Manchmal muss Wasser hart sein…
…und weiß. Und pulvrig. Und in großen Mengen vorhanden.
Und wenn dann noch der Wetterbericht „Aufklaren des Nebels und Sonnenschein“ verkündet, dann lass ich Schwimmbad Schwimmbad sein. Dann gehe ich Skifoarn.
Herbert gebe ich einen Korb. Er kann das verschmerzen und ruhig mal allein seine Bahnen ziehen.
Denn die Gelegenheit, heute in die Kaiserwelt zu fahren, lasse ich mir nicht entgehen. Schön blöde wäre das auch – wozu hat man zum einen das Privileg, unter der Woche freizunehmen, und zum anderen die Berge in erreichbarer Nähe?
Und irgendwer aus der Familie findet sich meistens, der frei hat oder freimachen kann.
Während morgen um 8.00 Uhr das Nachbargeschwader sich in die Blechlawine nach München einreiht, biegen wir zweimal ab. Immer Innsbruck entgegen. Und schwupps. Schon da.
Derweil sich die Kollegen den zweiten Kaffee über die Tastatur kippen, stehen wir oben auf dem Berg.
Gähnende Leere herrscht zwar ebensowenig wie der erwartete Sonnenschein, aber so leer habe ich das Skigebiet zwischen Elmau und Westendorf selten erlebt. Keine Schlangen am Lift, kein Gedrängel auf der Piste, hunderte freier Plätze auf den Hütten. Und das, obwohl uns in Gondeln und Sesselliften unentwegt holländisch entgegenschlägt. Scheinbar haben gerade die Niederländer Ferien und ihr Land entvölkert. Sollen sie. Hauptsache, sie sind rechtzeitig zur Tulpenernte wieder daheim. Dafür quellt es nicht über vor Schönwetter-Skifoar-Bussi-Schickimicki-Münchnern, die ihren Bogner-Fiffi auf der Piste Gassi führen und dann nach zwei Abfahrten der Hüttengaudi und dem Sprizz frönen.
Irgendwann gewinnt die Sonne auf dem Berg doch die Oberhand:
Die Hohe Salve liegt mal wieder vor uns. Da will ich rauf; und wieder runter: 2c, die kleine Schwarze. Die, die niemand mit mir fahren will. Aber heute werde ich das einfädeln. So, als gäbe es, wenn einmal oben, nur diesen einen Weg. Ups.
Apropos Weg.
In Scheffau gehen sämtliche Weg-, Lift-, Abfahrts- und Hüttennamen verloren. Wir haben da unsere eigenen Namen, für uns sind das nur die „Weißt-Du-noch-damals-Orte“. Nämlich die, wo
- Heide die Sonnenbrille hat liegen lassen,
- Rainer so gestürzt hat, dass wir dachten, der steht nie wieder auf,
- Anja den Skistock durchgebrochen hat,
- Eva richtig wütend wurde,
- Basti uns allen davon gefahren ist,
- keiner mit mir runter fahren will,
- die besten Germknödel serviert werden,
- Lea und Ina sich in den Funpark verkrümelt haben,
- das Foto von Benni entstanden ist, das bei Oma im Regal steht,
- die Chefin auf dem Transportteppich gestürzt ist,
- Eva mal eine Schulfreundin getroffen hat,
- Hans seinen quietschgelben Mistral-Overall spazieren gefahren hat,
- Heide und ich eine Viertelstunde im Lift gesessen haben, weil daneben ein Rettungshubschrauber gestartet ist,
- Der Pfanni-Enkel wie ein Irrer in den Ziehweg gerast, die Kurve nicht gekriegt hat und in die Bäume gekracht ist und tödlich verunglückte,
- früher ein Schlepplift stand, der heuer spurlos verschwunden ist,
- Wolfgang entschieden hat, das Skifahren endgültig aufzuhören,
- wir im Nebel falsch abgebogen sind,
- usw.
Wir waren eben schon sehr oft dort. Und wir fahren gern wieder hin. Schon allein, damit die Geschichten sich mehren. Auch wenn nicht jeder bei jeder Fahrt dabei war. Man kann sie doch einfach wieder und wieder erzählen, wenn wir wieder in den Bergen sind.
Nächste Woche vielleicht?
Dafür lass ich dann eben noch mal das Schwimmen ausfallen.
Später am Parkplatz kommt dann der mit Abstand schönste Moment: Raus aus den Schuhen. Auch das erzählen wir uns alle seit Jahren – ach was: Seit Jahrzehnten.
Und war das nicht hier in Scheffau, wo ich bei der Ankunft mal bemerkt hatte, dass ich gar keine Skistöcke eingepackt hatte und neue kaufen musste?
Genau.
Und war das nicht auch hier, wo wir dahinten in der Hütte…,
dort an der Tankstelle, als wir beim Skiausflug mit dem Sportverein..,
in diesem Restaurant…?
Halt den Mund. Steig ein, fahr los.
PS: Woran erkennt man einen absolut gelungenen Skitag, an dem man alles richtig gemacht hat?
Wenn einem abends unter der Dusche daheim sowohl die Visage als auch die Oberschenkel glühen.
Vielen Dank fürs Lesen.
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