Blogparade „#17 Jahr“ – Von der „Freiheit“, ein Arschloch zu sein

17 – ein magisches Alter? Zumindest ist das so, wenn man den Texten alten Schlagern trauen darf. Aber wer tut das schon?
Wie auch immer – 17 Jahre. Wie war das damals? Das ist Thema meiner Blogparade im November 2019. Wenn Sie mitmachen möchten, finden Sie alle relevanten Infos unter dem Link hier oder Rechts im Bildchen.

Hier nun mein eigener Beitrag:

17 Jahre – Von der „Freiheit“, ein Arschloch zu sein

Arroganz mit 17 - welch ein Schnösel

Vor einigen Wochen las ich bei Twitter den Aufruf, man solle niederschreiben, welche drei Dinge man sich selbst als Teenager im Rückblick sagen wolle. Sozusagen die Ratschläge des älteren, gereiften Alter Egos an sich selbst. Natürlich mit dem Wissen des Älteren, wie sich das weitere Leben so entwickelt, welche Fehler man hätte vermeiden können, sollen, wie man sein Leben in welche Bahnen hätte schieben können.

Zu diesem Thema gibt es reichlich Literatur, Filme, Gedankenspiele. Letztlich meist die Ermahnung des Seniors an sich selbst, Fehler, die man gemacht hat, zu meiden bzw. das Bedauern über begangene solche.

Was hätte ich mir also selbst als 17jährigen geraten? Was wären die drei Empfehlungen?

Über 35 Jahre später?

Nun. Ich habe tatsächlich darüber nachgedacht, aber nicht darüber getwittert, sondern es als Gedankenspiel für diese Blogparade aufgehoben.

Also:

17 Jahr - blondes Haar - sonst eher nichts

1. Nimm nicht so wichtig, was sie sagen, Du kannst es ihnen sowieso nicht recht machen.

Das mag im Rückblick bitter klingen, aber entspricht durchaus den Tatsachen. Als schlechter Gymnasiast mit verheerenden Noten in der Mittelstufe (wovon hier zu lesen ist), wurde mir daheim nicht nur einmal der Satz entgegen geworfen, mit solchen Noten könne ich ja eigentlich nur zur Müllabfuhr gehen. Das motiviert, das baut auf. Nicht.
Aber es waren nicht nur die miserablen Leistungen in der Schule, die es mir als Siebzehnjährigen (und die Jahre vorher noch mehr) schier unmöglich machten, den Ansprüchen vor allem meines Vaters gerecht zu werden. Dabei waren die gar nicht mal so hoch angesetzt, was ich fairerweise erwähnen sollte. Ihm fehlte einfach nur das Vertrauen in meine Fähigkeiten, mir dann auch, und irgendwann war es mir auch egal.
Ein Beispiel?
Bei angeforderter Hilfestellung in Haus und Garten war ich immer der, der die Leiter halten sollte, hundertmal von über mir gefragt wurde, ob ich die Leiter auch wirklich festhalte oder beim Bohren das Staubsaugerrohr in Position bringen musste, um den Bohrstaub gleich abzusaugen. Niemals aber bekam ich die Bohrmaschine in die Hand. Das hätte mein Vater im Leben nicht gemacht,er kam gar nicht erst auf die Idee, mir das anzubieten, damit ich das auch mal lerne…
Da war kein Zutrauen, kein Vertrauen – vielleicht nicht ganz zu unrecht. Denn, wenn man beides sowieso nicht erlangen kann, warum hätte ich mich besonders anstrengen sollen, warum hätte ich überhaupt fragen sollen, ob ich das mal machen darf?
Erwartungen zu erfüllen war noch nie meine Kernkompetenz – und das ist auch so geblieben.
Auch das prägt… Aber das ist eine andere Geschichte.

2. Studier was Du willst, egal, was es ist. Du schaffst das. Und findest damit auch einen Job.

Vielleicht war es der Fehler meines Lebens, nicht das zu studieren, was mir am meisten Spaß gemacht hätte – vielleicht auch nicht. Wer kann das wissen. Und heute ist es auch egal. Jedenfalls kann ich nicht sagen, dass ich es nicht „verwunden“ hätte, beruflich etwas ganz anderes zu machen als ich eigentlich wollte. Vielen geht das so. Viele haben zeitlebens ein Problem damit. Ich zum Glück nicht. Aber auch das ist ein anderes Thema.

Der entscheidende Ratschlag aber wäre dieser:

3. Blas Dich nicht so auf. Und sei nicht immer so ein Arsch.

Mit 17 - auf Skiern. Mit viel Begeisterung für sich selbst

Denn Arsch sein konnte ich. Vor allem mit 16 oder 17 Jahren. Gegen alle und gegen jeden. Arsch sein kann ich auch heute – aber ich versuche, es möglichst in Grenzen zu halten, es lebt sich einfach entspannter mit anderen Menschen zusammen.
Damals aber war es ein wunderbarer „Panzer“ – die Mischung aus Arschlochverhalten und Arroganz, die mir all die Leute vom Leib gehalten hat, die ich nicht leiden konnte.
Die Strategie ging auf – ich wollte in Ruhe gelassen werden. Von allen und von jedem. Und die meisten hielten sich auch daran, wer schließlich lässt sich schon mit so einem ein?

Das soll keine Selbstanklage sein, auch keine unterschwellige späte Entschuldigung irgendjemandem gegenüber – lediglich eine Bestandsaufnahme.

Dabei gab es nichts, auf das sich meine Arroganz hätte beziehen können. Es gab keine sportlich relevanten Leistungen, auf die ich mir etwas einbilden hätte können. Niemand, der hätte sagen können: Was für ein Superfußballer, den wollen wir in der Mannschaft haben (Kunstsück: Ich spielte ja auch nicht), was für ein schneller Läufer, was für ein Muskelprotz oder rasanter und wagemutiger Skifahrer. Letzteres gelang mir damals allerdings einigermaßen gut, es gab nur wenig Gelegenheiten oder Zeugen, das zu beweisen – und mein Bruder fuhr mir damals einfach immer davon.

Es gab zwar nach der Mittelstufe bessere, aber keineswegs herausragende Schulnoten, auf die ich mir hätte etwas einbilden können. An fehlenden Fähigkeiten wird es nicht gelegen haben – eher an mangelndem Fleiß, an mangelndem Interesse und an dem Verständnis, wozu das alles notwendig ist.

Besondere Talente oder Fähigkeiten, Begabungen, die ich genutzt hätte, um zu glänzen? Fehlanzeige. Die Figur eines Spargels mit einem kindlichen, für mein Alter viel zu jungem Gesicht. Aber ich fand mich toll. Wenigstens einer. Und alle anderen waren mir irgendwie egal.

„Der Knoten platzt schon irgendwann,“ meinten Freunde, Verwandte, Lehrer, wer auch immer zu meinen Eltern, sie sollten einfach Geduld haben mit mir. Das hatten sie. Was blieb ihnen anderes übrig?
Vor die Tür gesetzt jedenfalls haben sie mich nicht, obwohl ich oft meinte, sie hätten es gerne getan – und dann doch wieder nicht. Meine Mutter hat wohl am meisten darunter gelitten, so ein Kaktus von Sohn, so einen stacheligen, kratzigen, verletzenden, eigensinnigen, schwierigen Jungen im Haus zu haben. Einen, der höchst charmant sein konnte, aber eher unberechenbar war, einen, der sich seit Jahren immer wieder kolossal daneben benommen hat, vor allem, wenn es nicht nach seinem Willen ging, oder den man besser einfach in Ruhe gelassen hätte. Ich glaube, diese Haltung hat man mir ansehen können. Ein Foto, das mich mit 18 und dem Gesicht eines 14 Jährigen zeigt, spricht Bände:

18 - mit dem Gesicht eines 14 Jährigen.

„Schau nicht immer so kritisch, so verschlossen, so genervt, so gelangweilt, so desinteressiert.“
„Ich schaue, wie ich immer schaue, ich habe nur dieses eine Gesicht.“
„Lächle wenigstens!“
„Warum?“
„Für’s Foto!“
Das Ergebnis: Die Mundwinkel maximal einen Millimeter nach oben verzogen. Welch ein Entgegenkommen, welch Gnadenerweis. Aber mal ehrlich: Alles andere wäre nur Grimasse geworden.

Es war eine schwierige Zeit – und das war nicht nur dem Alter des Siebzehnjährigen geschuldet. Türen flogen, ich schloss mich in mein Zimmer ein oder ging einfach aus dem Haus, meist zu einem Spielplatz, an dem sich andere meines Alters an der Beton-Tischtennisplatte trafen. Wir spielten Rundlauf bis es dunkel wurde. Kein Alkohol, keine Drogen, kein tragbarer Radiorecorder aus dem Musik schepperte. „Abhängen“ hatte damals ganz andere Qualitäten. Meine Eltern haben das mit gewissem Wohlwollen gesehen, endlich entwickelte ich mal wieder so etwas wie soziale Kontakte und vergrub mich nicht nur in meiner „Höhle“. Es war der Beginn reichlicher Aktivitäten, Cliquenbildung, Freundschaften… etwas, was ich in der Zeit nach der Grundschule bis zu diesem Alter kaum zugelassen hatte.

Der Knoten schien wirklich zu platzen.
Mein „Arschlochverhalten“ wurde weniger und weniger. Es gab schließlich so viele Leute, von denen ich etwas wollte, auf die ich angewiesen war, vor allem im Studium, im späteren Berufsleben, im sozialen Umfeld.
Ich lernte, zu funktionieren. Sonst läuft’s nicht.

Möchte ich heute noch mal 17 sein?

Nein!
Aber ein „Arschloch“ möchte ich gelegentlich schon sein. Und zumindest den Anschein einer gewissen Arroganz scheine ich noch immer auszustrahlen – vor allem gegenüber Leuten, die ich nicht in meiner Nähe haben will und die so von sich aus auf Abstand bleiben. Das funktioniert noch immer.

Alle Beiträge der teilnehmenden Blogger finden Sie hier aufgelistet.


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