Bilder aus Georgien (10) – Batumi – Gonio – Sarpi

Südlich von Batumi schlängelt sich die Straße an der georgischen Schwarzmeerküste Kvariati entgegen und dann führt sie weiter nach Sarpi. Knapp 10 Kilometer sind es von der Stadtgrenze Batumis, ein kurzer Weg mit dem Auto. Theoretisch ist das so, doch der Verkehr, der um die Start- und Landebahn des kleinen Flughafens herum geführt wird, ist heftig, was nicht nur die Menge an Fahrzeugen betrifft sondern auch die etwas eigenwillige Fahrweise. Eigentlich, so hat uns der Mietwagenvermieter erklärt, gibt es in Georgien nur drei Verkehrsregeln, an die man sich strikt halten muss: „No alcohol, no drugs and don’t kill anybody!“
Alles andere hilft zwar, dass der Verkehr fließt, darf aber großzügig im Interessen des eigenen Vorankommens ausgelegt werden: Schilder, Haltelinien, Zebrastreifen usw. Und ja: Es funktioniert; vielleicht gerade deshalb, vielleicht nur so.
Im Laufe unseres Urlaubs meine ich, rund 60 verschiedene Botschaften, die ein Fahrer einem anderen durch sehr kurzes Hupen geben kann, auszumachen. Hupen kann alles bedeuten und darum wird auch oft und gern kurz gehupt, allerdings anders als in anderen Ländern, nämlich keineswegs aggressiv. Es würde auch nichts nützen und niemanden beeindrucken – wie auch die Kühe, die im dichten Verkehr auf der Straße herumlaufen sich nicht vom Hupen beeindrucken lassen. Also hupt sie auch keiner an.

Nach Sarpi führt uns der Weg aus zwei Gründen. Da ist zum Einen der kleine Ort Gonio auf halber Strecke und dort ein altes Römerkastell, eine Festungsanlage, die geradezu zwangsläufig die Frage aufwirft: Wo eigentlich waren die Römer nicht?
Hier zumindest waren sie. Im Kastell ist ein kleines Zeltlager aufgebaut, das zeigt, wie die Legion dort vor rund zweitausend Jahren untergebracht war.
Eidechsen wärmen sich auf den alten Mauern in der Sonne, einige wenige Besucher:innen, unter anderem wir, schleppen sich durch die Hitze zwischen den alten Festungsmauetn umher.

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Gonio ist heute noch ein sehr beliebter Badeort an der Küste, was wir aber nur im Vorbeifahren registrieren, wie übrigens auch den nächsten Ort Kariati. Einen bemerkenswerten Wasserfall soll es auch auf der Strecke geben, aber er lockt uns nicht zum Anhalten, die Verkehrslage ist unübersichtlich und Wasserfälle haben wir im vergangenen Jahr in Bosnien reichlich gesehen, da müsste schon was Spektakuläreres her.

Der zweite Grund ist Sapri selbst – ein durch und durch uninteressanter und touristisch wenig relevanter Ort direkt an der türkischen Grenze. Eine mehrere Kilometer lange LKW Schlange wartet auf Abfertigung, nur durch beherztes Überholen auf der Gegenfahrbahn und Hineinquetschen in die Lücken der LKW-Schlange, kommt man als PKW Fahrer der Grenzststion näher.
Und warum?
Die Grenzstation wurde 2010/11 errichtet vom Stuttgarter Architekten Jürgen Mayer H. – ein höchst moderner Flachbau mit einem wellenförmigen, skulpturartigen Turm. Es ist eines von mehreren Gebäuden in Georgien, für die Mayer H. verantwortlich ist. Georgien war zeitweilig eine gigantische Spielwiese internationaler Architekten, die sich in dem Land mehr oder weniger frei beweisen wollten und auch konnten. Architketonische Meisterleistungen finden sich hier ebenso wie eher grenzwertige Auswüchse.
State of the art war das sicher, was Mayer H. in Sarpi hingestellt hat, bzw. hat hinstellen lassen. Auch heute noch ist das ein äußerst interessantes Werk. Allerdings weist es die gleichen Probleme auf wie viele Betonbauten: Einst war die Fassade blütenweiß, mit den Jahren wirkt sie witterungsbedingt schmuddelig und schaut jetzt heruntergekommen aus. Beton ist und bleibt eben Beton. Mich begeistert das Bauwerk nicht und ich fürchte, dass man einige Jahrzehnte später lakonisch feststellt: „Ja, so hat man mal gebaut.“ Gibt es ein vernichtenderes Urteil für ein Bauwerk und einen Architekten?
Vielleicht bleibt es aber auch Jürgen Mayer H. erspart.

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In Sarpi genießen wir schattenloses Strandleben auf Kieselsteinen, aushaltbar nur mit gemieteten Strandliegen und Sonnenschirm. Das zahlen wir gern und ab geht es ins Meer. Uii. Hier gibt es Quallen. Vom Schwimmen im Schwarzen Meer gibt es übrigens einen eigenen Blogeintrag.
Als am Abend von der türkischen Seite aus die Rufe des Muzzein von der Sarp Cami Moschee direkt hinter der Grenze übers Meer klingen, wird es Zeit, nach Batumi zurückzukehren.
Auf dem Rückweg machen wir einen kurzen Fotostopp am Stadtrand von Batumi südlich des Flughafens. Nahe der Mündung des Flusses Tschorochi befindet sich ein verlassenes Militärgelände, ein paar leerstehende Betonbauten weisen es als solches aus. Ein ganz und gar uncharmanter Fleck: Speditionen, ein Spielcasino in einer Blechhalle, ein Supermarkt, Werkstätten, LKW Parkplätze, Imbissbuden – wie eben überall an stark frequentierten Fernstrecken, legale und illegale Mülldeponien… wäre da nicht eine Pferdeherde die vermutlich zum Reiterhof am Straßenrand gehört. Das ist ein schönes Motiv und so stapfe ich zwischen Bergen von Plastikmüll vorbei an schlammigen Pfützen und Pferdeäpfeln herum für dieses eine Bild, auf dem nichts von dem soeben aufgezählten zu sehen sein soll. Ich weiß nicht, wie die Herde auf Menschen, die sie nicht kennt und die dort herumschleichen, reagiert. Einige Fohlen liegen im Gras, die großen Tiere stehen drum herum und schauen. Die Tiere sehen ein wenig verwildert aus und wenig gepflegt.
Ich nähere mich sehr vorsichtig, allerdings geschieht das von der Seite aus, die die Tiere nicht ins allerbeste Licht setzt. Ich will nicht die Spedition und den großen LKW Parkplatz im Hintergrund haben sondern die alten verlassenen Bauten, ich bilde mir ein, das macht die Bilder besser.

Am Ende sind es sogar mehrere.

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Weitere Bildergalerien von weiteren Spaziergängen und Touren in Georgien folgen.
Eine Übersicht über alle bereits veröffentlichten Beiträge finden Sie in der Ankündigung der Serie hier.


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