto an Auto zu den Skigebieten staut. Da muss man sich nicht zusätzlich einreihen. Stattdessen zieht es uns für einen Ausflug undSpaziergang in den nördlichen Chiemgau, genauer gesagt an den Gries-See. Diesen See kennen wir vom Sommer als idyllischen Ort zum Schwimmen, Baden und Spazieren.

Gegend, vereister Gries-See

Schon beim letzten Besuch waren wir so begeistert, dass wir beschlossen haben, wiederzukommen und eine etwas weitere Runde zu marschieren als nur einmal drum herum. Rund zwei Kilometer entfernt liegt südlich der Klostersee – ebenfalls ein alter Bekannter, der neben herrlich viel Gegend auch das namensgebende Kloster bereithält, davon ist hier zu lesen. Eben dort, wo just die CSU polternd, pöbelnd und populistisch ihr reaktionäres Law&Order Konzept für den Wahlkampf verkündet hat.

Gegend, Kloster Seeon

Zu diesem ansonsten äußerst idyllischen Fleck gehören auch kleine Kirchlein, friedliche Friedhöfe, einladende Wirtshäuser – ein herausgeputztes Bilderbuchbayern, das viele Menschen an Wochenenden oder freien Tagen zwischen den Jahren  an die frische Luft lockt. Uns eingeschlossen.
Auch im Winter, ja vielleicht gerade dann, wenn jeder Sonnenstrahl Seele und Gemüt wärmt und die Zeiten ziemlich finster sind.
Ganz unnötig zu erwähnen (ich tue es trotzdem), dass sich nicht nur fürs Auge und die Stimmung sondern auch für die Kamera auch viele Motive zum Hinschauen bieten. Gerade das Spiel von Licht und Schatten, das mit warmen und frostigen Abschnitten auf dem Weg zusammenfällt, ist überaus reizvoll.

Gegend, eisüberzogene Gräser

Gegend, eisüberzogenes Schilf

Höhepunkt im wahrsten Sinn des Wortes ist bei dieser Runde die Weinbergaussicht, die vom Chiemsee-Alpenland-Tourismus begeistert als „ein kleiner Anstieg durch den Wald, der sich vor allem aufgrund eines atemberaubenden Ausblicks auf das Kloster Seeon, den Seeoner See und die Chiemgauer Alpen lohnt“ angepriesen wird. Der Name mag verwundern, denn der Chiemgau ist alles andere als eine Weinanbauregion. Eine kurze Netzrecherche fördert zutage, dass der Name auf einen alten Ortsnamen „Weinberg“ zurückgeht, wo sich einst zwar ein klösterlicher Bier- aber nicht etwa ein Weinkeller befand.
Die Weinbergaussicht ist ein viel empfohlener Hotspot im Netz auf zahlreichen Outdoor-, Wander-, Spaziergehseiten, in entsprechenden Apps bis hin zum Gassi Guide, der empfiehlt, wo man mit Hunden urlauben und wandern kann.

Gegend, Klostersee bei Seeon mit Kloster und Bergpanorama

Draußen sein: die Alternative zum Stubenhocken
Das Draußensein ist eine wunderbare Alternative zum Stubenhocken. Das nutzen wir aus,  denn spätestens, wenn es dämmrig wird und der Nebel aufsteigt, wird es ohnehin Zeit, in die warme Stube zurückzukehren. Da das Kloster Seeon ein bekanntes, touristisch beliebtes Ziel ist, sammeln sich an Winterwochenenden sich dort zahlreiche Spaziergänger:innen, viele kommen von etwas weiter aus München, manche sind zum Urlaub in der Region. Die „Fremden“ erkennt man oft daran, dass sie auf ein vorbeigehauchtes „Grüß Gott“ oder „Servus!“ zunächst verdutzt schauen und, je nach Geschwindigkeit der Synapsen, ein zögerliches „Hallo!“ herauspressen – oder gar nicht reagieren.

Stegsteher

Das ist keine Beschwerde, nur eine Feststellung. Für sie ist es wohl ungewohnt, von anderen, ihnen ebenfalls Fremden in der Ferne gegrüßt zu werden.  Noch immer habe ich die Anekdote des Regisseurs Franz Xaver Bogner im Kopf, der aus Pliening (auch so ein Örtchen hier in der Gegend) stammt, dort aufgewachsen ist und bei seinen frühen Besuchern in der großen Stadt wie selbstverständlich entgegenkommende Leute gegrüßt hat, was allzumeist unbeantwortet blieb und den Bursch sehr erstaunte.  Ähnllich ging es mir vor Kurzem bei einem Spaziergang auf dem Münchner Waldfriedhof (davon später mehr), da habe ich auch die wenigen anderen Menschen zunächst vollkommen automatisch gegrüßt – was einige wiederum reichlich irritiert hat. Gegend am Gries-See

Denn andersherum kann auf beliebten Flanier- und stark frequentierten Spazierstrecken das ständige Grüßen auf Dauer etwas anstrengend sein. Im Englischen Garten in München würde ich das zum Beispiel auch nicht machen. Das muss man verstehen, man kommt ja vor lauter Grüßen kaum voran. Aber irgendwie finde ich das trotzdem schön.
Und ganz sicher ist das nicht nur in Bayern so.

Magie des Eises
Über den beiden Seen haben sich zarte Eisschichten gebildet – vor Silvester noch nicht dick genug, um sie zu betreten, aber faszinierend genug, um mit Stöcken Löcher hineinzustoßen oder flach geworfene kleine Steine darübergleiten zu lassen.

Gegend, vereister Klostersee

Gegend, vereister Klostersee

Wenn das Eis dabei in Schwingung gerät, erzeugt es weithin hörbare Klänge, die an das geheimnisvolle Singen der Wale erinnern. Ein vergnügliches Spiel für Jung und Alt, wobei die Älteren oder die, die ohne Kinder unterwegs sind gern auf den Bänken in der Sonne sitzen, die Ruhe genießen, aufs Eis blicken und sich einreden, dass die Sonne tatsächlich wärmt.

Gegend, vereister Gries-See

Und wer weiß? Glaubt man nur fest genug daran, tut sie es vielleicht wirklich.

 


Vielen Dank fürs Lesen. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freund:innen weiterempfehlen – z.B. über Facebook, BlueSky, Mastodon, in Internetforen, thematisch passenden Facebookgruppen o.ä.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld. Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.
Wenn Ihnen dieser Beitrag gut gefallen hat und Sie mir spontan einen Kaffee spendieren wollen, dann klicken Sie bitte auf den Kaffeebecher. Mehr dazu hier.
In meinem Webshop finden Sie ganz neu und exklusiv das Fotobuch Schmetterlinge und Wasserfälle – Bilder und Notizen einer Reise durch Bosnien und Herzegowina. Weiterhin sind im Webshop u.a. auch erhältlich: Mein Fotobuch Im Süden – Bilder eines guten Jahres und die fünf Fotobücher von Ursula Zeidler: Freie Schnauze – Weideschweine, Paare, Münchner Freiheiten – Zwei Jahre Theresienwiese April 2019 – April 2021, Augenblicke, und einfach Kinder.

Diesen Beitrag weiterempfehlen:

Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann

Melde dich für ein Abonnement an, um die neuesten Beiträge per E-Mail zu erhalten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wenn Sie einen Kommentar hinterlassen, speichert das System automatisch folgende Daten: Ihren Namen oder Ihr Pseudonym (Pflichtangabe / wird veröffentlicht)

1. Ihre E-Mail-Adresse (Pflichtangabe / wird nicht veröffentlicht)
2. Ihre IP (Die IP wird nach 60 Tagen automatisch gelöscht)
3. Datum und Uhrzeit des abgegebenen Kommentars
4. Eine Website (freiwillige Angabe)
5. Ihren Kommentartext und dort enthaltene personenbezogene Daten

Achtung: Mit Absenden des Kommentars erklären Sie sich damit einverstanden, dass alle eingegebenen Daten und die IP-Adresse nur zum Zweck der Spamvermeidung durch das Programm Akismet in den USA überprüft und gespeichert werden. Weitere Informationen zu Akismet und Widerrufsmöglichkeiten.