Mediatipps (Teil 6): „Der kleine Wassermann“ von Otfried Preußler

Schon einmal habe ich mich in diesem Blog über dieses Buch geschrieben, ziemlich genau vor drei Jahren. Den Beitrag lesen Sie hier. Es war eine Art Liebeserklärung und eine nostalgisch-melancholische Erinnerung an meine Kindheit. In der nämlich spielten die Bücher von Otfried Preußler eine große Rolle. Das galt nicht nur für den kleinen Wassermann, das endete im Teenageralter mit Krabat.
Das war lange bevor Harry Potter, Greggs Tagebücher und Cornelia Funke den Markt der Kinder- und Jugendliteratur komplett umkrempelten, 1956 erschien das Buch, es ist, wie die anderen von Otfried Preußler mittlerweile aus der Zeit gefallen. Auch das erwähnte ich vor drei Jahren in meinem Beitrag.
Aber vielleicht macht es gerade diese Behäbigkeit im Erzählstil und diese verlorene Lebenswirklichkeit, wie sie in dem Buch beschrieben wird, wert, es wieder mal aus dem Schrank (oder der Bücherei) zu holen und die Nase hinein zu stecken…
Dass es trotzdem in der Reihe der Lesetipps noch einmal zur Sprache kommt, hat mehrere Gründe.
Zum einen ist es das erste Buch (soweit ich mich erinnern) kann, in dem es immer wieder ums Schwimmen geht, das ich gelesen habe. Es ist sehr lange her, aber es hat bleibende Erinnerungen hinterlassen, wovon ich in diesem Blog ja bereits erzählt hatte. Der kleine Wassermann war eine der ersten aus einem buch stammenden Identifikationsfiguren meiner Kindheit – vor Michel aus Lönneberga, vor den Bullerbü-Kindern oder den fünf Freunden. Einer, der so war, wie ich gern gewesen wäre…

Das allein ist schon ein Grund, das Buch immer wieder mal zur Hand zur nehmen, dann weiß ich es auch nicht.
Zum anderen halte ich das Buch auch heute noch für lesens- und liebenswert, auch wenn Kinder heutzutage eine andere Welt erleben.. Dennoch ist Der kleine Wassermann eine entzückende und liebevolle Erzählung von einer Kindheit: Unbeschwert, abenteuerlich, wild – und doch behütet.
Wäre da nicht das Neunauge…
Auch wenn – wie bereits erwähnt – beim erneuten Lesen dieses Kapitel bei weitem nicht so gruselig ist wie in der Erinnerung, gehöre ich doch zu der Generation, die Preußler damit traumatisiert hat. Das wird mir klar, als ich Bayerischen Rundfunk eine längere Sendung über dieser merkwürdigen, urzeitlichen Tiere höre. Viel Wissenswertes enthält der Beitrag – unter anderem auch einen Abschnitt, dass dieses fischähnliche Wesen nicht nur stark bedroht ist, sondern dass allerlei falsche Vorstellungen und Mythen über die Biologie und Lebensweise dieses Tieres existieren. Kronzeuge ist Preußlers Buch, aus dem in der Sendung zitiert wird. Und beim Hören des Beitrags beschleicht mich gleich wieder dieses unagenehme Gefühl aus Ekel und kindlicher Furcht, es sitzt einfach zu tief in mir drin, als dass ich es abschütteln könnte. Obwohl der Verstand das Problem längst gelöst hat.
Im Radiobeitrag heißt es, dass Preußler eine ganze Generation Kinder die Furcht vor Neunaugen gelehrt hat – natürlich vollkommen unbegründet, denn das Tier tut niemandem was. Egal – ich mag es trotzdem nicht. Zeit meines Lebens habe ich kein Neunauge gesehen, habe aber mein Unbehagen auf allerlei ähnlich aussehendes Getier übertragen – Muränen zum Beispiel, die ich auch nicht wirklich leiden kann, obwohl ich noch nie einer von ihnen begegnet sind; von Besuchen in Zoos und Aquarien einmal abgesehen.
Längst hat mich die Ratio belehrt, dass diese Ängste vollkommen unbegründet sind, längst freue ich mich, beim Schwimmen im See oder Weiher im Trüben mal einen Fisch zu sehen, vom Gewimmel im Meer ganz abgesehen. Einmal bin ich auf einen Hecht gestoßen, ein anderes Mal auf einen kolossalen Karpfen, der unter mir weggetaucht ist. Dass man vor Karpfen keine Angst zu haben braucht, weiß ich übrigens auch, seit ich den kleinen Wassermann gelesen habe. Der nämlich ist mit dem alten, bisweilen etwas grantigem Karpfen Cyprinus bestens befreundet.

Ich finde, man muss kein Nostalgiker sein, um dieses entzückend-altmodische Buch mal wieder in die Hand zu nehmen und darin zu lesen. Es reicht, wenn man öfter mal gehört (und es sich vielleicht selbst gewünscht) hat, dass zwischen den Fingern Schwimmhäute wachsen. Oder wenn man selbst zumindest astrologisch gesehen ein Wassermann ist. Und dass dieser Beitrag gerade jetzt erscheint, hat einen ganz einfachen Grund: Wassermänner haben in diesen Tagen Geburtstag.
Happy Birthday – Euch allen da draußen.

Die Verwendung des Zitats, des Covers und der Illustration von Winnie Gebhardt erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Thienemann Verlags.
Mehr zum Buch: Otfried Preußler: Der kleine Wassermann. Thienemann Verlag


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Otfried Preußler: Der kleine Wassermann
Gebundene Ausagabe: 128 Seiten / Verlag: Thienemann Verlag in der Thienemann-Esslinger Verlag GmbH / Erschienen am 01.September 1956 / Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3522106202 / ISBN-13: 978-3522106207
Gebundene Ausgabe: 11,99 € / Kindle-Edition: 13,99


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2 Antworten

  1. Ein wunderbares Buch!

  2. Sonnenschein sagt:

    Ich hab mir das Buch grad vor paar Tagen aus nostalgischen Gründen bestellt. Bei uns hat das in der Schule immer mal die Lehrerin in der 1. Klasse vorgelesen 😉

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