Mediatipps (Teil 13): „Im Element“ von Martin Tschepe

Mit Martin Tschepe teile ich mir zwei Leidenschaften: Schreiben und Schwimmen. Trotzdem trennt uns vieles. Während er im Fach geblieben und Berufsjournalist geworden ist, habe ich mich beizeiten von der Tages- und Lokalpresse verabschiedet und mich beruflich anders orientiert. Und während Martin Flüsse der Länge nach abschwimmt, Inseln im Meer umrundet und die größten deutschen Seen der Reihe nach längs (!) durchquert, dilettiere ich am anderen Ende als leidenschaftlicher Schwimmer von Strecken, die kaum mehr als 4 Kilometer lang sind. Martin allerdings schwimmt ebenso leidenschaftlich das Zehnfache oder mehr.
Jetzt hat er seine beeindruckenden Schwimmabenteuer und -erlebnisse in seinem Buch „Im Element – Geschichten vom Schwimmen“ niedergeschrieben. Ehrensache, dass ich es sofort gekauft und gelesen habe, ebenso Ehrensache, dass ich es in dieser Reihe vorstelle.

Martin Tschepe, Jahrgang 1965, nimmt seine Leser mit ins Freuwasser: Zuerst in die Flüsse, den Neckar herab, 300 Kilometer. Danach erzählt er vom Schwimmen in den 10 größten Seen, vom Müritzsee, Chiemsee, Steinhuder Meer und vielen anderen.
Weiter geht’s ans Meer: Die Nordsee, den Ärmelkanal und das Mittelmeer. Schließlich als krönenden Abschluss die Meisterdisziplin: Das Eisschwimmen.

Wer selbst gern im Freiwasser unterwegs ist, kann da schon manchmal etwas neidisch werden: Zum Einen wegen der großen Distanzen, die Martin mühelos zurücklegt. Ich erinnere mich, dass er sein Projekt Seensucht gerade gestartet hatte und via FB nach Übernachtungsmöglichkeiten und Mitschwimmern fragte. Da hätte ich, wäre ich in dieser Zeit nicht im Urlaub gewesen, vermutlich das Fingerchen gehoben, dass ich wenigstens ein Stück Strecke im Chiemsee mitschwimmen will.
Und wäre kläglich dabei gescheitert. Zumal er ja mit den beiden Schwimmcracks überhaupt an den Start gegangen ist: Christof Wandratsch, der einfach der „Gott der Extrem- und Eisschwimmer ist“ und Jochen Aumüller, der als Ortsansässiger den Chiemsee wie kein Zweiter kennt und unter anderem ein monatliches Vollmondschwimmen im See veranstaltet, an dem ich auch einmal teilgenommen habe. So lese ich lieber zwei Jahre später von diesem Schwimmerlebnis daheim auf dem Sofa, während von draußen der Regen gegen die Fenster trommelt. Etwas, was Martin wohl nicht abschrecken würde, eine Runde Schwimmen zu gehen.

Zum anderen ist beneidenswert, dass Tschepe seine Schwimmaktionen einfach durchzieht. Wer will überlegt, plant, zögert, kommt nicht so oft ins Wasser. Und wer fragt, ob er das überhaupt darf, kommt vermutlich auch um das eine oder andere Vergnügen. Eine durchaus nachvollziehbare und vernünftige Einstellung.
Bambergs Altstadt schwimmend zu umrunden oder in Berlin mal einfach durchs Regierungsviertel zu kraulen – das muss man wohl einfach machen. Verbieten lassen kann man es sich hinterher immer noch. Oder, was ihm auch schon passiert ist, ein Bußgeld bezahlen – eine lohnenswerte Investition.
Nur dort, wo es strikt verboten ist, verzichtet Tschepe aufs Schwimmen, auch davon ist in dem Buch zu lesen.
Dabei hat das wenig mit Leichtsinn zu tun, was Martin Tschepe veranstaltet. Er ist sich seiner Sache und seines Könnens sicher, hat oft Begleitboote dabei, schwimmt oft im Neoprenanzug, was ihm durch den Auftrieb zusätzliche Sicherheit gibt. Und er rät den Lesern oft und nachhaltig, es ihm gleich zu tun: Safey first.

Kleines Manko: Die thematische Sortierung macht es etwas schwierig, das Ganze chronologisch einzuordnen, was vielleicht aber auch nicht notwendig ist.
Ein Leser, der wenig über den Autor nichts weiß, mag sich zum Beispiel wundern, dass er zwar von Ludwigsburg am Neckar als Heimat spricht, auch von dortigen Schwimmerlebnissen während der Jugend erzählt, dann aber plötzlich ein Nordseekind von der Insel Sylt ist, wo er auch zur Schule gegangen ist. Das ist natürlich erklärbar, ein Umzug ins Schwabenland hätte aber durchaus in einem Nebensatz erwähnt werden dürfen.
Als Journalist bleibt Tschepe sich treu. Er berichtet protokollarisch und exakt mit vielen Details über Streckenlänge und Wassertemperaturen, hält sich aber mit atmosphärischen Schilderungen, mit Inneneinsichten, Gefühlen, Gedankenstürmen, Eindrücken und Emotionen zurück.

Sein Buch macht Lust, viele der beschriebenen Schwimmabenteuer in vielleicht abgespeckter Version nachzuerleben, die Reviere zu erkunden oder sich einfach auf die Suche nach neuen zu machen und damit Abwechslung in den Schwimmalltag zu bringen. Und es ist ein eindringlicher Appell, denn es ist „ein Skandal, dass nicht alle Kinder in der Grundschule schwimmen lernen… Alle müssen mehr dafür tun, dass künftig weniger Menschen ertrinken.“
Wer könnte da anderer Ansicht sein?

Übrigens: Geraume Zeit ist es her, da habe ich Martin Tschepe den Fragebogen zu Frag doch mal die Anderen zugeschickt. Unter dem Link können Sie den Autor noch etwas näher kennenlernen. Aus diesem Interview stammen auch die Bilder in diesem Lesetipp.
Und vielleicht ergibt sich ja doch irgendwann mal die Gelegenheit, Martin ein paar Kilometer hinterherzuschwimmen.


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Martin Tschepe: Im Element: Geschichten vom Schwimmen

Taschenbuch / 152 Seiten / Verlag: Book on Demand / Erschienen am 19.11.2018 / Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3752848286 / ISBN-13: 978-3752848281
Preis: 9,99 €


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