Wenn Herr P. den Löffel schwingt – Teil 2
Lesen Sie hier den ersten Teil, in dem Herr P. schon den Löffel geschwungen hatte.
Weltbeste Selfmade Orangenmarmelade… schon bald wieder im Schrank.
Mit besten Crowd Farming Früchten und mit Scotch verfeinert. pic.twitter.com/6MrrOUBL8a— Zwetschgenmann (@Zwetschgenmann) January 28, 2022
Tag 3
Nach weiteren 24 Stunden, die die werdende Marmelade nun durchziehen muss, kommt das Grand Finale. Wieder landen die Töpfe auf den Herd und der Löffel in der Hand. Wieder wird alles aufgekocht, ein wenig einreduziert, der Löffel geschwungen und dann wird die heiße Masse erneut gewogen.
Herr P., der berüchtigt ist, dass er nie Gebrauchsanweisungen aufmerksam liest, lieber auf allen Knöpfen rumdrückt und hofft, einen Fehler so zu beseitigen, hält sich auch nicht zwingend an Kochrezepte. In diesem Fall zum Segen des Endprodukts.
Aus den Tiefen der Spirituosenabteilung, der sorgsam versteckten Hausbar, zieht er ein Fläschchen Jameson Whisky hervor. Zum einen als Geste gegenüber den leidgeprüften Schotten, die auf die Engländer nicht mehr wirklich gut zu sprechen sind, zum anderen zur geschmacklichen Verfeinerung der Marmelade. Dieses „Weiß ich, doch nicht woher das stammt“ Fläschchen wird nun vollständig in die Marmelade entleert und da man nicht auf einem Bein stehen kann, kommt noch ein fetter Schuss Chivas Regal oben drauf. Das Zeug muss ja auch irgendwann mal weg.
Das ist übrigens der Moment, in dem Herr P. in den sozialen Netzwerken die große Rede von der weltbesten Orangenmarmelade schwingt. Postwendend wird er via Twitter um das Rezept gebeten, das er, weil nicht seines sondern von Chefkoch.de umgehend per Link liefert.
„Da steht aber nichts von Whisky,“ kommt schnell als Rückfrage. Und Herr P. fragt sich: Was stimmt nicht mit den Leuten? Wo bleibt die Experimentierfreude? Wo das Risiko? Sch… aufs Rezept. Hau rein den Schnappes!
Ging man früher so etwas nicht bedeutend pragmatischer an, statt sich buchstabengenau ans Rezept zu halten?
Was kann schon passieren? Mit Whisky geht doch niemals etwas schief.
Herr P. hat keine Antwort darauf, denn Herr P. liest Rezepte bekanntlich allerhöchstens oberflächlich. Bei Unsicherheiten fragt er seine Frau. Die weiß schon Rat. Oder sie schaut ins Rezept und erklärt dem Gatten, was er tun muss. Was dann auch umgehend so geschieht.
Womit hier so ganz nebenbei auch ein Beispiel für das Gelingen langjähriger partnerschaftlicher Beziehungen beschrieben wurde…
Der Rest ist schnell erzählt. Whisky rein. Rühren. Tief durchatmen, damit der Alkohol nicht vollkommen sinnlos und zweckentfremdet aus den Töpfen verdampft.
Außerdem soll inhalieren ja gesund sein. Das macht die Nase frei – und wenn es Whisky ist auch das Gemüt.
Holla – das war’s wert.
Der Pürierstab verteilt nicht nur den Zucker bestens, er zerkleinert auch die noch vorhandenen allzu großen Stücke.
Nicht irritieren lassen, dass die Masse aussieht wie Apfelmus oder Kürbissuppe, Babykost oder Dünnpfiff von irgendwelchen Viecherln. Es riecht stark nach Whisky, ein wenig nach Orange, man ist also immer noch auf dem richtigen Weg.
Gelingt der Geliertest, muss die Marmelade nur noch in die klugerweise schon bereit stehenden, offenen Gläser gefüllt werden. Das wird hier nur in Text und Bild mit Teller und Löffel erwähnt, um klar zu machen: Herr P. ist wirklich ein ausgesprochener Experte in Sachen Marmelade. Wäre er ehrlich, dann würde er zugeben, dass es ihm gar nicht so sehr um die Frage geht, ob das Zeugs geliert (denn das tut es wider anderer von ihm steht geäußerter Bedenken immer). Es geht viel mehr darum, den Teller mit der schnell erkalteten Marmelade abzuschlecken und einen ersten geschmacklichen Eindruck zu bekommen.
Und gleich noch einen, und noch einen. Dann in die Gläser damit. Das Ganze jetzt fein zu gestalten, so mit liebevollen Etiketten, Tüchlein über dem Deckel und Schleifchen drum, dafür fehlt Herrn P. die Geduld und das Interesse. Marmelade ist zum Essen da. Nicht um dekoriert zu werden.
Yummy!
Also, liebe Leute – nachkochen.
Prost. Wohl bekomm’s.
Das Ganze jetzt fein zu gestalten, so mit liebevollen Etiketten, Tüchlein über dem Deckel und Schleifchen drum, dafür fehlt Herrn P. die Geduld und das Interesse. Marmelade ist zum Essen da. Nicht zum Dekoriert werden.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Mal wieder der klugscheissende Bruder: Jameson ist Irisch – ist auch fett im Bild zu sehen. Tut dem Geschmack aber keinen Abbruch.