Spaziergang auf der Levada dos Balcões (Madeira #4)

Weiter geht es mit der Madeira-Reihe aus unserem leider schon vergangenen Urlaub und ein paar Bildern von einem typischen Touristen-Programm-Highlight, dem Spaziergang auf der Levada dos Balcões. Nachzulesen für Wanderer und Urlauber in fast jedem Madeira-Reise- oder -wanderführer.
Darum hier nur ein paar Spotlights, Gedanken und Bilder.
Der Weg startet an der Forellenzucht am Riberio Frio. Da Madeira nicht ganz so viele touristische Hotspots zu bieten hat, wird eben alles, was die Inselurlauber und die Tagesbesucher von den Kreuzfahrtschiffen interessieren könnte, entsprechend aufgebauscht und als sehenswerte Atttraktion ausgeschlachtet. Zugegeben – die Forellenzuchtanlage ist hübsch gemacht. Aber Forellenzuchten mit frisch gegrilltem Fisch gibt es hierzulande zu Hauf. So spannend ist das dann doch wieder nicht.
Interessant aber finde ich, dass die auf der Insel die an sich nichtheimische Art nicht nur gezüchtet, sondern auch zum Vergnügen der Angler in vielen Bächen und Flüssen ausgesetzt werden. Ein wenig absurd mutet das an, wenn man bedenkt, dass auf der anderen Seite die EU allerlei Anstrengungen unternimmt, die Ausbreitung gebietsfremder Tierarten mit Rücksicht auf die autochthone Fauna und Flora einzugrenzen. Ob solche Aktionen sich nicht auch irgendwann zu weitereren Alpträumen Darwins im Kleinen entwickeln, wie es am Victoriasee passiert ist, bleibt abzuwarten. Aber das ist ein anderes Thema…

Riberio Frio ist eine von Touristen und Reisebussen überquellende Ansammlung von ein paar Restaurants und Souvenirläden entlang der Straße in unmittelbarer Nähe der Forellenzucht. Ein paar Häuser in den Bergen. Eigentlich kein Grund, sich allzulang dort aufzuhalten. Zugleich aber ist hier der Ausgangpunkt für Wanderungen und eben dem Spaziergang zu einem der schönsten Aussichtspunkte auf der Insel. Entsprechend voll ist es in Riberio Frio, entsprechend chaotisch geht es zu, wenn mehrere Reisebusse gleichzeitig hinter einer engen Kurve am Straßenrand halten und haufenweise Urlauber „ausspucken“, die ohne jegliche Schwarmintelligenz kreuz und quer herumlaufen und meist orientierungslos nach Fotomotiven oder Toiletten Ausschau halten – je nachdem. Ein wenig unterhalb geht der gut ausgebaute, sehr einfache Spazierweg parallel der Levada dos Balcões hinein in den Wald. Aber von plötzlicher Ruhe, wie man das sonst hat, kaum, dass man von der Straße weg ist, fehlt jede Spur.
Es ist eben eine „Promenade“, auf der die einzige aber zugleich große Herausforderung darin besteht, Fotos ohne Wanderer oder Spaziergänger zu schießen. Es gelingt nur mit viel Geduld und vielen Stopps.
Entlang des kleinen Kanals, deren Netzsystem das gesamte Inselinnere durchzieht und die Küstenregion mit den dortigen Plantagen mit Wasser versorgt, geht es durch einen traumhaften Lorbeerwald. Bartflechten hängen von den Bäumen herunter. Es riecht würzig und feucht – und doch ganz anders als in den heimischen Wäldern oder der Macchia der Mittelmeerländer.
Auf halber Strecke des Weges, der bis zum Ziel nur knapp eineinhalb Kilometer lang ist, lockt die Snack-Bar Flor da Selva mit kleinen Imbissen, Getränken und ein paar regionalen Souvenirs. Viele machen nicht Station (wir auch nicht – vielleicht im Rückblick ein Fehler), aber unser Tagesprogramm ist recht voll und der Weg erst unser zweiter „Stopp“ auf der Tour. Es soll noch weiter an die Norküste gehen.

Am Ziel des Spazierwegs, einem balkonartigen Plateau, angekommen, trifft man unweigerlich all diejenigen wieder, denen man zuvor versucht hat, aus dem Weg zu gehen oder sie zumindest nicht auf den Fotos haben wollte – entweder, weil man sie vorgelassen und sich hat „zurückfallen“ lassen, oder weil man einen Schritt schneller gegangen und die anderen hinter sich gelassen hat.
Zur größten Freude der vielen Briten klärt eine Schautafel über die Vogelwelt Madeiras auf – über Reptilien findet man natürlich nichts,was nicht weiter verwundert, es gibt dort nur acht Arten und nur eine endemische:
Die anderen Arten wurden eingeschleppt. Also beobachten wir von einem erhöhten Punkt aus Engländer, die mit Ferngläsern Ausschau nach Finken halten, wild um sich fotografierende Sandalenträger, Rucksackwanderer im Hi-Tec-Kostüm und Sonntagsspaziergänger. Leute kommen und gehen. Es reißt nicht ab.


Der Aussicht vom Balkon (Balcões) entschädigt aber, dass man sich zuvor gefühlt hat, wie in einer Städteurlaubsgruppe auf dem Münchner Olympiaturm. Es dauert halt nur eine Zeit, bis man ungestört und ungeschubst vorne am Geländer einen Platz bekommt, um Fotos zu machen. Die „Schnell-Schnell-Urlauber“ schieben einen gnaden- und rücksichtslos zur Seite, um ein besseres Plätzchen zum Fotografieren zu bekommen, oder weil man selbst plötzlich auf deren Selfieaktivitäten mit aufs Foto kommen würde. Dann sind sie wieder weg – der Bus fährt ja in 20 Minuten, dafür kommen andere…
Der Blick fällt auf die höchsten Lavaberge:Schroffe Felsmassive, über deren rund 1.800 Meter hohen Gipfeln tief die Wolken hängen.  Tief unten im Tal schlängelt sich der kalte Fluss seinen Weg Richtung Meer.
Und als ein leichter Nieselregen einsetzt, hetzen die sandaligen Bustouristen zurück. Die Hi-Tec-Wanderer rollen die Kapuzen aus und zurren sie am Kinn fest, als wollten sie den Herbststürmen an der Nordsee trotzen. Auch sie stapfen davon. Da kommt die Sonne wieder hervor, wir bleiben noch einen Moment. Ich zücke die Kamera, denn jetzt erst ist am Geländer ein Platz in der ersten Reihe frei. Und ich genieße den einmaligen Blick ins Grüne -Regenbogen inklusive. Dafür hat sich das Warten gelohnt.
Ein letzter Teil folgt demnächst.


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