Mit der 28 auf der Strecke – Volksschwimmen im Tachinger See

Der Zufall wollte es, dass ich vor einigen Wochen vom Volksschwimmen im Tachinger See erfuhr. Denn eigentlich wollte ich etwas anderes wissen, als ich durchs Netz stöberte.
Warum verzeichnete mein Beitrag über den Tachinger See so viele Treffer? Unablässig haben mir die Suchmaschinen Leserinnen und Leser, zumindest aber Klicks beschert. Denn der Begriff „Tachinger See“ in der Kombi mit „Schwimmen“ trieb so manchen Wissbegierigen in mein Blog.
Im Umkehrschluss habe ich selbst die Wörter gegoogelt, ich wollte wissen, ob es der Beitrag oder die Bildersuche war, ob ich dort so gut gelistet war oder was sonst vielleicht Neugierige angelockt haben könnte. Und so stieß ich eher zufällig auch auf die Ankündigung eine Volksschwimmens im See. Start: Tengling – Ziel: Taching. 3,1 Kilometer, kein Wettkampf, organisiert von den Wasserwachten der beiden Badeplätze.
Einziger Haken – Startzeit 9.00 Uhr morgens, Registrierung eine halbe Stunde vorher. Bei gemütlicher Anfahrt also sonntags verdammt früh aufstehen.
Egal. Also anmelden.
Das Wetter spielt mit. Als meine Frau, die mich begleitet, und ich morgens in Tengling ankommen, liegt der See spiegelglatt vor uns. Die Wasserwachten, die von anderen Stationen verstärkt werden, haben die Strecke bereits mit großen gelben Bojen markiert und ein aufgeblasenes Tor aufgestellt. Das schaut nett aus, bleibt aber letztlich funktionslos.
Man sieht kaum die Hälfte der Strecke, es kommt mir verdammt weit vor – aber der Kopf sagt mir, dass ich rund drei Kilomerter nicht wirklich selten schwimme. Was also ist das Problem?

Volksschwimmen Tachinger See: Startplatz in Tengling
Volksschwimmen Tachinger See: Startplatz in Tengling

Kaum registriert, malt mir jemand eine fette 28 auf den Oberarm. Volksschwimmen Tachinger See: Teilnehmer 28Es geht gemütlich zu, familiär und entspannt im Strandbad. Einige wärmen sich auf, andere nutzen die Zeit zum Plausch – die Schwimmer, es werden insgesamt 108 sein, sind ein bunt gemischtes Volk. Einige hochambitionierte dabei (obwohl kein Wettkampf), aber eben auch sehr viele, die es gemütlich angehen lassen wollen. Hagere, drahtige, muskulöse, Triathleten und gut genährte und beleibte Herrschaften, junge, alte, Männer und Frauen, ein paar Jugendliche – es geht den meisten nur um den Spaß und ums Ankommen, zwei Frauen in meinem Alter, die auf der Wiese neben mir stehen, haben Zweifel, dass sie die Strecke schaffen werden. Soweit sind sie noch nie geschwommen. Schwimmkappen und Brillen haben sie nicht, aber sie werden ohnehin Brust schwimmen. Hauptsache ankommen – und wenn nicht, ist es auch egal. Was eine entspannte Einstellung!

Einige, zu denen auch ich gehöre, überlegen, ob sie im Neo schwimmen werden oder nicht, entscheiden sich einige Male um und stehen doch am Ende in der Gummihaut im Wasser. Ein jeder, wie er mag. Etwa ein halbes Dutzend Teilnehmer hat sich Bojen umgegürtet.
Noch einmal fährt ein Wasserwachtler die Strecke mit einem Jetski ab, dann machen sich andere in voller Tauchermontur auf SUP-Brettern auf und positionieren sich an den Bojen. Die Strecke ist also bestens gesichert.

Volksschwimmen Tachinger See: Streckenkontrolle

Volksschwimmen Tachinger See: Vor dem Start

Als es Zeit wird, dass sich alle ins Wasser begeben, ist es kurz vor neun Uhr – wir erhalten letzte Instruktionen, die Streckenführung wird erklärt und wir werden dringend darauf hingewiesen, beim Verlassen des Wassers in Taching sofort unsere Nummer bekannt zu geben, zumindest, wenn diese nicht deutlich sichtbar, weil unter dem Neo verdeckt ist. 28 – 28 – 28.
Das gilt auch, wenn wir abbrechen. So kann jederzeit sichergestellt werden, dass niemand verloren geht.
Die Schwimmer im Neo klumpen sich ganz vorne zusammen, die meisten wollen Gas geben und  schnell Strecke machen, für sie ist es letztlich doch ein Rennen – und wenn es nur eine gegen die eigene Uhr am Handgelenk ist. Denn Transponder, die die Zeit nehmen, gibt es natürlich nicht – es ist ja kein Wettschwimmen. Und das macht es enorm entspannt und angenehm.

Volksschwimmen Tachinger See: Instruktionen für die Teilnehmer

Nach kurzer Anspreche gibt die Bürgermeisterin von Taching das Startsignal. Jetzt wird es ernst. Nein, nicht wirklich. Es geht ja um nichts außer dem Spaß an der Sache – und den sucht jeder dort, wo er will.

Volksschwimmen Tachinger See: Gleicht geht's los. Die Teilnehmer sind startklar

Kein Startschuss kracht aus einer Pistole, ein simples, freundliches „Auf die Plätze – fertig – los“ ertönt aus den Lautsprechern, dann setzen sich die 108 Teilnehmer in Bewegung, einige die ersten Schritte im flachen Wasser laufend, andere sich gleich nach vorne werfend und kraulend. Familienangehörige, Wasserwachtler und ein paar Urlauber schauen dem ganzen Spektakel zu.

Volksschwimmen Tachinger See: Start
Da ich es nicht sehr eilig habe und nicht den ambitionierten Schwimmern im Weg stehen will, gruppiere ich mich etwas seitlich ein und nicht in der ersten Reihe. War vielleicht nicht so klug. Denn als ich vom Laufen zum Schwimmen wechseln will, kann ich mich nicht einfach mit Schwung nach vorne werfen.  Eine Gruppe Frauen vor mir verhindert das durch intensiven Körpereinsatz. Als sie schließlich los schwimmen, komme ich weder rechts noch links vorbei, muss mich hindurch zwängen, was mir bei den Brustbeinschlägen der Frauen gleich ein paar Tritte beschert. Sei’s drum.

Volksschwimmen Tachinger See

Schnell zieht sich das Feld auseinander, die Spitzengruppe setzt sich ab, die Brüstler bleiben zurück – am Ende werden die ersten mehr als eine Stunde vor den letzten am Ziel ankommen. Als erster kommt Christof Wandratsch nach 41 Minuten in Taching an, wie ich tags drauf im Netz lese. Respekt!

Volksschwimmen Tachinger See

Während ich mich durchs Wasser bewege, meine übliche Zickzackschwimmerei mich gelegentlich vom Kurs abbringt und mir sicher 100 Meter oder mehr beschert, fährt meine Frau mit dem Wagen und meinen Sachen nach Taching, um mich dort wieder in Empfang zu nehmen. Viele Teilnehmer haben das so geregelt, andere, die allein gekommen sind, lassen von der Wasserwacht ihre Rucksäcke oder Taschen samt Garderobe und Handtuch nach Taching transportieren, um hernach per Boot wieder zum Startplatz und ihren Autos zurückgebracht zu werden. Es ist wirklich alles super organisiert.

Volksschwimmen Tachinger See: Am Ziel in Taching. Noch ist kein Schwimmer zu sehen

Nach etwas mehr als einer Stunde, ein paar extra Schlenkern und diversen Schwimmbrillenkorekturen, denn sie beschlägt erst und zieht dann Wasser, erreiche ich den Tachinger Badeplatz. Viele Leute stehen am Ufer und klatschen. Das ist unglaublich schön. Und besonders schön: Sie klatschen nicht nur für die Ersten sondern für alle, also auch für die vielen, die noch nach uns kommen werden.

Volksschwimmen Tachinger See: Ankunft am Ziel

Volksschwimmen Tachinger See: Raus aus dem Wasser

Natürlich hat die Wasserwacht Taching die Uhr mitlaufen lassen, denn jeder will wissen, wie lang er unterwegs war. Und jeder Teilnehmer erhält auch eine Urkunde, auf der die Zeit vermerkt ist. die Platzierung allerdings nicht. Es ist eben ein Volksschwimmen und kein Wettkampf. Aber das schrieb ich ja schon.

Fotos: Stefanie Hartl-Prauser

 


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