Mediatipps (Teil 25): „Münchner Freiheiten“ von Ursula Zeidler

Manchmal muss man Glück haben – zur richtigen Zeit am richtigen Ort, die Kamera fotografierbereit in der Hand. Das sind, neben professionellem Können, wichtige Voraussetzungen für Street Photography. Denn die darin oft abgebildeten Menschen sollen sich ja ungezwungen, natürlich und frei dem widmen, was sie gerade tun – und eben nicht inszeniert werden. Handlungsanweisungen an die zu fotografierenden Menschen „Ich mach mal ein Foto, tu mal ganz normal und mach dies oder das“ ist sicher der falsche Weg für solche Bilder. Wie wenig natürlich man sich benimmt, wenn man weiß, dass man gleich fotografiert wird, ist bekannt. Nur Menschen, die das permanente Fotografiertwerden gewohnt sind, gehen mit einer gewissen Souveränität damit um. Oder eben auch nicht.
Manchmal hat man auch Pech – alles stimmt. Kamera ist aktiv, Motivation groß, das Licht passt, die Szenerie auch. Aber es ergibt sich trotzdem kein gutes Bild. Ein Jammer, aber nun mal nicht zu ändern. Denn Street Photogrtaphy ist ein wenig mit der Schatzsuche zu vergleichen. Das funktioniert auch nicht automatisch.
Die Münchner Fotografin Ursula Zeidler gehört zweifelsohne zu den ganz großen Könnerinnen der Street Photography, sie hat ein wunderbares Auge für den richtigen Moment, den richtigen Ort und die richtige Perspektive. Sie bringt Menschen vor die Kamera, zeigt sie authentisch und unaufdringlich. Zugleich merkt man den Fotos an, wie achtsam und respektvoll sie mit den Leuten umgeht, da ist kein Vorführen, kein Lustigmachen, keine Bloßstellung.
Die Menschen auf den Bildern mögen bei einigen, wenigen Fotos ein wenig skurril anmuten, bei dem, wie sie die Theresienwiese nutzen und sich dabei geben. Aber das hat ausschließlich mit mir als Betrachter der Bilder zu tun und meinem vermeintlichen Verständnis von dem, was „normal“ ist und was etwas „sonderlich“. Keinesfalls aber mit den abgebildeten Personen.

Ihre wunderbaren Bilder habe ich im November in der Ausstellung Münchner Freiheiten – Zwei Jahre Theresienwiese im Haus der Fotografie in Burghausen sehen können. Ein Augenschmaus.

Die Ausstellung ist schon einige Zeit vorbei, wie bereits erwähnt war es ein Unding Fotos von ausgestellten Fotos zu machen.
Was bleibt sind Erinnerungen und der Ausstellungskatalog, den durchzublättern immer wieder große Begeisterung auslöst. Ja, ich gebe zu: Für einen Ausstellungskatalog oder gar einen Fotobildband ist das Buch etwas schmalbrüstig und vom Format auch sehr klein. Will sagen: Es könnte um einiges größer sein, das typische Coffee Table Book Format wurde nicht erreicht. Dafür ist es vom Preis her erschwinglich und es soll ja auch mehr sein als ein Buch, das dekorativ als Accessoire einen Wohnraum, eine Lounge oder das Wartezimmer einer Anwaltskanzlei verschönert und nur dazu dient, da zu sein. Bücher, die man, wenn überhaupt, nur mit einer gehörigen Portion Ehrfurcht zur Hand nimmt. Das ist hier anders.

Zeidlers Bildersammlung zeigt Fotos vom Oktoberfestplatz, also der Münchner Theresienwiese im Zeitraum vom April 2019 bis 2021. Also genau der Zeit, in der keine Wiesn stattfand.
Der Platz, eine große Fläche zwischen dem Münchner Bahnhofsviertel und der Theresienhöhe gelegen, ist wundersam leer und trotzdem belebt. Denn natürlich nutzen ihn die Münchner auch weiterhin. Zum Spazieren- und Gassigehen, als Sport- und Begegnungsort, als Spielstätte, für Demonstrationen für und gegen alles Mögliche – und zu Füßen der Bavaria auch als Corona-Testzentrum. Es wird geradelt, geturnt, gespielt, gekickt, gechillt, gelebt, schließlich auch getestet und geimpft. Erst in der Zeit vor Corona, dann in der Zeit mit Corona. Das tut der Leichtigkeit der Bilder keinen Abbruch, auch nicht dem Lebenswillen und der Lebensfreude der Münchner, die mehr als deutlich zeigen, dass sie sich nicht unterkriegen lassen. Leben bricht sich immer eine Bahn – und die angeschlagene Leichtigkeit des Seins eben auch.

Zeidlers Farb- und Schwarzweiß-Bilder kann und sollte man nicht beschreiben, man muss sie sich ansehen. Es sind wunderbare Dokumente urbanen Lebens, eingefrorene Augenblicke, Aufnahmen von Menschen in dem Moment, in dem sie ganz bei sich selbst sind – und bei dem was sie tun.

Pressefoto zu Münchner Freiheiten. Bild: Ursula Zeidler

Wunderbar. Nicht nur für Münchnerinnen und Münchner ein tolles Buch.


Jetzt hier kaufen (Das Buch gibt es aber auch über die ISBN bei Ihrem Buchhändler):

Ursula Zeidler: Münchner Freiheiten

Link zum Verlag (auch mit Shop)

Broschiert / 110 Seiten / Verlag: Kunst und Alltag / Erschienen 23.09.2021 / Sprache: Deutsch
ISBN-13: 978-3884103029

Preis: 25,00 €


Lust auf mehr Mediatipps?
Hier finden Sie eine Liste aller Beiträge samt Verlinkung:
Die Serien dieser Seite im Überblick.


Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Gern dürfen Sie den Artikel auch verlinken.

Diesen Beitrag weiterempfehlen:

Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen