Spaziergänge (#57): Zinneberger Seepark

Hatte der Wetterbericht nicht „heiter, fast wolkenlos“ und damit sonnig versprochen?
Perfekt, um mir den Zinneberger Seepark bei buntem Laub und brutal schöner Herbststimmung anzusehen.
Pustekuchen. Draußen herrscht zäher Hochnebel, grau in grau – Herbstwetter von der eher unschönen Art, zumindest, wenn unsereiner raus zum Fotografieren will. Herbstzauber hatten wir zwar gerade erst, aber mal ehrlich: Davon kann man doch nie genug bekommen.
Andererseits: Nebel hat auch seinen Charme, verspricht mystische, melancholische Bilder. Ok Wetter! Wir haben einen Deal. Voraussetzung allerdings ist, dass wir es nicht nur mit Hochnebel zu tun haben. Er muss sich schon auch etwas diesiger Dunst auf Augenhöhe befinden. Der aber löst sich in Luft auf, als ich in unsere Kreisstadt komme. Da nämlich ist der Himmel blau. Welch ein Hin und Her…

… und wieder Rolle rückwärts, denn im Nachbarlandkreis, in dem der Zinneberger Park liegt, ist der Nebel durchaus noch vorhanden; auch am Schloss Zinneberg, einem Kloster und einer Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe. Nördlich des Klosters liegt ein Park, darin ein kleiner, künstlicher See. Mehrfach habe ich gelesen, wie schön es dort sein soll. Vom Park habe ich schon so viele ansprechende Fotos gesehen, die mich neugierig gemacht haben und deren Masse ich liebend gern noch Dutzende weitere hinzufügen möchte.

Baumstumpf im Zinneberger Seepark

Nebel im Zinneberger Seepark

Denn ich möchte heute auf sehr kleinem Raum sehr viele Bilder machen, quasi eine Etüde, ein kleines Fototraining. Viel zu sehen gibt es im Park nicht, im Wald dahinter lässt es sich spazieren gehen. Was ich ebenfalls plane.
Die Brücke zur kleinen Insel des künstlichen Sees ist geradezu ikonisch für den Ort. Sie ist dort DAS Motiv schlechthin. Für viele ist sie das Einzige:

Nebel über dem See

Die Brücke werde ich im Laufe meines Spaziergangs zigmal fotogradfieren und jedes Mal ärgere ich mich über die überall aufgestellten weißen Schautafeln am Seeufer, den blauen Müllbeutel im Mülleimer neben der Brücke und das weiße Plastikdach des Entenhäuschens dahinter. Es ist schier unmöglich, um alles herum zu fotografieren und trotzdem Bilder so zu machen, wie ich sie haben will. Irgendetwas stört mein ästhetisches Empfinden fast immer.
Und viel Zeit bleibt mir auch nicht, der Nebel wird bald verschwunden sein.

Die Holzbrücke im Zinneberger Seepark

Inselchen im See im Zinneberger Seepark

Und so kommt es dann auch. Einigermaßen genervt vom Farbtupfer in mülltütenblau sinniere ich, sie einfach abzuräumen und nach dem Foto wieder in den Eimer zu stopfen. Ich könnte sie allerdings auch später aus dem Bild retuschieren.

Die Holzbrücke im Zinneberger Seepark, der Nebel lichtet sich

Die Luft ist feucht, es riecht herbstlich, erdig, würzig. Im Vorbeigehen fotografiere ich Pilze, Pilze und nochmals Pilze, von denen ich nicht das Geringste weiß. Essbar sehen die alle nicht aus, was aber so oder so nicht relevant zu wissen ist. Wären sie essbar, würden sie wohl nicht in dieser Menge dort wachsen sondern längst abgesammelt sein. Später identifiziert sie mein Handy als Gemeinen Schwefelritterling, Nebeltrichterling, dünnstieligen Helmkreisling, Korallenpilz, Stockschwämmchen, Grünblättrigen Schwefelkopf und Hallimasch, an den ich gleich mal ein Fragezeichen mache. Die beiden KI gesteuerten Apps sind nämlich leicht bis mittelschwer überfordert und widersprechen sich, als ich sie frage, welche Pilze das nun wirklich sind.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Ein Pfaffenhütchen fällt mir auf – farblich ist es noch so gar nicht auf den Herbst abgestimmt.

Pfaffenhütchen

Wie immer möchte ich bei meinen Fotospaziergängen alles so hinterlassen, wie ich es vorgefunden habe, so, als sei ich gar nicht da gewesen. Das gelingt mir hier mit der Ausnahme einiger weniger Fußabdrücke im matschigen Boden auch wieder.
Nein: Das stimmt nicht. Ich greife ein und werfe ein Ahornblatt, das ich auf der Wiese gefunden habe, in den See. In der leichten Strömung des Wassers verfolge ich es mit meinen Blicken und mit dem Kameraobjektiv. Das ist Zen oder die Kunst ein Blatt zu fotografieren.

Ahorn Blatt auf dem Wasser im Zinneberger Seepark

Als ich den See ein weiteres Mal umrunde, kommen mir zwei Frauen entgegen. Die Ältere führt ein Pony, darauf sitzt ein behinderter junger Mann. Ich gehe zur Seite, lasse die drei und das Tier auf dem schmalen Weg vorbei und grüße. Die Frauen grüßen freundlich zurück. Die Ältere wirft mir noch zu: „Gell, schön haben wir es hier…“
„Ja“, bestätige ich und sie empfiehlt mir, zu warten, bis der Nebel sich lichtet und die Sonne herauskommt. „Dann ist es noch viel schöner. Das bunte Laub, der See, das Grün…“ sie kommt regelrecht ins Schwärmen, gerade, dass sie nicht noch seufzt vor Begeisterung.

Zinneberger Seepark

„Ja, ich weiß“, antworte ich ebenso freundlich. Das ist nicht mal gelogen, denn ich habe bereits das auf zig Fotos gesehen. „Aber heute bin ich extra mal wegen des Nebels gekommen.“
Das lässt sie unkommentiert, vielleicht ist sie auch schon zu weit weg für Smalltalk. Denn die zwei Frauen und das Pony sind die ganze Zeit weitergelaufen.
Wie schön, wenn immer einer weiß, wann ich was wie (besser) fotografieren sollte, als ich es mir selbst überlegt habe. Aber sie meinen es ja immer alle nur nett und freundlich.
Soll ich den Rat befolgen? Der Nebel ist verschwunden, nur noch weit oben eine dünne Schicht Hochnebel versperrt den Sonnenstrahlen den Weg und die Sicht auf den blauen Himmel. Ob die Sonne wohl noch durchkommen wird? Und wird dann der Himmel wirklich tief blau oder bleibt er eher hell, milchig, diesig?
Wer kann das wissen? Und so lange will ich auch nicht warten. Ich habe auch so genügend Bilder.

Im Zinneberger Seepark

Der See mit Bootshaus und Brücke

Bäume

Die Holzbrücke im Zinneberger Seepark


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