Wohnen Sie doch, wo Sie wollen
Wo will ich wohnen?
Vor einiger Zeit erreichte mich via Twitter eine spezielle Anfrage, ob das Foto, das meinen Header ziert, echt sei oder Fake. Will sagen: Der Fragensteller wollte sich erkundigen, ob es dieses Bahnschild wirklich gibt:
Abgesehen davon, dass er sich diese Frage mit Hilfe von Google selbst hätte selbst beantworten können: Den Ort Ungedanken gibt es wirklich, er liegt im Schwalm-Eder-Kreis und gehört zur Gemeinde Fritzlar. Das Schild fotografierte ich durch das Fenster eines Nahverkehrszugs auf der Fahrt von Kassel nach Bad Wildungen; oder war es auf der Rückfahrt? Mir zu pass kam dabei, dass der Zug in dieser eher wenig einladenden Ortschaft auch tatsächlich hielt. Denn Ungedanken verfügt lediglich über eine Bedarfshaltestelle, man muss schon, sofern man im Zug ist, die Haltewunschtaste betätigen oder, sofern auf dem Bahnsteig, wild gestikulierend dem Lokführer anzeigen, dass man zusteigen will. Womit ich in diesem Absatz gleich zwei zauberhafte Lieblingswörter unterbringen konnte.
Wie hinreißend muss es sein, in Ungedanken zu wohnen; nicht wegen seiner Lage oder Landschaft, allein wegen dieses reizvollen Ortsnamens, den ich dann in jedes Adressfeld eintragen könnte. Welch grandioses Licht würde das auf mich werfen.
Nun bin ich einigermaßen verwöhnt. Ich wohne in einem kleinen Ort namens Buch, was mir gelegentlich die Möglichkeit gibt, zu sagen, ich käme aus einem Buch, wenn wieder mal wer in der alten Heimat fragt, wo ich denn wech bin.
Orte namens Buch aber gibt es viele. Um sie auseinanderzuhalten, wird gerne mal ein „am Sonstwo“ angehängt: Buch am Ammersee, Buch am Buchrain, Buch am Erlbach, Buch am Forst, Buch am Wasweißdennich. Damit ist der Buch-Witz eher hinfällig, es sei denn, ich würde unwahrheitsgemäß Auskunft geben: Ich komme aus Buch am Regalende oder Buch an der Bücherstütze. Schade eigentlich.
Nun assoziert man mit Buch ja gerne Belesenheit, Intelligenz und intektuelles Potential. Ungedanken hingegen eher könnte satirisch, spitzfindig, fast etwas perfide gemeint sein.
Weit weniger subtil aber ebenso begehrenswert klingt Pumpernudel, auch ein winziger Weiler in unserem Landkreis. Pumpernudel wäre ebenfalls eine Zierde auf jedem Briefkuvert Dazu äußerte ich mich bereits.
Das Thema skurriler Ortsbezeichnungen ist ein Dauerbrenner, oft und viel wird darüber geschrieben und ebenso gern gelesen und gelacht. Als ich vor Kurzem die erste Lieferung des frisch abonnierten Katapult-Magazins erhielt, lag als Willkommensgeschenk auch eine Deutschlandkarte mit ebensolchen Namen bei.
Selbstverständlich ist auch Tittenkofen im Erdinger Land dabei, das benachbarte Bockhorn hingegen nicht. Beide Ortsnamen lassen keine Zweifel offen, dass bei der Wahl des Wohnorts eine gewisse Sorgfaltspflicht walten sollte – zumindest, wenn man viel Post von auswärts bekommt. Tittenkofen wie Bockhorn hören sich hier in der Region keineswegs so komisch an wie jenseits der Grenzen des Landkreises.
Das beweist die Kabarettistin Monika Gruber jedes Mal, wenn sie auf der Bühne erzählt, dass sie in Tittenkofen auf einem Bauernhof aufgewachsen ist. Gebrüll, Gefeixe und Gelächter allüberall. Als seien Hodenhagen, Petting oder Wixhausen frei von Zotigkeiten.
Vollkommen normal auch für Hiesige ist der Ortsname Hofsingelding, ein kleines zu Hörlkofen gehörendes Nest südlich der Kreisstadt. Für Ortsfremde aber ist das offenbar auch ein steter Quell der Erheiterung, zumindest der Neffe meiner Frau wälzt sich jedes Mal vor Lachen auf dem Boden, wenn die Sprache auf Hofsingelding kommt. Was man natürlich auch provozieren kann. Hofsingelding… Hofsingelding… Hofsingelding… – sehen Sie? Er rollt sich schon wieder vor Lachen.
Ein Stückchen weiter südöstlich, im Landkreis Rosenheim entzückt mich persönlich noch immer die beiden Dörfer Ober- und Unterhöslwang. Letzteres, so schlug ich vor fünf Jahren der Gemeinde vor, könne sich doch vereinfacht in Schlüppiwang umbenennen. Das wäre kürzer und vor allem exakt das Gleiche. Unterhösl – Schlüppi… Egal.
Reaktion erfolgte allerdings keine – man scheint dort humorbefreit zu sein. Andererseits: Wer wollte schon in Schlüppiwang wohnen?
Und warum erwähne ich das alles?
Weil ich mir seit Kurzem Gedanken mache, ob ich hier wohnen möchte, und jetzt wird es endlich richtig zotig.
Das hat was.
Finden Sie nicht?
Denn dann könnte bei der Frage „Wo bis Du denn wech?“ meine ehrliche Antwort lauten: „Aus’m Mösl!“ (Regieanweisung: Erstes m vernuscheln!)
Und das wäre nicht mal stammtischwitzig sondern so ehrlich wie ernst gemeint.
Das Gesicht des Fragenden bei so einer Antwort?
Unbezahlbar.
Und fragen Sie mich jetzt bitte nicht, wo man zum Mösl abbiegen muss. Suchen Sie das doch selbst. Keine Sorge – Google wird Ihnen den richtigen Weg leiten.
Vielen Dank fürs Lesen.
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Wie wär’s mit Deppenhausen? Das gab’s bei uns in der Nähe…
Auch eine feine Adresse. Gleich mal den Immobilienmarkt dort checken.
Danke