Was für ein Glück für Sophie, dass heute schon Donnerstag ist

Schon einmal wurde ich nach einem Ausflug ins Hallenbad Giesing-Harlachig ‚Zeuge eines zauberhaften Eltern-Kind-Gesprächs in der Nachbarkabine. Zu schön, um es für mich zu behalten.

Archiv-Bild

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Vor ein paar Wochen teilte sich die Familienkabine direkt neben meiner Umkleide eine Mutter mit ihrer Tochter Sophie.
Die ist der Stimme und dem, was sie so von sich gibt, etwa fünf Jahre alt und ein richtiges Träumerle. Sie denkt nämlich gar nicht daran, sich abzutrocknen und umzuziehen. Stattdessen starrt sie Löcher in die Luft, was die Mutter mit zunehmender Gereiztheit quittiert.
„Jetzt beeil Dich mal, schau, dass Du fertig wirst, Schlafmütze“, weist sie die Kleine an.
„Selber Schlafmütze“, gibt Sophie zurück, was Mutti nicht witzig findet.
„Wenn Du Dich jetzt nicht umziehst, dann wird heute das Sandmännchen gestrichen.“
Da ist sie also, die erste Strafandrohung – die gleiche, wie vor 20 oder vor 40 Jahren: Fernsehverbot.
„Andere Strafen behalte ich mir gegebenenfalls vor“, zischt die Mutter.

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Sophie interessiert das aber nicht, jedenfalls antwortet sie nicht. Vielleicht weiß sie nicht, was gegebenenfalls oder Vorbehalt meint. Als hätten solche Drohungen jemals Früchte getragen.
Wir alle wissen doch, dass sie geradezu prädestiniert sind, genau das Gegenteil zu bewirken. Reaktanz eben.
„Jetzt zieh endlich den Badeanzug aus und trockne Dir den Popo ab!“
„Welchen Popo?“ fragt sie kichernd. Das hätte sie besser nicht getan. Falsche Antwort.
Mutti wird zunehmend aggressiver.
„Es ist doch nicht zu fassen“, schimpft sie und dabei leistet sie sich einen kolossalen Versprecher: „Ich bin längst angezogen und Du stehst immer noch im Schlafanzug da.“
Sophie kreischt auf. „Schlafanzug… ha ha ha“ Sie krümelt sich vor Lachen. „Das ist doch ein Badeanzug und kein Schlafanzug!“
Auch ihre Mutter kann nicht anders und muss, da sie es selbst gerade bemerkt hat, mitlachen.

Allerdings dauert Muttis Lachen nicht lang und die Entspannung im nachbarkabinlichen Mikroklima nur entsprechend kurz. Vielleicht drückt die Enge Mutti aufs Gemüt, vielleicht die Wärme im Umkleidetrakt. Da Mutti vernehmlich mitgeteilt hat, dass sie vollständig angezogen ist, möchte sie jetzt wohl endlich gehen.
Aber Sophie hat es gerade mal geschafft einen Socken über den Fuß zu streifen, die sinnvolle Reihenfolge, des Füße Abtrocknens, Socken- Hose und Schuhe Anziehens, ohne dass die abgetrockneten Füße wieder nass werden, weil der Boden feucht ist (oder dreckig) – all das ist Gegenstand umständlicher mütterlicher Belehrung. Hilfe allerdings erfolgt nicht. Also müht sich Sophie mit der zweiten Socke, stapft mit der ersten auf den nassen Badeanzug, der offensichtlich auf der Erde liegt, fängt an zu quengeln, was Muttis Nerven erst recht strapaziert und weitere Schelte und Drohungen zur Folge hat.
Und irgendwann platzt es aus ihr heraus
„Das Sandmännchen ist für heute gestrichen!“ schnaubt sie. „Und nicht nur für heute. Auch bis zum Wochenende!“
Unmittelbar setzt Geheule ein.
Tröstlich nur für Sophie: Heute ist schon Donnerstag. Es ist nur der Freitag, und der zählt ja eigentlich schon mit zum Wochenende. Fast möchte ich gegen die Kabinenwand klopfen und ihr das herüberrufen. Aber wer weiß, was die gereizte Harlachinger Mutti mir dann androht?

Im Gegensatz zu Sophie bin ich mittlerweile trockenen Fußes in meinen Schuhen. Ich rolle die nasse Badehose in mein Handtuch, öffne die Schwimmtasche und mache mich auf den Heimweg.
Was freue ich mich auf den Fernsehabend. Auch ohne Sandmännchen.
Gleich, wenn ich heimkomme erst mal die Glotze einschalten!


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