Das richtige Outfit
Jetzt aber…
Aber in’s Wasser.
Unmittelbar nach der Faschingszeit mit einsetzender Fastenzeit geht’s los. Erst zweimal, dann dreimal die Woche, wenn es sich nur irgendwie ausgeht. Das macht Spaß. Mehr als ich gedacht hätte.
Die Zahl der Bahnen stetig steigend, die Schwimmzeit für vorgegebene Strecken verkürzend, Fett verbrennen. Soweit der Plan, der dann auch umgesetzt wird.
Zweimal die Woche, geht es abends direkt nach der Arbeit vom Büro aus ins Schwimmbad und hinein ins gewärmte, manchmal zu warme Nass.
Ich bin nicht allein, gerade im zeitigen Frühjahr ist das Schwimmbad meiner Wahl, das nette kleine in Markt Schwaben, gut gefüllt. Ein wenig zu gut für meinen Geschmack, doch davon später mehr.
Die ersten Trainingseinheiten absolviere ich noch mit den üblichen Schwimm-Shorts, aber mir ist schon bald klar: Es muss eine Speedo her. Nicht, dass es mir um Zeit oder Geschwindigkeit geht, also die entscheidenen Gründe für Wettkampfschwimmer, nicht in Shorts ins Wasser zu gehen. Aber das labbrige Geschlabber der Hosenbeine an den Oberschenkeln nervt bei jedem Schwimmzug. Jedenfalls bilde ich mir das ein. Ich liege nicht so im Wasser, wie ich das möchte, die Shorts sind schwer und ziehen nach unten.
Nun machen Männer mit Bauchansatz und schmalen Schultern in Lycra-Hosen keine besonders gute Figur. Aber darum geht es ja nicht. Der Sinn des Ganzen ist es ja nicht, eine gute Figur zu machen, sondern eine halbwegs ansehbare zu bekommen. Und da mich sowieso keiner im Schwimmbad persönlich kennt, ist es auch völlig egal, wie ich dort auflaufe.
Trotzdem: Eine schwarze, möglichst unauffällige Hose wird gekauft. Nicht etwa eine in kreischigen Farben, ich bin schließlich kein Pavian und muss nicht unbedingt einen roten Arsch aus dem Wasser strecken.
Natürlich Speedo. Schließlich ist die Marke mittlerweile das Synonym für Schwimmerhosen aus Lyra in Slipform. Andere nennen sie einfach „Eierkneifer“ und damit haben sie nicht ganz unrecht.
Unter „normalen“ Bedingungen sind diese Speedos sicher keine Option. Schon deshalb nicht, weil die Generation über mir so hartnäckig an dieser Badehosenform festhält und ich mich nicht dazu zählen möchte. Für’s richtige Schwimmen aber sind sie alternativlos.
Das hätte eigentlich das Ende dieser Geschichte sein können, aber es kommt natürlich alles anders: Mit der ersten Speedo geht die Materialschlacht los. Die erste Lycra-Badehose seit hunderten von Jahren kaufe ich noch in der mir gewohnten Textilgröße, ein lässlicher Anfängerfehler, denn schon nach vier Wochen und den ersten drei verlorenen Kilo habe ich das Gefühl, Speedo ist zu groß.
Jedenfalls bilde ich mir das ein.
Nicht, dass ich ein Fan enger Wäsche bin, bei der man sich fragt, wie sich all das eigentlich verstauen lässt, was die anderen Badegäste und Schwimmer nicht zu sehen bekommen sollen. Aber eine Nummer kleiner, und damit eine Nummer näher an meiner ursprünglichen Konfektionsgröße wäre doch sinnvoller gewesen.
Also muss eine zweite Badehose zum Bahnenschwimmen her, diesmal stmmt das Objekt der Wahl von Adidas. Und dieses Mal erlaube ich mir einen Hauch roter Farbe – also den drei Streifen auf beiden Seiten und dem Logo am Bund. Mehr nicht. Aus besagten Gründen.
Besser ist das.
Weitere sieben Wochen später und mittlerweile sechs Kilo leichter, lachen mir in Frankreich in einem Schaufenster O’Neill Grinder Tights entgegen. Eine knallrote Badehose in Kastenform mit schwarzen und weißen Streifen, die ich sicher noch vor einem halben Jahr niemals gekauft hätte – und schon gar nicht für diesen Preis.
Ich wäre mir lächerlich vorgekommen, ein dicklicher Mops in Tights – bitte nicht. Das geht dann doch zu weit. Jetzt aber nehme ich meinen ganzen Mut zusammen, überwinde alle Sprachbarrieren und betrete einen Laden, der sich von seinem Warensortiment her an Leute richtet, die halb so alt sind wie ich. Ich stamme eben noch aus einer Generation, in der es keine Hoodies gab. Bei uns hießen die Teile noch Kapuzenpullover. Oder man nannte sie, wenn man betont flapsig sein wollte, Känguruh Pulli. Von der Fraktion gibt’s ürigiens auch heute noch Leute, ich hab’s gegoogelt.
Nachdem ich mir also mehrfach einrede, dass mich hier nun wirklich niemand kennt, ich sicher nicht wieder hierher komme und selbst wenn…, betrete ich den Laden (Oh: Entschuldigung: Den Shop).
Im französisch-englischen Mischmasch erklärt mir der Verkäufer, wie toll die O’Neill ist und fordert mich auf, sie anzuprobieren. Wenn das keine Einladung ist. Geht doch. Ob er sich innerlich gerade vor Lachen auf dem Boden ausrollt, weiß ich nicht. Und wenn, dann hat er seine Mimik bestens im Griff.
Gesagt, getan, probiert, passt, wackelt nicht und hat auch keine Luft. So wie es sich gehört.
Um es kurz zu machen: Die Hose wird gekauft, notwendig wäre das natürlich nicht gewesen. Ich trage sie beim Training am allerliebsten und es ist mir egal, wie ich darin aussehe. Ich fühle mich beim Schwimmen wohl darin, und nur das zählt.
PS: Unschwer erkennbar, dass Teile dieses Eintrags nach Veröffentlichungsdatum geschrieben sind. So ist das nun mal heutzutage.
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1 Antwort
[…] gab es natürlich noch einen Satz neuer Badehosen – dazu habe ich bereits an anderer Stellen ein paar Zeilen geschrieben. Doch damit war noch […]