09.04.2025 Fastenkalender (36) – Elser und Bonhoeffer

Zwei Menschen gilt es zu gedenken, die heute vor 80 Jahren von den Nationalsozialisten ermordet wurden: Dietrich Bonhoeffer und Georg Elser, der eine im KZ Flossenbürg, der andere im KZ Dachau.
Ich weiß, an diesem Tag starben auch die Widerstandskämpfer Wilhem Canaris, Hans Oster, Karl Sack, Hans von Dohnanyi. Es war, als wolle das Terrorregime kurz vor seinem Untergang sich all derer entledigen, die ihm später würden gefährlich werden können: Als Zeugen, als Ankläger.
Dass ich Bonhoeffer und Elser hier besonders hervorheben möchte, hat viel damit zu tun, dass ich beide zu den herausragenden Personen des Widerstands zählen möchte, so unterschiedlich sie auch waren in ihrer Biographie, in ihrer Motivation, ihrem Intellekt, ihren Taten und ihrer späreren Rolle der Erinnerungskultur.
Elser war lange Jahre fast vergessen, sperrig erst die Bereitschaft, sich seiner zu erinnern, seine Geschichte wieder präsent zu machen, Gedenktafeln zu errichten. Da gab es schon längst Straßen, Plätze, Schulen, Gemeindehäuser, die nach Dietrich Bonhoeffer benannt worden waren. Denn Bonhoeffer war schnell der Vorzeige-„Heilige“, einer der wenigen  Märtyrer der Evangelischen Kirche, hoch verehrt und auch instrumentalisiert. „Es gab auch Männer wie Bonhoeffer“, hieß es immer all zu schnell, als der Evangelischen Kirche munteres Mitmachen im Dritten Reich vorgeworfen wurde. Ja, das ist wahr. Es gab auch Männer wie Bonhoeffer.  Zu wenige. Viel zu wenige.
In jüngerer Zeit wird er vor allem in Evangelikalen Kreisen in den USA herangezogen, um gewaltbereiten Widerstand gegen politische Unterdrückung christlich zu legitmieren, womit in diesem Fall vor allem der gewalttätige Widerstand ebensolcher Kreise gemeint ist, wenn irgendetwas in der (amerikanischen) Politik nicht so gelaufen ist, wie die Evangelikalen sich das erwartet haben. Von Bonhoeffers Theologie  haben diese Menschen nichts verstanden. Einfach gar nichts.
Statt dessen finanzierten sie eine Filmographie, die so abstrus die historische Person verfälscht, dass die deutschen Darsteller sich mittlerweile von diesem Werk öffentlich distanziert haben.
Und Elser?
In Dachau habe ich in der Gedenkstätte das Gefängnis besichtigt, auch die Zelle von Elser, auch auf Rügen im Doumentationszentrum eine Sonderausstellung gesehen.  Mittlerweile ist das Leben des Eiznzelgängers gut erforscht, nachdem er und sein Attentatsversuch Jahrzehnte totgeschwiegen worden war. An ihm und seiner Tat lässt sich trefflich die Frage der Legitimation eines Tyrannenmords diskutieren, aber das fand nicht statt.
Elsers Attentatsversuch auf Hitler, seine gescheiterte Flucht in die Schweiz, die Gefangennahme, Folter und Ermordung ist historisch gut dokumentiert und nachlesbar. Am 5. April 1945 befahl Hitler persönlich, Elser unauffällig zu töten. Theodor Bongartz erfüllte den Befehl und ermordete Georg Elser per Genickschuss. Sofort im Anschluss wurden Elsers sterbliche Überreste im Krematorium verbrannt: Zu Asche, zu Staub. Es gab auch Männer wie Elser.  Zu wenige. Viel zu wenige.

An Elser bewundere ich seinen Mut, an Bonhoeffer seine grenzenlose Zuversicht. Das waren zwei Männer, die sich gegen ein Unrechts- und Terrorregime wandten – jeder auf seine Art und jeder mit seinen Mitteln. Sie eint, dass sie beide mit dem Leben dafür bezahlt haben. Sie wurden ermordet. Heute vor 80 Jahren.

Gefängnisflur im KZ Dachau vor der Zelle von Elser

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