Bilder aus Georgien (08) – Batumi, die drei Gesichter

Das also ist Batumi – ein Sehnsuchtsort in der Ferne, so möchte man fast meinen. So ganz falsch ist das nicht: Batumi ist eine begehrte Destination, wie man es  im Reisegewerbe zu nennen pflegt, wenn man sich so schnöden Wörtern wie Reise- oder Urlaubziel nicht zufrieden geben will.
Von Kobuleti aus an einem dunstigen Tag nach einem Gewitter mit rauen Winden übers Meer auf Batumi geblickt, sieht die Stadt vollkommen unwirklich aus, wie eine Fata Morgana auf See. Aber unwirklich ist sie nicht.

Batumi - Silhouette in der Ferne übers Meer

Schon in der Zarenreich reisten die, die es sich leisten konnten, nach Georgien, vor allem an die Schwarzmeerküste mit ihrem mediterranen Klima. Das ist über 100 Jahre her. Viel ist heute noch davon zu sehen; zum Beispiel wunderschöner Jugendstil.
In der Sowjetzeit allerdings änderte sich das wenig, nur waren es neben dem Parteikader, der sich nahtlos am den vormaligen Adel anschloss, auch verdiente Genoss:innen, die zur Sommerfrische ans Schwarze Meer reisen durften.
Mit der Unabhängigkeit Georgiens nach dem Zerfall der UdSSR entwickelte sich die Region rapide zu einer überaus bedeutenden und lukrativen Destination. Unsummen an Geldern flossen nach Batumi, ein Bauboom setzte ein, der durchaus an Dubai oder Las Vegas erinnert.

Batumi - Stadt am Meer

Und das ist Absicht. Batumi ist sowohl für Russ:innen wie für Menschen aus der Türkei, den arabischen Ländern oder dem Iran ein höchst beliebtes Ferienziel. Da muss man schon was bieten, vor allem denen, die das nötige Klein- oder jede Menge Großgeld mitbringen.  Es kommt viel Geld her… und viel Volk. Westeuropäer:innen hingegen trifft man am Schwarzen Meer eher selten, was nicht weiter verwundert, da ist das Mittelmeer einfach viel näher.

Aber es leben und arbeiten auch ganz normale  Menschen in Batumi. Das ist dann die weniger schöne Seite der Stadt, was ziemlich beschämend ist. In Batumi prallen Reich und Arm sehr dicht aufeinander: Glitzerhochhäuser für Urlauber und bröckelige Hochhäuser für Einheimische, liebevoll restaurierte alte Hotels und Bettenburgen für die einen, Bretterbuden für die anderen. Dass es einer Region gut geht, muss eben nicht zwangsläufig bedeuten, dass es den Menschen dort auch gut geht. Das aber ist mein ganz persönlicher subjektiver Eindruck. Südlich der Stadt, Richtung Flughafen, gibt es eine Siedlung, in der ich nicht fotografieren konnte und auch nicht wollte: Es sind regelrechte Slums. Man kann es nicht anders sagen.

Über Batumi könnte man viel schreiben: Über die janusartigen Gesichter der Stadt, ihren ohrenbetäubenden nächtlichen Partylärm, Glitzer und Glamour, den aberwitzigen Autoverkehr, einen Bahnhof, wo einen die Taxler schon auf dem Bahnsteig anspringen, wenn man kaum aus dem Zug gestiegen ist, über Medea und das Goldene Flies, über mehrere Straßenzüge voller Thai-Massage-Salons, in denen höchst wahrscheinlich für entsprechende Bezahlung weit mehr angeboten wird, über eine mehrere Kilometer lange Strandpromenade, Straßenmusiker, Helikopter, die man sich für viertelstündige Rundflüge buchen kann und die ununterbrochen über Batumi kreisen. Ich könnte von der Sameba-Kirche auf dem einen Berg erzählen oder der Bergbahn, die hinauf zu einem anderen fährt, wo Touristen mit georgisch folkloristischen Tanzvorführungen unterhalten werden. Beides übrigens großartige Aussichtspunkte über die Stadt.

Oder ich könnte über Kunst am Strandboulevard schreiben, vor allem über Nino and Ali, eine Stahlskulptur von Tamara Kvesitadze und Paata Sanaia direkt am Meer. Dem Kunstwerke liegt die Geschichte eines aserbaidschanisch-georgischen Paares zwischen 1914 und 1920 dem gleichnamigen Roman zu Grunde. Eine Männer- und eine Frauenfigur in Scheiben, beide drehen sich, nähern sich an, vereinen sich, trennen sich… Für die einen ist es Kunst, andere sagen auf Google Maps, das sei sehr enttäuschend. Wie halt immer. Aber vielleicht muss man auch etwas Wissen über Nino und Ali mitbringen, um die Plastik zu verstehen. Lesen soll da helfen, und wenn es nur ein Wikipediaartikel ist.

Um mit der Blogserie weiterzukommen, packe ich alle Batumi-Bilder, die ich gern zeigen möchte, hier in drei Galerien. Sie zeigen den „alten“ Badeort, das Batumi des 21. Jahrhunderts und Batumi-Backside, also das ganz andere Antlitz der Stadt. Und den fantastischen botanischen Garten hatte ich ja bereits an anderer Stelle vorgestellt.

1. Batumi – der Badeort

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2. Batumi – Gigantomanie am Schwarzen Meer

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3. Batumi – Backside

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Weitere Bildergalerien von weiteren Spaziergängen und Touren in Georgien folgen.
Eine Übersicht über alle bereits veröffentlichten Beiträge finden Sie in der Ankündigung der Serie hier.


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6 Antworten

  1. Manni sagt:

    Batumi klasse Fotos gemacht ! Super

  2. Nati sagt:

    Dankeschön für die Bildervielfalt, Lutz.
    Die Unterschiede von den bescheidenen Häusern mit den modernen Autos davor ist schon krass.

  3. rabohle sagt:

    Interessante Bilder und offenbar ein lohnendes Reiseziel.

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