Schwimmen gehen in Zeiten von Corona? (#01): Ein vorübergehender Abschied

Schwimmen gehen in Zeiten von Corona?
„Ich glaube, das ist der schwierigste Blogbeitrag, den ich bisher geschrieben habe“, hat am 13.03.2020 Bianca Tchinda ihren Beitrag zu diesem Thema über die noch nicht erfolgte Schließung der Berliner Schwimmbäder eröffnet. Darin fordert sie die Berliner Bäderbetriebe auf, die Schwimmbäder zu schließen – was ihr persönlich als leidenschaftliche Schwimmerin gar nicht behagt.
Tags darauf – so ein Update – ist diese Schließung erfolgt.

Wie auch in Bremen, Ludwigshafen, Kiel, Halle, Stuttgart und vielen anderen Städten. „Social Distancing“ ist angesagt. #flattenthecurve.

Unser städtisches Schwimmbad allerdings hatte vergangenes Wochenende noch geöffnet. Noch!

Das Bad ist leer - Corona

Es war für mich verwunderlich, dass das Bad am Samstag noch zugänglich war, schließlich ist die benachbarte Eissporthalle, die ebenfalls von den Stadtwerken betrieben wird, mittlerweile dicht.
Und auch die weltgrößte Therme musste auf Anordnung des Landratsamts Erding zusperren.

Folglich rechnete ich auch mit verschlossenen Türen, aber so war es nicht.
Wie gesagt: Noch nicht.
Also rein. Ein letztes Mal in dieser Saison.

Im Bad selbst bestätigte sich, was der Blick durch die Glasfronten vorher schon hat ahnen lassen: Geisterstimmung, gähnende Leere. Wir waren mal zu dritt, mal zu sechst.
Nicht auf der Sportbahn.
Im Becken.

Freie Bahn - Corona

In der gesamten Anlage vielleicht 30 Leute – normalerweise ist an einem Samstag Nachmittag hier die Hölle los. Heute nicht, und das ist ganz sicher nicht dem sonnigen Frühlingswetter geschuldet. Was mich am meisten überrascht: Ein nicht gerade kleiner Anteil der Besucher sind die, denen besonders dringend geraten wird, daheim zu bleiben: Alte Leute. Einige kenne ich vom Sehen: Sie sind Stammgäste wie ich, wir nicken uns zu.

War mir mulmig? Habe ich ein schlechtes Gewissen?

Die meisten der an diesem Samstag geschwommenen 120 Bahnen habe ich intensiv darüber nachgedacht. Muss ich ein schlechtes Gewissen haben? Muss ich Angst haben, mich anzustecken, oder falls ich unbemerkt und symptomlos das Virus mit mir herumschleppe, andere zu infizieren?

Am Freitag las ich auf swim.de, dass die Frage, ob schwimmen gehen oder nicht weniger eine medizinische, denn eine moralische ist. Denn das Infektionsrisiko ist extrem gering, es geht eher darum, ob ich mich im öffentlichen Raum bewege und den Appell der Bundeskanzlerin missachte, möglichst alle Sozialkontakte einzustellen, auch aus Verantwortung gegenüber alten Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen. Was ist mit den Älteren, die selbst entschieden haben, ins Schwimmbad zu gehen?

Kaum einer in Gebäude - Corona

Ja, es ist reizvoll, eine Sportbahn für sich zu haben, das Becken mit kaum jemanden teilen zu müssen. Aber der Preis dafür, den die Gesellschaft gerade bezahlt, ist verdammt hoch, viel zu hoch. Ist es daher egoistisch, dumm, unverantwortlich, leichtfertig, fahrlässig, in ein geöffnetes Schwimmbad zu gehen?
120 Bahnen sind viel Zeit, um darüber zu reflektieren.

Was zum Beispiel, wenn einfach keiner da ist, mit dem man Sozialkontakte hätte haben können?

Klare Sicht auf den Beckenboden - niemand da

Bei drei bis sechs Leuten im Becken und nicht mal 40 im ganzen Gebäude ist die Frage nach Abstand zu anderen Menschen im Vergleich zu dem, was ich vorher beim Bäcker erlebte, eher vernachlässigbar. Wir kommen einander nicht näher, husten uns nicht an, schütteln keine Hände, wir reden nicht mal miteinander.
Im Chlorwasser infiziert man sich nicht, wie überall – auch auf einem großen Hinweisschild im Foyer – zu lesen ist.
Und im übrigen Bereich des Gebäudes? Was, wenn man selbst seine Finger bei sich behält, nicht alles anlangt und vor allem nicht das eigene Gesicht, sich ordentlich abseift, nicht rumhustet oder -niest und auch am Ende die Hände desinfiziert… – eben all das tut, was seit Tagen als beste und sinnvolle Verhaltensmaßregeln gepredigt wird?

Kurz vor der Schließung wegen Corona?

Dann bleibt trotzdem die Frage der Moral übrig. Und die, da hat Peter Jacob auf Swim.de richtig geschlossen, „muss jeder einzelne für sich selbst beantworten.

Laut Anordnung der bayerischen Staatsregierung muss das Bad nun auch schließen. Damit erübrigt sich weiteres Nachdenken.

Dann also war das der letzte Besuch in dieser Hallenbadsaison.
Ende April würde das Bad sowieso für den Sommer geschlossen – ob dann aber das Freibad im Mai planmäßig eröffnet?
Niemand kann das heute wissen.

Leere Stühle

Sofern Sie es sind: Bleiben Sie gesund
Falls nicht: Baldige Genesung


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2 Antworten

  1. Manni sagt:

    Also ich gehe auch 1 x pro Woche ins Schwimmbad ! Gut keine 120 Bahnen aber so um die 40 schwimme ich auch ! Seit letzter Woche nicht mehr !
    Hat es geschlossen ? ich weiß es nicht !
    Mir ist einfach die Lust vergangen das ist das Thema !
    Was die Freibäder anbetrifft ok da kann noch niemand was sagen und glauben wir mal nicht an die Prognosen das der Höhepunkte der Welle eh erst im Sommer auf uns wartet !

  2. … und das ist alles erst der Anfang.
    LG Jürgen