Der fünfte Angriff auf die Big Five: Im Königssee

Heißt Königssee gleichzeitig auch Königsklasse? Gar die Krönung des Ganzen?

Einiges spricht dafür. Es ist ein See der Superlative, zumindest ist es die längste Anfahrt, die ich in Kauf nehmen muss bei meinem Plan, in möglichst vielen Seen in Oberbayern zu schwimmen. Zudem ist es einer der bekanntesten und beliebtesten Seen und damit gehört er auch zu denen, die massentouristisch arg überlaufen sind. Wegen seiner Bekanntheit hatte ich ihn in die Big Five aufgenommen. Mit ihm schließe ich sie ab, sehr würdig, wie ich finde.

Königssee

Der Königsee ist auch das teuerste Vergnügen, von den Anfahrtskosten mal abgesehen, kommen Parkkosten drauf (ok, der Eibsee toppt das). Aber um die Badeplätze bei St. Bartholomä zu erreichen, ist eine Schiffspassage unabdingbar. Und die schlägt zu Buche. Alternativ könnte ich unterhalb der Eisarena (Bob- und Rodelbahn) ins Wasser, also vorne nahe dem Bootsanleger. Aber das finde ich Bäääh. Es gibt auch noch ein halbwegs geeigneten Badeplatz unterhalb des Malerwinkels, der zu Fuß erreichbar wäre, aber liegt der morgens vielleicht im Schatten?

Ausflugsboot am Königsssee

Majestät allerdings brauchen Sonne – also ab nach St. Bartholomä. Den Massen entgehe ich natürlich nicht, obwohl ich in aller Herrgottsfrühe aufgebrochen bin. Schlangen morgens um kurz nach neun, wartende Menschen überall. Einige geduldig, einige schon jetzt genervt, einige orientierungslos, wo sie nun hinmüssen, andere nervös, weil sie Angst haben, trotz des gelösten Tickets nicht auf ihr Schiff zu gelangen.

Massen am Anleger

Im Fünf-Minuten-Takt legen die Schiffe ab, sonst wäre der Ansturm kaum zu bewältigen.

Massen am Anleger

Nach einer halben Stunde Wartezeit geht es dann los. Ich bin wohl der Einzige an Bord, der weder den Witzen noch dem Trompetenecho lauscht. Das hatte ich erst im Mai . Für mich ist die Bootsfahrt heute eher so wie eine Busfahrt, für alle anderen ist sie die Attraktion am See. Und das ist vollkommen in Ordnung.

Auf dem Königssee

Vom Anleger in St. Bartholomä schlage ich mich gleich nach links Richtung Süden und entkomme so den Massen. Zwar liegen zwischen den Bäumen am Kiesstrand schon ein paar Leute in der Sonne, aber das ist kein Vergleich zu der Menge an Leuten auf der Nordseite der Kirche, wo auch ein Badeplatz ist.

Am Königssee - Pfad zum Eisgraben

Interessant ist, dass viele Menschen gar nicht wissen, dass Baden im Königssee erlaubt ist, das ist allerdings die einzige Wassersportart, und der wird angesichts der eher zapfigen Temperaturen des Sees nur an wirklich heißen Hochsommertagen gefrönt. Selten hat der See mal 20 °C oder mehr. Heute aber ist so ein Tag, lange genug habe ich darauf gewartet und nahezu täglich bei Wassertemperaturen.org die Temperaturen für die bayerischen Seen beobachtet. Irgendwann sprang der Königssee auf 20 °C, doch da hatte ich keine Zeit, prompt fiel er wieder auf 19 °C, aber das ist mir egal. Und so ganz glaubhaft ohnehin nicht, zumindest nicht in Ufernähe.

Im Königssee - Ufer

Der Königsee liegt mitten im Nationalpark Berchtesgaden und Naturschutzgebiet, man könnte also darüber diskutieren, warum Baden überhaupt erlaubt ist; und gelegentlich lese ich davon auch in den sozialen Medien. Da ist dann von Kreti und Pleti die Rede, die eingecremt mit Sonnenschutzmitteln in den See steigen. Aber die Größe des Sees und vor allem seine Kälte sorgen schon dafür, dass die paar People, die das wirklich machen, kaum ein Problem darstellen. So schnell, wie die meisten drin sind, sind sie auch wieder draußen. Wenn sie überhaupt weiter als bis zu den Knien ins Wasser gehen…

Im Königssee -Bootshaus am Ufer

Prophylaktisch habe ich den Neo dabei, aber er kommt nicht zum Einsatz. Es geht auch ohne. Es erfordert einiges an Überwindung, aber die bringe ich auf. Ohnehin ist es zu spät, wenn ich erst mal nass bin, komm ich in den Neo auch nicht mehr rein und jemand, der mir dann den Rückenreißverschluss schließen könnte ist auch nicht in Sicht.

Im Königssee

Nicht allzu lange, zugegeben, dafür aber zweimal. Das erste Mal schwimme ich in der Nähe des Eisgrabens und dann noch einmal auf der anderen Seite der Halbinsel – dort, wo die angewandten Touristen herumspazieren, nachdem sie festgestellt haben, dass es außer der kleinen Wallfahrtskirche und einer Nationalpark-Infostelle, einer Gaststätte und dem Fischerstüberl hier nicht wirklich was zu sehen und erleben gibt.

Königssee

Wer ohne Wandersachen gekommen ist, um den St. Bartholomä Rundweg abzumarschieren oder zur Eiskapelle wandert, oder wer sommers keine Badesachen dabei hat, mag schnell auf den Gedanken kommen, was er hier eigentlich tun soll. Nicht wenigen ist diese gewisse Ratlosigkeit anzusehen, vor allem den asiatischen Gruppenreisenden, die ein wenig wie ab- bzw. ausgesetzt wirken und nun in größeren Verbänden am Ufer sitzen oder stehen und darauf warten, dass es irgendwann mal weiter geht.

St. Bartholomä am Königssee

Denn so ein paar Selfies sind ja schnell gemacht und dann könnte man ja eigentlich die nächste Sehenswürdigkeit ansteuern. Entschleunigt wirken nur die Biergarten- bzw. Restaurantbesucher:innen und die, die es sich am Badeplatz gemütlich gemacht haben.

Badeplatz am Königssee

Ausflugsboot auf dem Königssee, im Vordergrund am Ufer eine Baumwurzel

Es ist übrigens ein Irrtum, zu glauben, dass so ein paar Selfies schnell erledigt sind wie ich hier bestaunen kann. Mit Stativ, Handy darauf und Selbstauslöser kann man sich schon geraume Zeit beschäftigen, bis das erste instagram-taugliche Foto gemacht ist. Zumindest gibt es mehrere durchweg junge Frauen, die das Stativ und sich selbst ins flache Wasser stellen und dann fürs Foto posieren.
Ok, dann wage ich auch mal ein Selfie.

Selfie am Königssee

Und dann ab ins Wasser. Noch mal schwimmen, noch mal ein wenig frieren, sich vom Ufer aus noch mal beobachten lassen und sich beim Abtrocknen von einer Frau in ein Gespräch verwickeln lassen, sie habe ja gar nicht gewusst, dass man hier schwimmen dürfe, und ob das Wasser kalt wäre und überhaupt…

Kalt? Das Wasser? Hier? – Geht so. Richtig kalt wird’s erst ein paar Stunden später im Hintersee. Davon hier mehr.

Berge am Königssee

Damit habe ich fertig mit den Big Five: Spitzingsee, Eibsee, Kochelsee, Walchensee und Königssee.
Die flächenmäßig größten, die beliebtesten und bekanntesten: Jetzt war ich in allen.


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