Als Tourist daheim (#12): Am Walchensee, wenn der Winter im Anmarsch ist
Vielleicht ist es nicht die allerbeste Idee, wenn Regen und eine niedrige Schneefallgrenze angesagt ist, in die Berge an den Walchensee zu fahren. Dann nämlich ist der Winter in Anmarsch. Oder gerade. Denn die Chance, den ersten Schnee des Jahres zu sehen, ist relativ hoch. Und genau das will ich, frühwinterliche Fotomotive von einem der bekannteren Seen Oberbayerns. Darum geht es.
Ziel meiner Wahl ist der Walchensee, den ich übrigens auch noch nicht kenne (wird im Sommer schwimmend nachgeholt), vielleicht mache ich noch einen Stopp am Kochelsee, je nachdem, was sich so ergibt.
Ich benötige noch ein paar schöne Winter-Seenbilder, besser noch, novembrige Frühwintermotive.
„Das ist zu viel Sommer!“ habe ich nämlich festgestellt, als ich angefangen habe, meine absoluten Lieblingsfotos der Seen zu sichten, zu sortieren und in eine kalendarische Reihenfolge zu bringen. Über 50% der Bilder stammen aus dem Sommer. Das verwundert nicht, ich bin ja zumeist im Sommer zum Schwimmen auf Seen-Tour. Aber das schafft ein Ungleichgewicht. Frühlings- und Herbstbilder habe ich auch reichlich, am Winter aber fehlt es. Vor allem am frühen. Also frohlocke ich ein wenig, als im Wetterbericht Regen und eine niedrige Schneefallgrenze gemeldet wird. Malerische Bilder von Seen mit blauem Himmel, der sich auch im Wasser spiegelt, habe ich genug. Solche hingegen noch (fast) gar nicht:
Dabei ist das ja nicht weniger schön. Ich bin überrascht, wie schnell ich am Walchensee bin, über Holzkirchen, Bad Tölz und Jachenau geht das richtig flott, viel schneller als über die Autobahn samt Münchenumrundung. Und in dieser Zeit ist auf den Straßen auch nichts los, zumindest kein Urlauberstau ins Tölzer Tal hinein oder heraus.
Die Mautstraße von Jachenau nach Einsiedl hat noch geöffnet, das Holzhäuschen allerdings ist geschlossen. Für die Handvoll Autos, die im November die Straße nutzen wollen, lohnt wohl die ganze Chose nicht. Mir ist das nur recht, den Fünfer spare ich mir. Und sogar noch mehr: Wagemutig ignoriere ich auch das Hinweisschild, dass das Parken am See Geld kostet.
Das Auto stelle ich nahe dem Kraftwerk Niedernach ab.
Ich rechne nicht damit, dass mich, dem einzigen, der heute dort parkt hat, jemand einen Zettel an die Windschutzscheibe klemmt. E regnet und schneit und bei dem Wetter räumt niemand gern den Platz vor der Heizung oder hinter dem Ofen. Das riskiere ich.
Mit einem „Alles richtig gemacht,“ beglückwünsche ich mich für die Voraussicht, die wetterfesten, wärmenden Wanderstiefel angezogen zu haben, Mütze, Handschuhe mitgenommen zu haben und mich für die dicke Winterjacke entschieden habe. Angemessen gekleidet stapfe ich durch den ersten matschigen Schnee am Ostufer des Sees entlang und sammle die Bilder ein, die ich brauche.
Und die, die ich haben will. Für was auch immer.
Langsam geht der leichte Schneefall in Dauerregen über, dazu kommen jede Menge dicker Tropfen, die von den Ästen über mir herunterfallen. Es ist hoffnungslos die Kamera schützen zu wollen, auch nicht wirklich nötig. Sie ist robust. Allerdings bleibt nicht aus, dass auf dem Schutzfilter vor dem Objektiv kleine Wassertropfen landen, es geht nicht anders.
Die Wolken hängen tief – es ist gelinde gesagt ein Sauwetter. Folglich treffe ich auf meinem Weg auch kaum jemanden – ein Auto, dass den Waldweg entlang fährt und zwei dick in Regenschutz eingepackte Wanderer bilden die Ausnahme. Ich möchte mir nicht ausmalen, was hier im Sommer oder während der Wandersaison im Frühjahr oder Herbst los ist. Die Landschaft ist großartig, der See ansonsten tief türkis, nicht von ungefähr kommt, dass am Walchensee die Außenaufnahmen des Wickie-Spielfilms gedreht wurden.
Es entstehen viele Bilder, furchtbar viele. Die Insel Sassau gerät dabei ebenso ins Visier der Kamera…
wie die letzten Blätter an den Bäumen, die Beeren, an denen sich der Regen sammelt und die Dolden, die vom nassen Schnee heruntergedrückt werden.
Es dampft über dem See, eine feine nebelige Schicht liegt direkt über der Wasseroberfläche. Das gibt dem See etwas Mystisches
Ich könnte weiter- und weiterlaufen, es ist einfach wunderschön hier. Aber irgendwann mahnt die Vernunft zur Umkehr – vielleicht auch ein wenig die Nässe und die Kälte, die dann doch ihre Wirkung zeigt, vielleicht auch die wachsende Sehnsucht nach einem heißen Kaffee und irgendetwas Essbarem. Und ein Klo wäre auch nicht ganz verkehrt.
Wieder am Parkplatz hängt natürlich kein Strafzettel am Auto, verdient hätte ich es, das muss ich zugeben. Einen Moment stelle ich mich auf die Brücke am Kraftwerk Hier donnert der Rißbachstollen hinab in den See. Der Regen der vergangenen Wochen hat ihn mächtig anschwellen lassen. Das Wasser tost und dröhnt die Kaskaden herunter.
Ein letzter Blick, ein Bankerl, das nicht gerade zum Verweilen einlädt, dann setze ich mich ins Auto. Umgehend muss ich mich vom Handy anpampen lassen, als ich es ans Ladekabel anschließe. Ich solle es sofort wieder herausziehen, da sich in der Ladebuchse Feuchtigkeit befindet. Kunststück bei dem Wetter!
Folgsam stöpsle ich das Gerät wieder auf, lege die klitschnasse Kamera, Mütze und Handschuhe auf den Beifahrersitz und folge der Mautstraße. Immer wieder halte ich an. Auf der Südseite gibt es schier endlos viele Parkplätze, von denen man phantastische Blick über den See hätte.
Wenn das Wetter es zulassen würde – und das Kameraobjektiv nicht dauernd wie auch die Brille, beschlagen würde.
Es ist schon ein Kreuz mit dem Wetter.
Aber nun ja: Wegen schöner Sommerbilder war ich ja nicht hergekommen. Das kann ich im nächsten Sommer immer noch nachholen.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Da war ich mal. Wir hatten zwei oder drei Nächte in einem Hotel am Kochelsee übernachtet und sind auch die Strasse zum Walchensee mehrmals hoch- und runtergefahren, die bei Motorradfahrern ziemlich beliebt ist. Wir hatten allerdings ein Auto-Dach über dem Kopf. Und das Häuschen für das Gebührenzahlen war ebenfalls geschlossen. Waren auch in der Jachenau. Bewundert habe ich diese rohrartige Wasserfall-Anlage des Kraftwerks.
Auch wenn nach deinen Worten „furchtbar viele Bilder“ entstehen, sind sie wirklich und wahrhaftig ALLE sehenswert!
„Furchtbar viele Bilder“ bedeutet in diesem Zusammenhang und in ähnlichen Fällen, dass ich mit ein paar hundert Fotos nach Hause komme, am Rechner dann etwa 50% sofort lösche, im zweiten Gang dann aus sehr ähnlichen Bildern das Bessere auswähle und das dann digital so bearbeite (Ausschnitt, Horizontbegradigung etc.), dass ich etwa 10 bis 20 übrig bleiben, die ich gern zeigen will. Das sind dann aber vielleicht 5%, die übrig geblieben sind :)
Ich freue mich, dass sie Dir gefallen und ich die Stimmung des Tages in Bild und Text transportieren konnte.
Wunderschöne Winterbilder!
Vielen lieben Dank