Mediatipps (Teil 26): „Lebenslauf – Kein Wettkampf“ von Lutz Balschuweit

„Was ich Ihnen hier vorlege, ist keine Biographie, kein üblicher Lebenslauf. Denn dieses Büchlein behandelt eigentlich die erst die Zeit ab meinem vierzigsten Lebensjahr… Es ist auch kein ‚Laufbuch‘. Denn wenn ich nur liefe und darüber schriebe, dann wäre dieses Buch hier eines der üblichen Laufbücher.“ Lutz Balschuweit lässt keinen Zweifel daran, was sein Buch Lebenslauf – Kein Wettkampf nicht ist. So verrät es gleich der Umschlagtext.
Was dann?
„Durch mein Laufen veränderten sich Werte, Verhaltensweisen, Möglichkeiten und die Kommunikation darüber und somit auch alle anderen Bereiche des Lebens!“
Das klingt interessant – vielversprechend auch für einen, der mit Laufen so gar nichts am Hut hat: Also mich.
Da bricht (wieder) einer in der Mitte seines Lebens, ein wenig gebeutelt von Sinnkrise, Unsportlichkeit und Übergewicht auf. Da reißt einer das Steuer herum. Aus einem Pfundskerl (im wörtlichen Sinn) wird ein Dauerläufer, einer, der täglich auf die Strecke geht und damit sein Leben radikal umkrempelt. Balschuweit wird zum Täglich-Läufer – und das über Distanzen, die größten Respekt verlangen.

Sport als Befreiungsschlag aus eingefahrenen Lebensbahnen zu entdecken und zu nutzen, ist nicht besonders neu. Viele Menschen machen so etwas. Die einen beginnen zu laufen, andere zu radeln, zu wandern, zu schwimmen. Es ist auch nicht neu und auch nicht besonders originell, dass Menschen das, was sie dabei und damit erleben, in Worte kleiden: Blogs, Bücher und Podcasts sind dabei die bevorzugten Medien zur Schilderung des Erlebten, auch zur Reise zum eigenen Ich, auch zur Reflexion ihrer bisheriger Lebensweise – und der Neuausrichtung des inneren Kompasses. Ich nehme mich da mit meinem Blog und meinem Buch gar nicht aus – und ich finde das auch vollkommen in Ordnung. Balschuweit startete mit einem Blog, es folgte das Buch.

Um die zentrale Entscheidung, die man allerdings treffen muss, drückt mein Namensvetter Lutz Balschuweit sich etwas herum: Kein Laufbuch wollte er abliefern, aber irgendwie ist es das doch. Für Läufer vielleicht sogar etwas zu dünn, was harte Fakten der Strecken angeht, für Nicht-Läufer aber ist es etwas arg viel „Gerenne“ durchs Bergische Land, dafür zu  wenig „Nabelschau“, zu wenig Atmosphärisches und noch weniger Anekdotisches drum herum.
Zugegeben, auch das gibt es im Buch: Ja. Aber es ist mir etwas zu mager. Ich hätte mehr die Geschichten und Geschichtchen gelesen, alles etwas farbiger, etwas bunter, etwas näher dran, so dass man als passionierter Nicht-Läufer trotzdem abgeholt und mitgenommen wird und die gemachten Erfahrungen und Erzählungen auf die eigenen und sich selbst transformiert, ganz vielleicht sogar motiviert wird, etwas Ähnliches zu probieren.

Allerdings blieb ich beim Lesen, um im Bild zu bleiben, oft genug auf der Strecke zurück, rannte hinterher, die Distanz zu Balschuweit wurde immer größer und wie wohl beim Ausdauersport so ist: Irgendwann verliert man  die Motivation, sich vielleicht doch wieder anzunähern, ihn sogar einzuholen. Weil es aussichtslos ist.
Und manchmal ging mir zudem die Orientierung verloren. Nicht jeder ist mit den Ortschaften des Bergischen Landes bei Hückeswagen, Radevormwald, Lennep usw. vertraut. Nicht jeder weiß, dass wir uns hier südlich von Wuppertal und östlich von Köln befinden, was wo liegt, was wie weit entfernt ist und vor allem, wie es dort ausschaut. Ich will nicht ungerecht sein, Balschuweit erzählt viel über die Strecken, beschreibt auch die Landschaft und Topographie. Trotzdem ertappe ich mich immer wieder dabei, erst einmal Google Maps öffnen zu wollen, um mir einen Überblick zu verschaffen. Hä? Wo sind wir eigentlich gerade?
Ich liebe Lokalkolorit und die Verankerung solcher Schilderungen an/in eine ganz bestimmte Region. Aber wenn ich in Gedanken mitwandern, laufen, radeln oder sonstwas soll, dann würde ich gerne wissen, wo ich bin, wo es hingeht und mir nicht erst im Netz Orientierung verschaffen.

Irgendwann bleibe ich (wieder in Gedanken) mit dem Dreiviertel gelesenem Buch stehen. Noch mal anfangen? Noch mal einstarten? Das letzte Stück? Der Vollständigkeit halber oder weil ich es wirklich zu Ende lesen will, wie ein Läufer vielleicht seine Strecke zu Ende laufen möchte?
Der muss aber laufen, sonst kommt er nicht zum Ausgangpunkt zurück oder am Ziel an. Ein Buch kann ich auch fast ausgelesen ohne Finish ins Regal stellen. Also muss mich entscheiden. Die Beine sind müde, der Atem kurz. Die Motivation zerrinnt.
Beim Lesen vermisse ich etwas den Spannungsbogen, die Weiterentwicklung, die Dramaturgie. Es ist wohl wie ein Langstreckenlauf: Schritt für Schritt machen, Seite für Seite lesen – und Durchhalten.
Oder eben nicht.


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Lutz Balschuweit: Lebenslauf: Kein Wettkampf
Erhältlich als Taschenbuch, eBook oder Hörbuch

Broschiert / 276 Seiten / Verlag: epubli / Erschienen 16.01.2018 / Sprache: Deutsch
Buch ISBN 9783745082371
eBook ISBN 9783742755438
Hörbuch ISBN 9783962467982

Preis: 9,99 €


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