Der Spruch auf dem T-Shirt – der Spruch auf meiner Brust

Ein T-Shirt kann weit über die Grenzen des normalen Kleidungsstücks und modischer Streetwear hinaus auch beredtes Zeugnis einer Gesinnung, einer Vorliebe, einer Leidenschaft sein.
Soweit nichts Neues.
Wer zum Beispiel das T-Shirt mit dem Aufdruck einer Band trägt, wird deren Musik wohl nicht als Scheißhausmusik abtun. Wer I ❤ Berlin auf seiner textilierten Brust stehen hat, wird die Hauptstadt sicher besonders toll finden. Anhänger bestimmter Vereine machen mit Fan-Shirts ihre Zugehörigkeit kund mit, Regenbogen sprechen für sexuelle Orientierung und/oder sind stolze Bekenntnisse. Mit einem FCKNZS-Shirt schließlich verortet man sich selbst in einem bestimmten politischen Lager. Unschwer zu erkennen, in welchem.T-Shirt: FCKNZS

 

Umgekehrt reicht manchmal ein neutrales Shirt eines bestimmten Labels, um politisch verortet zu werden. Londsale oder Fred Perry haben durch die Vereinnahmung durch das rechte Lager zu spüren bekommen, was das bedeutet. Und es ist ein spannendes Experiment, selbst mal ein Londsdale Polo-Shirt anzuziehen und zu schauen, wie das eigene soziale Umfeld darauf reagiert und nicht zusammenbringen kann, was nicht zusammengehört. In abgeschwächter Form funktioniert das übrigens auch immer noch mit Fred Perry. Kleider machen Leute – soweit auch nichts Neues.

T-Shirts können Provokation und Evokation sein, Standortbestimmung und eine Aufforderung zur Interaktion – bzw. eine Aufforderung, dies gerade nicht zu tun. T-Shirts aus meinem Kleiderschrank, die ich selbst gestaltet habe,und über einen entsprechenden Shop, der auch Unikate anfertigt,gekauft habe, tragen den Aufdruck „You Read My TShirt! Thats Enough Social Interaction for One Day “ – was durchaus nicht als Spaß sondern Ernst gemeint ist. Vorzugsweise an Tagen, an denen ich auf Ansprache durch meine Mitmenschen gut und gerne verzichten kann, trage ich diese deutliche Botschaft. Danger – Do not touch ist der verzweifelte, weil wenig erfolgreiche Versuch, der Bussi-Bussi-Begrüßung, die zu verweigern im Münchner Raum einen grandiosen Fauxpas darstellt, abzuwehren. Es gibt Tage, da will ich von Fremden nicht geherzt, geknuddelt, nicht mal angefasst werden. Eigentlich will ich das nie – schon gar nicht überraschend. Aber das ist ein eigenes Thema.

Ganz anders ergeht es mir mit dem Leibchen, auf dessen Brustpartie der Vers Alles Irre …außer Renate prangt. Für die ersten Lesungen aus dem Buch Renate und das Dienstagsarschloch habe ich zwei davon anfertigen lassen. Schwarz mit augenfälliger Typo, das eine, tiefblau mit gelb-orangem Aufdruck das Andere. Das war sozusagen das Bühnen-Outfit. Da ich die Shirts nicht allzu intensiv getragen habe, sind sie auch ein paar Jahre später weder lappig noch ausgeblichen und damit auch gelegentlich als Streetwear im Einsatz.

T-Shirt: Alles Irre außer Renate

Und kein T-Shirt samt Spruch auf meiner Brust fordert meine Mitmenschen zu so viel Interaktionen auf, wie diese. Meine Mitmenschen schauen, stutzen, lesen, lesen noch mal, ob sie das auch richtig entziffert haben. Man sieht ihnen das Fragezeichen im Gesicht förmlich an.
Was soll das? Was heißt das?
T-Shirt: Alles Irre außer RenateDie Frauen an der Kasse in der Kantine irritiert das ebenso ebenso wie die im Supermarkt. Menschen, die einen Tisch weiter sitzen oder mir auf der Straße entgegenkommen, starren mir auf die Brust. Kolleginnen, selbst wildfremde Menschen fühlen sich gemüßigt, mir oder sich selbst langsam und laut zu wiederholen, was dort geschrieben steht. Es ist zu putzig – wie bei einer Leseübung der zweiten oder dritten Grunschuldklasse.

Als wollten sie sich vergewissern, was dort steht, weil sie es nicht glauben können oder anmerken, dass sie es nicht kapiert haben. Haben Sie? Ich denke nicht, denn den wenigsten dürfte dieses zauberhafte Erstlingsbuch von mir bekannt sein. Und daher verstehen sie das T-Shirt nicht.

Und dann wird es meistens kommunikativ. Manchmal sogar zu kommunikativ. Das hätte ich bedenken sollen.
Die einen lachen oder lächeln zumindest, die anderen wollen wissen, wer diese ominöse Renate ist.
Die Gattin? Die Mutter?
Und warum ist sie die einzige, die nicht irre ist. Was zeichnet sie aus?
Eine Person des öffentlichen Lebens, eine Roman-, Film- oder Serienfigur?
Ist das ein Zitat? Und wenn ja: Woraus und warum kenne ich das nicht?
Tja Leute. Ihr müsst nicht alles verstehen. Und Ihr könnt das auch nicht. So sehr Ihr Euch auch bemüht.

Und es gibt welche, die fühlen sich verunglimpft, weil sie eben nicht Renate heißen und damit zwangsläufig von mir als irre bezeichnet werden. Sie erkennen dabei aber nicht, dass ich selbst auch nicht Renate heiße, also auch irre bin.

Es ist so drollig. Und irre.
Weil wir alle irre sind – außer Renate.


Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld.
Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.

Wenn Sie wissen wollen, was es mit Renate auf sich hat, dann empfehle ich dieses Buch: Renate und das Dienstagsarschloch , das Sie in meinem Web-Shop aber auch in jeder stationären Buchhandlung bestellen können. Klicken Sie auf die Cover-Abbildung um mehr Informationen zu erhalten und in den Web-Shop zu gelangen.

Diesen Beitrag weiterempfehlen:

Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann

Subscribe to get the latest posts sent to your email.