Endlich wieder Renate: Die Sache mit Pott und Deckel

Es gibt ja im Handel Produkte, die man zu kaufen genötigt ist, aber es macht keinen Spaß, sie zu erwerben. Weder schüttet der Körper Glückshormone aus, dass man diese Artikel gekauft hat, noch lann man sie mit stolz geschwollener Brust nach Hause tragen.

Klopapier ist so ein Produkt. Jeder braucht es (na ja: Fast jeder), aber Klopapierkauf ist ein eher lästiges Unterfangen. Die Fülle unterschiedlicher Gebinde macht das Angebot unübersichtlich.  Hat man je einen Menschen mit Hingabe vor Klopapier im Supermarkt stehen und die Angebote vergleichen sehen wie vor kaltgepressten, italienischen Olivenölen?
Na, sehen Sie.
Sag ich doch.

Ob es sich viel anders mit KloDECKELN verhält als mit KloPAPIER wage ich zu bezweifeln. Allein: Hier ist der Qualitäts- und Preisvergleich dringend geboten – vom unterschiedlichen Design ganz abgesehen. Auch wenn auch Klositze prinzipiell für den Arsch sind (wörtlich gemeint), kann man beim Erwerb doch ganz schön ins Klo greifen (bildlich gesprochen). Das Angebot ist mannigfaltig, Regalwände im Baumarkt füllen sich mit allerlei Lokusdeckeln, einige zum Schreien scheußlich, andere hingegen so wunderbar gestaltet, dass es einer Beleidigung des Designers nachkäme, den Deckel mit einem WC-Sitz- und Deckelbezug (ja so etwas gibt es noch) zu verunstalten.Deckel fürs Klo in Hülle und Fülle

Rat- und orientierungslos finde ich Renate und ihren stets bemitleidenswerten Gatten Harald in der Sanitärabteilung eines hiesigen Baumarktes vor den Klositzen inmitten einer hitzigen Diskussion. Denn die Brille ihres Gäste-WC ist hin. Wie das passieren konnte, weiß niemand so genau. Das verspricht großes Kopfkino und so heuchle ich Interesse für diese Produkte, gebe vor, Produktbeschreibungen zu studieren und lausche angestrengt.

Die Klobrille ist gebrochen, Renate, die Harald die Schuld gibt, hat natürlich eine Erklärung parat, die sie mitnichten in den heimischen vier Wänden vorbringt, sondern gottseidank hier vor Publikum (nämlich mir).

Allzu heftig habe er sich auf die Brille niedergelassen. Nicht einmal, mehrmals. Und wenn er seine hundertzehn Kilo mit Schmackes auf die Brille klatschen lässt, dann ist es ja wohl kein Wunder, dass die irgendwann nachgibt. Kurzzeitig kommt mir der Gedanke, dass es vielleicht doch keine gute Idee war, die Rolle des Lauschers, der still in der Nähe steht, zu übernehmen. Die Kopfkinobilder werden etwas unästhetisch, nun ja, selbst Schuld.

Und wenn er, der Harald, sich dann noch mit voller Leibesfülle auf seinem Arm abstützt und die Hand dabei auf der Brille liegt, während er sich auf selbiger sitzend schwerfällig umdreht, um sich das Papier von der Rolle zu ziehen, na dann macht es eben irgendwann Knack.
„Anders kann es gar nicht gewesen sein“, trumpft Renate auf. „Kunststück, dass die Brille bricht, wenn sich hundert Kilo auf einen Punkt konzentrieren – Deiner Hand.“

Die Erklärung ist frappierend nachvollziehbar, ich bin beeindruckt. Wieder etwas gelernt. Also nehme mir vor, wenn ich demnächst in gleicher Lage wie der so beschriebene Harald bin, eine genaue Studie meiner Bewegungsabläufe vorzunehmen.  Nicht, dass mir auch dereinst auch die Brille unterm Hintern bricht. Man kann ja nie wissen.

„Wundert mich sowieso, wie lange die gehalten hat, so wie Du die angebracht hast.“ Und da ist es wieder: Dieses hemmungslose Niedermachen des Göttergatten in der Öffentlichkeit, was niemand so brillant beherrscht wie Renate. Was habe ich es vermisst. Und nun habe ich es wieder. Endlich.

Harald hütet sich, zu widersprechen. Er weiß, dass es dann nur umso peinlicher wird, die Diskussion noch länger dauert und der Kaufakt des Klodeckels endlos lange herausgezögert werden kann. Und jetzt stehen sie da und wissen nicht, ob der neue Sitz eine Absenkautomatik braucht oder nicht. Er ist dafür, sie dagegen, weil sowas sowieso nur kaputt geht, kann sich aber trotzdem an der Vorstellung erfreuen, dass demnächst der Deckel nicht mehr mit voller Wucht zugeschlagen wird. „Du lässt den doch sowieso immer nur runterkrachen,“ enthüllt Renate ein weiteres Detail, die meinem Kopfkino weitere Nahrung geben.  „Da zucke ich jedes Mal zusammen und denke, irgendein Flugzeug ist jetzt abgestürzt!“Deckel mit Absenkautomatik

Derweil ich mich bemühe, stumm Blümchenwiese…Blümchenwiese…Blümchenwiese… zu murmeln, um die Bilder aus dem Kopfkino zu bekommen, ereifert Renate sich, dass man bei diesem Überangebot an Klodeckeln ja gar nicht entscheiden könnte, welcher es denn werden solle.
Bunte bebilderte Klodeckel„Der da?“, schlägt Harald vor, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten.
„Spinnst Du?“, faucht sie. „Viel zu teuer. 55 Euro? Das sind ja 110 Mark. Da tut es doch ein einfacherer auch.“
„Und der?“
„Hässlich.“
„Der vielleicht?“
„Der sieht doch jetzt schon aus, als wenn er auch gleich wieder durchbrechen wird…“

Die bebilderten kommen schon gar nicht in Frage. „Wer kauft nur so ein Zeugs?“
Die einfarbigen findet sie allerdings auch ungeeignet. „Hinterher passt das nicht zur Handtuchgarnitur!“
Wenn das kein Argument ist….
Warum drängt sich mir der Verdacht auf, dass es weniger um die Farbe der Gästehantücher als um die flauschige Kloumpuschelung geht?

Schließlich fällt ihr Blick auf ein hellbraunes Modell. Kakaofarben, wenn man es charmant ausdrücken will.
Der, so findet sie, passt doch wunderbar zu den Bodenfliesen. Und jetzt gewinne ich auch eine Vorstellung, wie die Gästetoilette im Haus von Renate und Harald aussieht. Da macht sich doch ein kakao-brauner, kack-brauner Deckel perfekt.

Es heißt ja nicht zu unrecht: Auf jeden Pott passt eben ein Deckel.

Doch halt!

Höre ich eine Stimme?

„Den kackbraunen doch nicht, Renate. Der sieht doch jetzt schon Scheiße aus.“

War ich das, der das gerufen hat?

Nein. War wohl nur Einbildung. Wie schade.

 


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1 Antwort

  1. „Den kackbraunen doch nicht, Renate. Der sieht doch jetzt schon Scheiße aus.“😁 😂 🤣 Wieder mal sehr schön geschrieben! Es ist, als stünde ich neben dem Duo Infernale!