Über Venedig bloggen – Ein Bilderbogen
Das wollte ich immer schon mal, über Venedig bloggen.
Allerdings habe ich aktuell weder einen Anlass noch einen Bezug. Und das letzte Mal, dass ich in Venedig war, liegt fast sieben Jahre zurück. Das war Ende Oktober / Anfang November 2013.
Ich mache es trotzdem. Es ist an der Zeit, ein wenig im Foto-Archiv zu blättern und in Erinnerungen zu schwelgen.
Eigentlich ist der späte Herbst eine gute Reisezeit, um die Lagunenstadt zu besuchen – wenn das Wetter einigermaßen mitspielt. So voll ist es dann nicht mehr, wenn man nicht gerade das Wochenende erwischt, an dem der Stadtmarathon stattfindet. Dann nämlich ist Venedig genauso überfüllt wie während der Sommermonate. Noch dazu sind viele Wege und Brücken gesperrt,denn es kann ja nicht angehen, dass irgendwelche dahergelaufenen Touristen den Langstreckenläufern über den Weg stolpern. Und ja: Das ist auch richtig so.
Das schränkt die Bewegungseinheit ein, ebenso die Fotografie, aber was soll’sß Dann eben an einem anderen Tag. Denn Venedig ist einfach immer zauberhaft.
Aber was erzähle ich da? Das wissen Sie sicher selbst.
Überhaupt: Gibt es irgendetwas über diese Stadt zu berichten, was nicht ohnehin jeder längst in Erfahrung gebracht hat, und sei es in den zahlreichen Krimis oder deren Verfilmungen von Donna Leon, die allesamt auch gut als Werbefilme für Venedig durchgehen könnten?
Ein wenig wundere ich mich immer über Donna Leon, die ja nicht müde wird, gegen die Überflutung der Stadt durch Touristen zu wettern. Das berechtigt sie ja als Venezia… wait.
Das ist sie ja gar nicht. Die Amerikanerin kam, blieb und stichelt, trägt aber nicht zuletzt durch ihre Brunetti-Krimis selbst einiges zum Touristen-Rummel bei. Und an dem verdient sie dann wieder gut mit. Denn jeder deutschsprachige Venedig-Urlauber, der etwas auf sich hält, liest ihre Bücher und manch einer benutzt sie sogar als Reiseführer, so wie jeder Bretagne-Reisende Jörn Bongs Dupin-Romane verschmökert.
Ich möchte damit weder etwas gegen Krimis noch deren Leserschaft gesagt haben, auch nicht gegen die Autoren. Allerhöchtstens nervt ein wenig die Doppelmoral Donna Leons, die ähnlich wie Raucher, die zu Nichtrauchern werden und fortan missionarisch gegen das Rauchen anderer polemisieren, gegen Touristen polemisiert – also letztlich ihre eigenen Leser.
Seufzerbrücke
Was könnte man sonst erwähnen?
Harry’s Bar trägt einen viel zu großen Namen, die Kellner reagieren hysterisch, kaum, dass einer ein Handy in der Hand hat aus Angst, man könnte fotografieren. Ernest Hemingway war dort, Truman Capote, Orson Welles, dazu eine Mixtur aus Prominenten und Adabis, Snobs, Geldige, Wichtige, Möchtegerns… ganz so wie im Münchner Tambosi. Dafür muss man nicht nach Venedig fahren. Und andere Bars servieren auch hervorragende Bellini. Rein, umschauen, raus.
Es ist kein Muss, ausgerechnet in Harry’s Bar einen Bellini zu trinken und ein Sandwich zu essen.
Eher ein Unfug.
Wie der Espresso auf dem Markusplatz.
Ich könnte erwähnen, dass vor vielen Jahren angeblich der Statue L’Angelo della Cita, die vor dem Palazzo Venier die Leoni Richtung Canal Grande steht, vorübergehend der Piephahn abgeschraubt wurde. Das geschah, als eine bischöfliche Bootsprozession den Palazzo und der sich dort befindlichen untergebrachten Peggy Guggenheim Collection passierte. Man wollte den geistlichen Herrn nicht mit einer Plastik düpieren, die ihm einen errigierten Penis entgegenstreckt.
Es weiß auch jeder, dass Venedig drölfzigtausendundein Fotomotive bietet, ebenso viele Tauben den Markusplatz bevölkern und damit das drölfzigtausendundzweite bis drölfzigtausendzehnte Fotomotiv abgeben. Die Vögel lassen einfach alles mit sich machen, so lange sie man nur ausreichend füttert.
Tauben und Touristen haben eine magnetische Wirkung aufeinander und ziehen sich gegenseitig an.
Wie überall bilden auch in Venedig Arm und Reich enorme Kontraste, aber in welcher touristenüberlaufenen Stadt tun sie das nicht? Wo erbitten nicht Bettler vor bekannten Kirchen, Palästen, Brücken Allmosen?
Auf den Stufen des Rialto sehe ich eine Bettlerin, direkt dahinter eine Boutique mit Preisen, die schon unmoralisch sind.
Die Nacht im Hafen am westlichen Rand der Stadt wird nie richtig dunkel. Kreuzfahrschiffe stehen dort unter Festbeleuchtung, sie blinken und glitzern wie eine Bordelltür.
Seit Jahren kämpfen viele Venezianer darum, dass die Pötte mit Rücksicht auf die gefährdete Bausubstanz nicht wenigstens noch zwischen Dorsoduro und der Insel Giudecca hindurchgezogen werden. Aber gerade das erlaubt doch den an Bord befindlichen Touristen einen wunderschönen Anblick. Für alle anderen ist der Anblick weitaus weniger schön.
Die Schiffe stellen für die Stadt selbst zwar eine lukrative Einnahmequelle dar, für die Restaurants allerdings eher weniger. Bis auf die Verkäufer der nicht selten in Fernost angefertigten Souvenirs hat auch der Handel wenig von den Heerscharen an Kreuzfahrgästen, die einen Tag lang durch die Stadt stromern.
Es ist übrigens ein Fehler, in Venedig nicht essen zu gehen. Etwas abseits der Touristenströme und vor allem, wenn die Tagesgäste weg sind, ist dort alles ganz wunderbar, auch bezahlbar – und nicht nur für Pizzafanatiker. Schon bei den Auslagen der Restaurants läuft einem das Wasser im Mund zusammen.
Der Canal Grande heißt übrigens Canal Grande und nicht Canale Grande, wie es Peggy March 1967 trällerte , er präsentiert sich vor allem zur Abendstunde maximal romantisch.
Was noch?
Eine 12 Meter hohe Skulptur von Marc Quinn, die während der Bienale 2013 vor der Chiesa di San Giorgio Maggiore aufgestellt war, lenkte damals meine Blicke und die Kamera auf sich, trotz Gondoliere. Sie heißt Breathe und wurde ursprünglich für die Paralympics 2012 in London angefertigt.
Das wissen Sie alles bereits?
Ok. Dann spar ich mir den Rest und zeige einfach nur noch einen Schwung weiterer Bilder. Aber das kennen Sie ja auch alles:
Was fehlt?
Commissario Brunetti und Sergente Vianello. Aber die sind genausowenig Venezianer wie ihre Darsteller Uwe Kokisch und Karl Fischer; oder ihre Erfinderin Donna Leon.
Oder ich.
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Ein prall gefülltes Archiv ist eine Menge wert. Das stelle ich auch immer wieder fest.
Es macht Spaß in den Erinnerungen zu blättern.
Als Venedig-Fan, der immer nur abseits der Hochsaison die Stadt samt Inselchen erkundet hat und noch lange nicht fertig ist damit, bedanke ich mich für den schönen Bericht!
Venedig. Gerne und immer wieder!