Heldinnen & Helden
Captain Marvel ist eine, Captain America auch einer. Und Batman und Ladybug. Auch Sophie Scholl und Claus Schenck von Stauffenberg. Dazu Ernest Shackleton, Harry Potter, James Bond, Herkules und Jeanne d’Arc oder Nelson Mandela. Alles Heldinnen und Helden.
Die Liste ist lang. Mit 350 Exponaten nähert sich in diesem Jahr die Ausstellung im Lokschuppen in Rosenheim der Thematik an: Heldinnen und Helden. Ein mächtiges Unterfangen, eine große Herausforderung, eine Herkules-Aufgabe.
Das Ganze wird in einem sehr guten Konzept präsentiert. Kapitelweise widmet sich die Aussellung zuerst den Fragen, was ein/e Held:in überhaut ist, dann, was seine Merkmale, was seine/ihre Taten sind und anschließend, welche Werkzeuge ein/e Held:in braucht, welche Begleiter:innen bzw. Mentor:innen.
Helden durchleben Versuchungen, (Heldinnen offenbar eher weniger), Held:innen brauchen Gegenspieler:innen, die sie überwinden müssen. Zum Beispiel diesen, Lord Voldemort.
Vor allem aber brauchen Held:innen eines: Menschen, die ihnen große Anerkennung zollen, ihre Geschichten erzählen, ihnen Orden anhängen, sich öffentlich an sie erinnern und diese Erinnerung hochhalten. Nicht selten geht das mit einer immensen Kommerzialisierung einher – bestes Beispiel ist Che Guevara. Das Portrait, das einst Alberto Korda von Guevara anfertige, ist ikonisch geworden, eines der meist gedruckten, genutzten Motive. Und es hat längst ein mächtiges Eigenleben, so dass es mittlerweile vollkommen egal ist, ob Che Guevara nur annähernd der Held ist, zu dem er stilisiert wurde und für den er bis heute gehalten wird, oder ob die historische Person nicht viel mehr ein brutaler, unnachgiebiger Revolutionsführer war, der auch gegen seine eigenen Leute Todesurteile gefordert hat und abtrünnige Mitstreiter eigenhändig hingerichtet hat.
Kein/e Held:in ohne entsprechende Tat, aber das alles braucht den öffentlichen Raum, die Verehrung, so weit die Quintessenz dieser Ausstellung.
Aber es sind zudem die Details, die mich begeistern. Unter anderem lerne ich, dass das Original Batmobil so etwas Profanes wie einen Scheibenwischer hat, was schon wieder witzig ist.
Es liegt in der Natur der Sache bzw. der Thematik, dass Held:innenverehrung ein Riesenthema der Popkultur ist, die nun auch selbst jede Menge eigene, fiktionale Held:innen erschafften hat: In der Literatur, in der Musik, vor allem aber in Comics und Filmen. Ergo liegt in der Ausstellung hier ein immenser Fokus. Und das begeistert mich. Denn ich treffe gerne alte Freunde und Bekannte. Nicht alle sind Held:innen, aber sie helfen dabei, aus anderen welche zu machen, in dem sie eine aufs Maul bekommen. Ok, kleiner Joke.
Mit der Kamera in der Hand stehe ich also Held:innen und ihren Widersachern gegenüber, na ja: Zumindest ihren Abbildungen, ob nun als Kunststoffmodell oder Gipsabguss antiker Plastiken – antike Sagen, mittelalterliche Heroen, Marvel- und DC-Comics, Star Wars… Es wimmelt nur so vor Held:innen und Idolen.
Zwischen all den Comic- und Film-Held:innen tun sich die echten fast schon schwer; nicht zuletzt, weil oftmals ihre Geschichte auch fiktionalisiert wurde – will sagen, dass die realen Personen gern zum Filmstoff wurden, dabei reichlich überhöht und so aus Stauffenberg irgendwie ein Tom Cruise wird. Oder umgekehrt. Dessen Filmuniformjacke findet sich dann auch in der Ausstellung.
Fast schon rührend ist hingegen Frida Heckauf, Jahrgang 1903, im Alter von 51 höchstselbst offiziell als Heldin dekoriert. Mit amtlich gestempelten Ausweis wurde bestätigt: Sie ist ein Held der Arbeit.
Einer der für mich vielleicht spannendsten Exponate der Ausstellung ist, einer Videoinstallation vom Tank Man jenem Unbekannten, der als Akt „zivilen Ungehorsams“ 1989 auf dem Platz des himmlischen Friedens in Peking vor dem Massaker eine Panzer Battalion kurz stoppen konnte. Ich war nicht der Einzige, der sich das Video anschaute – auch eine Frau im Rollstuhl gehörte zu den Zuschauer:innen.
Es gelingt mir ein schnelles Foto, das eine ganz eigene Geschichte erzählt. Fernab von Batman, Frodo und Luke Skywalker. Willkommen zurück der Wirklichkeit.
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Sehr schöne Fotos, die unbedingt Lust auf einen Besuch der Ausstellung machen. Auch wenn ich mit Heldinnen und Helden so meine Probleme habe. Ich halte es da noch immer mit Adorno, der in „Ohne Leitbild“ allenfalls die zahme Wildsau vom Ernsttal als Leitbild durchgehen lassen will, die die Gattin des Postdirektors über den Haufen rennt.