Sonntag, das ist,… (23): Mit Obst matschen

Sonntag, das ist, mit Obst matschen.
Ein weiser Spruch könnte lauten: „Wer ernten will, muss auch gesät haben“; wobei das „gesät“ durchaus weiter gefasst auch „gepflanzt“ heißen dürfte. Oder – und das ist unsere Realität – er muss äußerst nette Nachbarn haben, die selbst kaum wissen, wohin mit dem ganzen Obst und uns fortwährend über den Zaun Zugriff auf Äpfel, Birnen, Brombeeren, Mirabellen und Zwetschgen geben. Denn so viel, wie deren Garten hervorbringt, kann ein einzelnes Paar kaum verschmausen. Und Abnehmer:innen für Obst zu finden, ist auf dem Land wie auch (so vermute ich) in gartenreichen Siedlungsgebieten eher schwierig. Wer ein altes Haus mit Garten und Obstbäumen hat, weiß selbst kaum wohin, mit den eigenen Früchten und bedarf der Ernte beim Nachbarn eher nicht.
Während also im urbanen Umfeld in den Bioläden und -märkten Gartenobst für ein kleines Vermögen angeboten und auch verkauft wird, biegen sich in ertragreichen Jahren bei uns auf dem Land ringsum die Zweige von Bäumen und Sträuchern. Und keiner will ernten, zumindest nicht alles. Der Ruf „Kommt und holt Euch was!“ hingegen verhallt ohne Reaktionen aus besagten Gründen. Aber natürlich möchte auch niemand, dass die ganzen Stoderer aufs Land rauskommen und durch die Gärten zum Ernten stapfen.

Sieben Kilo Brombeeren fristeten einige Wochen das Dasein im Gefrierschrank, eingefroren in Kilo-Joghurteimern und somit reichlich platzraubend. Es ist die Beute des eigenen Brombeerstrauchs wie auch ein nicht unwesentlicher Teil des nachbarlichen, an dem sich alle gütlich getan haben, am Ende aber fast nur noch die Vögel und Wespen.
Dann mussten die Brombeeren in der Kühle weichen. Apfelkompott will in die Truhe – oder muss, stiegenweise Äpfel wurden geschält, entstielt und entkerngehäust, gekocht, püriert und abgepackt. Die Brombeeren wiederum wurden aufgetaut, aufgekocht, durchs Sieb passiert und der zähe Brei zu Marmelade verarbeitet. An dieser Stelle sei pro forma erwähnt, dass ich den Brit:innen jedes Recht abspreche, seit sie aus der EU ausgetreten sind, uns mit ihrer feinen Differenzierung zwischen marmelade und jam zu schikanieren und uns untersagen, zu einfach jedem fruchtigen Brotaufstrich tatt Konfitüre Marmelade sagen zu dürfen Soweit kommt’s noch!
Also kochen wir Marmelade aus Orangen und Zitronen, soweit würden die Brit:innen mitgehen, aber eben auch aus Aprikosen, Mirabellen, Äpfeln und Brombeeren. Mir ist das kackegal, was die auf der Insel von dieser Nomenklatur halten.
Das Kochen von Marmelade ist eine schöne Sonntagsbeschäftigung, sie macht mal mehr, mal weniger Sauerei. Mal ist sie mehr, mal weniger zeitintensiv. Und sie lässt viel Spielraum für Experimente. Neben Brombeere pur, vermatsche ich die Beeren zum Beispiel auch gern mit anderem. So entstehen dann Mischungen wie Brombeere/Apfel, bei uns Brombapfel etikettiert und Brombeere mit Nektarine, die zugegeben zugekauft wurde. Die aber nicht als Brombeerine gelabelt. Denn seit ich weiß, dass ein Verwandter Stachelbeer/Apfel als Stachapfel in Umlauf brachte, aber nachbarliche Empfänger edler Marmeladengeschenke das Etikett als Stechapfel lasen und sichtlich irritiert waren, lasse ich diese Kofferwörter. Stechapfel ist bekanntlich wenig gesund, und wer will sich beim Verschenken von Marmeladengläsern schließlich dem Verdacht aussetzen, er habe vor, die halbe Siedlung auszurotten. Bringt ja auch nichts – nur noch mehr Obst.

Die Vermischung von Früchten ist ebenso spannend wie die Beigabe von Alkoholika, Minze oder Rosmarin. Mancher Versuch ging kläglich daneben, das Rotweingelee schmeckte fies, die Löwenzahnblütenmarmelade so, als würde man eine Wiese abweiden und Sternfrucht irgendwie nach gar nix.

Eine Neukreation verdanke ich einer Inspiration aus Niederhollabrunn im Niederösterreichischen: Marmelade mit Kaffeesud. Erstmals nachgekocht in diesem Jahr. Und als Krönung gebe ich ein Stückchen bittere Schokolade dazu. Mehrere Gläser Brombeere mit Kaffee und Schokolade stehen verzehrbereit im Schrank. Es ist eine sehr ungewöhnliche Geschmackserfahrung, denn jeder einzelne Bestandteil, also Frucht, Kaffee und Schokolade schmeckt sehr intensiv. Und alle drei Bestandteile entwickeln erst nacheinander ihren Geschmack. Den Auftakt macht die Beere, dann folgt der Kaffee und zum Schluss schmeckt man ein wenig das Schokoladige.
Weil mich das überaus beeindruckt und überzeugt hat, wurde gleiche Kombi noch mal mit Apfel gekocht, also Apfel, Kaffee, Schokolade. Das schmeckt super gut, sieht aber wenig appertitlich aus, aber mal ehrlich: Erdnussbutter oder Schokocreme sehen ja auch irgendwie scheiße aus. Und das Auge isst schließlich auch mit. Vor allem beim Sonntagsfrühstück.

Mit den Birnen geht’s dann mit dem Matschen weiter. Matschen und mixen. Mein Favorit: Birne mit Whisky. Das war übrigens eine Idee meiner Mutter, ihr zu Ehren wird das dieses Jahr mal wieder gemacht.


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1 Antwort

  1. Naya sagt:

    Oh ja, das mit dem Obst kenn ich auch. Nachdem mich meine Familie ein paar Jahre beim Verteilen vergessen hat, kann ich mich jetzt kaum davor retten. Aber was nicht verarbeitet wird, wird bei den Beeren dann von Vögeln geerntet und die letzten Quitten wurden Pferdefutter.

    Und genauso die Marmeladenexperimente (und ja, definitiv Marmelade, nicht Konfitüre!):
    Bei mir gab es dies Jahr aus dem elterlichen Garten Apfel-Schlehe, Apfel-Aronia und Bratapfel. Letzteres nicht nur mit Gewürzen, sondern auch mit ner Menge Marzipan, was dem ganzen eine tolle Konsistenz verleiht, aber nicht ganz zu sommerlicher Hitze passt :D
    Wenn die Vögel mir Kornellkirschen übrig gelassen haben, werd ich die mit den tiefgefrorenen Erdbeeren mischen.
    Und dann sind ja auch die Quitten schon bald wieder dran.

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