Viele neue Weiher – Hochwasser rings ums Dorf
Wir haben Hochwasser. Angesichts dessen, was andernorts passiert (ist), ist es schon einigermaßen zynisch, dann von den vielen neuen „Weihern“ zu bloggen, die in den vergangenen Tagen rings um unser Dorf entstanden sind, das gebe ich zu.
Zumindest einer dieser Weiher, die neu hinzugekommen sind, ist dort, wo ganz früher schon mal einer war.
Vor Jahr und Tag nämlich gab es an der Verbindungsstraße zur Nachbargemeinde einen künstlich angelegten Fischteich, der vom Kaltenbach gespeist wurde. Nur war das so eine Sache mit der Wassereinspeisung, allzu viel kann es nicht gewesen sein, denn der Weiher versumpfte mit schöner Regelmäßigkeit, was der Fischzucht nicht gerade zuträglich war. Irgendwann entschlossen sich die Grundstückseigentümer, das ganze Projekt zu beenden. Seitdem fließt der Kaltenbach wieder unaufgestaut seines Weges. Der Grund verlandete, heute befindet sich dort eine Wiese und ein Maisfeld.
Bis eben der Starkregen kommt. Dann ist er wieder da, der Weiher, wenn auch deutlich flacher und nur von kurzer Dauer.
Der Kaltenbach, der von vielen kleinen Bächen gespeist wird, schwillt, wenn es nur lang und intensiv genug geregnet hat, zu einem reißendem Ungetüm an – einem Wildbach.
Und dieser denkt gar nicht daran, in seinem Bett zu bleiben. Wie sollte er auch, wenn es darin viel zu eng wird?
Also presst er sich unter den Bäumen hervor und strömt dahin, wo einst der Teich war. Der Bach läuft einfach über.
Er überschwemmt die Wiese sowie die beiden angrenzenden Felder und verwandelt alles in eine Sumpflandschaft. Dorthin zu gelangen, bedeutet, in Gummistiefeln durchs knöchelhohe Wasser zu waten. Anders geht es nicht.
„Unterstützung“ bekommt der Kaltenbach von anderen Bächen, die ebenfalls nicht mehr daran denken, dort zu fließen, wo sie hin gehören. Wasser findet bekanntlich immer einen Weg. So bildet sich schnell ein neuer Bachlauf quer über die Wiese, weil der andere, der am Waldrand entlang führt, es einfach nicht fassen kann – das viele Wasser.
80 Liter und mehr auf den Quadratmeter, tagelange mal mehr, mal weniger starke Regenfälle führen eben dazu, dass der Weiher plötzlich wieder dort ist, wo er eigentlich längst verschwunden war. Fast möchte man meinen, es sei ein wenig idyllisch und gehöre so.
Aber so ist es nicht.
Zwei Kilometer bachabwärts in Innerbittlbach (eben jenem, das Konstantin Wecker im Film Wer früher stirbt ist länger tot als Reiseziel erwähnt ohne je dort gewesen zu sein) ist der Kaltenbach längst über die Ufer getreten und hat ebenfalls die Wiesen überschwemmt. Es kommt den Häusern immer näher. Neuralgische Punkte an den kleinen Fließgewässern sind die kleinen Brücken oder Betonröhren, die über bzw. unter den Straßen herführen und den normalerweise kleinen Bächen Durchlass gewähren. Nur eben nicht, wenn sie die Wassermassen kaum mehr fassen können und mehr und mehr Äste angeschwemmt werden.
Ein paar andere „Weiher“ haben sich westlich unseres Dorfes gebildet. Hier stehen zahlreiche Felder weitflächig unter Wasser. Der schwere Lehmboden kann die Regenmenge, die vom Himmel fallen, schon lange nicht mehr aufnehmen, geschweige denn dass es nach unten versickert.
Für die betroffenen Landwirte ist das eine ziemlich blöde Sache. Ich weiß nicht, ob der Mais das schadlos übersteht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass auf den nahen Erdbeer- und Gemüsefeldern noch mit viel Ertrag zu rechnen ist. Vielleicht, so sinniere ich mal wieder, hätte der Furor der Landwirte, der sie Anfang des Jahres auf die Straße trieb, sie Autobahnen blockieren und Gülle in diversen Städten abkippen ließ, sich doch weniger gegen ausgerechnet die Politik richten sollen, die als Einzige wenigstens versucht, die klimawandelbedingten Extremwetterlagen nicht noch schlimmer werden zu lassen. Steuerprivilegien auf Agrardiesel helfen nämlich verdammt wenig gegen im Dauerregen verrottetes Gemüse. Und die Befeuerung der Populisten hierzulande wie durch Aiwanger und Söder bietet jetzt genauso wenig Lösungen, wie das Festhalten an alten Zöpfen und die Klientelpolitik eines Friedrich Merz oder der FDP.
Man muss weder Physiker noch Meteorologe sein, um zu verstehen, dass die Erderwärmung die Luft im Mittelmeerraum mittlerweile viel mehr Feuchtigkeit aufnehmen lässt, die dann eben weiter nördlich wieder herunterregnet. Wenn man es denn verstehen will…
Ich will das.
Nicht verstehen allerdings kann ich, warum es so viele Trottel gibt, die Straßensperren nach Überflutungen einfach ignorieren. Die Verkehrsregel ist eindeutig und die Rettungskräfte haben weitaus Wichtigeres zu tun, als Autofahrer:innen hier aus der Senke zu ziehen, in der das Wasser einen halben Meter hoch steht. So vielen Autofahrer:innen ist das aber scheißegal, sie versuchen es trotzdem.
In der Zeit, in der ich an der gesperrten St 2332 stehe und Fotos mache, also etwa 10 Minuten, donnern gleich mehrere Fahrzeuge hier durch. Als erstes zischt eine Frau im Kleinwagen an den Schildern und dann an mir vorbei und beschert mir eine zünftige Seitwärtsdusche. Da ich einigermaßen regensicher gekleidet bin, ärgert mich das Spritzwasser nur bedingt. Die Frau quittiert es, wie ich sehe, mit einem Achselzucken und fährt ungerührt weiter. Arschlochtante – ich hab Dein Kennzeichen.
Es folgen zwei weitere Fahrzeuge, dann entwickelt sich eine lustige Geduldsprobe: Ein Autofahrer, der sich anschickt, an der gegenüberliegenden Seite an der Sperre vorbeizufahren, sieht mich und ich ihn. Vollkommen ungeniert richte ich das Tele hinüber. Da bleibt er stehen. Er wartet wohl ab, ob ich mich verziehen werde oder nicht; immerhin stehe ich im Regen, er sitzt im Trocknen. Andererseits: Er will irgendwohin, ich nicht.
Ich bleibe an der diesseitigen Sperre stehen und halte die Kamera vor dem Auge, das Tele bleibt ausgefahren. Er bleibt auf der anderen Seite in Lauerstellung.
Es ist ein Geduldspiel. Er weiß, ich würde ihn fotografieren, wenn er es wagt, an dem Schild vorbeizufahren. Er weiß nur nicht, warum.
Nach vier oder fünf Minuten gibt er auf. Mühsam wendet er. Da kommt schon der Nächste, dieses Mal wieder einer aus meiner Richtung.
Dessen Pech: Die Feuerwehr ist mit Blaulicht im Anmarsch – und die versperrt ihm die Ausfahrt.
Da ist wohl eine gehörige Gardinenpredigt fällig.
Und das vollkommen zu Recht.
Wie viel Volldepp kann man eigentlich ein?
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Ich seufze mit dir … und schüttel den Kopf, so viele Deppen. Überall!
Seit gestern habe ich viel über das Hochwasser und die betroffenen Orte gelesen, dankbar muss man allen Menschen gegenüber sein, die im Katastrophenschutz arbeiten und retten und helfen, wo es notwendig ist.
Seufzen und Kopfschütteln wieder, wenn ich lese, dass der Hochwasserschutz von Aiwanger boykottiert wurde und Söder es abgenickt hat, damit er koalieren konnte.
Aber sicherlich werden sie auch jetzt Schuldige finden und nicht in den Spiegel schauen.
Wir hatten hier im Winter große Überschwemmungen, ein Glück ist, dass aber hier in den Hochwasserschutz investiert wurde und es genügend Auen gibt, in der die Elbe ausfließen kann. Für die Landwirtschaft hatte es Folgen, manche Felder liegen deswegen in diesem Jahr brach.
Hoffen wir, dass es ein Umdenken stattfindet, es wird so allerhöhste Zeit!
Herzlichst, Ulli