Sie sind wieder da
Sie sind wieder da, die Erdkröten.
Wie jedes Frühjahr.
Und wie jedes Jahr gibt es eine Gruppe engagierter Freiwilliger, darunter auch ich, die morgens und abends einen Spaziergang an den Krötenzaun am Dorfrand machen und die in die Eimer gefallenen und dort „gefangenen“ Tiere sicher über die Straße bringen.
Besser ist, ein paar Stunden im Eimer ausharren, als unter einem Autoreifen zu Matsch gefahren und damit zu Krähenfutter verwandelt werden.
Denn das ist bedauerlicherweise allzu oft der Fall – vor allem bei den Kerlen. Die nämlich bilden die Vorhut, stapfen los zum Paarungsgewässer bis sie irgendwann auf der Strecke durchs Gelände eine Fläche finden, die ihnen einen guten Überblick verschafft. Dann machen viele Krötenmänner halt, schauen sich um und warten auf die Weibchen. Denn wer auf dem Weg gleich eine abgreift hat gleich mehrere Vorteile: Das Weibchen ist die seine, und die schleppt ihn dann auch, denn sofort springt er auf sie und nimmt sie in einen fortwährenden Klammergriff.
Blöderweise verwechseln Krötenmänner Straßen genau mit solchen Aussichtsflächen, weshalb man sie oft regungslos hoch aufgerichtet auf der Fahrbahn sitzen sieht. Die Lichter eines heranbrausenden Fahrzeugs sehen sie nicht als Gefahrenquelle, soweit ist die Evolution noch nicht. Also machen sie auch keinen schlanken, lebensrettenden Fuß mit einem Sprung vom Asphalt.
Genau das ist ihr Verhängnis. Und genau darum stellen wir Zäune auf und sammeln die Kröten ein und bringen sie sicher hinüber zum Teich.
Wer morgens kontrollieren geht, hat dann das „Glück“ relativ inaktive Tiere vorzufinden, die sich, weil wechselwarme Tiere sind, die sich noch nicht wirklich auf „Betriebstemperatur“ befinden, kaum rühren und höchst charmant fotografieren lassen. Es gehört also weder viel Glück noch langes Warten dazu, entsprechende Bilder auf der Speicherkarte zu haben, wie ich vor kurzem gefragt wurde, als ich ein Krötenfoto bei Twitter (und nicht nur dort) hochlud, verbunden mit der Bitte:
Sie laufen wieder. Bitte achtet auf sie. Vor allem nachts an regnerischen Tagen.
Was die Zäune bei uns von vielen anderen Krötenwanderwegen unterscheidet, ist, dass wir auch den Rückweg absichern. Das ist längst nicht überall der Fall aber auch nicht überall notwendig. Denn während Männchen wie Weibchen vom Winterquartier aus dem Wald über die Wiese zur Straße vorhüpfen, der Zaun die meisten ausbremst und es am Ende doch leider in paar Tiere erwischt, verlassen viele Erdkröten nach der Paarung den Weiher in ganz anderer Richtung zu ihren Sommerquartieren.
Aber etwa ein Drittel kehrt auch auf dem Weg zurück, auf dem es gekommen ist – weshalb auch auf der anderen Seite ein Zaun steht und die Tiere auch dort gefangen und sicher über die Straße gebracht werden. Und was so ein richtiger Statistiker mit Feuereifer ist, der führt natürlich Buch, verexcelt die Meldungen der Kontrollgänge und weiß: Vom 12. März bis zum 27. April wurden 2022 wurden 517 Kröten über die Straße gebracht, 361 auf dem Hin- und 156 auf dem Rückweg. Dazu ein paar Molche und mehrere Grasfrösche. Und damit nicht genug. Im Vergleich zu 2021 war das eine Steigerung auf 179% des Vorjahresniveaus. Vor allem die Zahl der Rückläufer nahm mächtig zu, sie verdreifachte sich. Hach, ich liebe Zahlen und Vergleiche.
Mal sehen, wie 2023 im Vergleich zu 2022 abschneiden wird…
Vielen Dank fürs Lesen.
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Einfach Gefällt mir klicken mag ich nicht. Dabei sind deine Fotos immer erstklassig und Kröten mag ich auch. Sie sind warm, weich, samtig und überhaupt nicht glitschig – wie ich früher immer dachte.
Ich danke Dir.
Ich mag sie auch und bin jedes Jahr immer wieder neu fasziniert, wenn ich auf Kontrollgang bin.
Dein Beitrag kommt genau zur richtigen Zeit. Jüngst wurden in meinem Wandergebiet einige Zäune errichtet Wenn ich am Wochenende eine Tour plane, werde ich jetzt eine Kontrollstrecke mit einbauen. Vielleicht kann ich ja auch Leben retten. Danke!