Challenge 2017 (Teil 4e): 10 Bahnhöfe und ein Moor
Suchend schweifen meine Augen über die Landkarte. Sie verfolgen die Bahnstrecken meiner Region. Liegt ein See in der Nähe? Welcher? Kann man dort schwimmen? Und wie viele Bahnhöfe kann ich auf dem Weg dorthin abklappern?
Nein – ich möchte nicht mit der Südostbayernbahn, dem Meridian oder BoB zum Schwimmen fahren. Ich möchte nur das Angenehme mit dem anderen Angenehmen verbinden. Zwei Fliegen mit einer Klappe – zwei Aufgaben mit nur einer Aktion. Das bedarf einer Erklärung…
Zum einen ist mir bei meinen Freiwasser-Schwimmbemühungen daran gelegen, einen mir bisher unbekannten See zu durchpflügen. Mindestens vier sollen es in der Aufgabenliste 2017 (s.u.) sein. Zum anderen möchte ich möglichst viele Bahnhöfe und Zughaltepunkte der Region fotografieren und die Bilder der Website www.Deutschlands-Bahnhoefe.de zur Verfügung stellen. Die Betreiberinnen dieser Open-Data-Seite haben es sich zum Ziel gesetzt, von den dort aufgeführten 5.719 Bahnhöfen Deutschlands Bilder zu sammeln, zu veröffentlichen und kostenlos zur Verfügung zu stellen. Ein in gewisser Weise skurriles Projekt, ehrgeizig noch dazu – also genau nach meinem Geschmack. Und daher habe ich, kaum, dass ich Ende Mai darauf gestoßen bin, meine Mithilfe zugesagt und fotografiere seitdem Bahnhöfe rings um unser Dorf, beim Pendeln zur Arbeit und eben auch bei meiner Fahrt zu immer neuen Seen. Bereits der Besuch des Bibisees und der am Tegernsee waren ein Versuch, beide Aufgaben zu vereinen – und eben auch der Hofstätter See nördlich von Rosenheim.
Vom Hofstätter See hatte ich nie zuvor gehört, entdecke ihn allerdings in erreichbarer Nähe und weiß, dass ich mit einem minimalen Umweg die Haltepunkte der Südostbayernbahn Steinhöring, Tulling, Forsting, Edling und den Bahnhof von Wasserburg abklappern kann und für die Rückfahrt einen Schlenker einplane. Das sind in meiner persönlichen Bilanz weitere Bahnhöfe, von denen auf der Seite Bilder von mir zu finden sind – ein kleiner Schritt für die Betreiberinnen, aber ein großer für mich, denn ich möchte mindestens 1% der Bilder beizusteuern, also 58 der bisher unbebilderten Bahnhöfe besuchen und zu fotografieren.
Dass der Hofstätter See schwimmerisch nicht gerade ein Highlight ist, nehme ich für dieses Mal in Kauf. Zwar ist er wunderbar malerisch, liegt phantastisch und sehr pittoresk in die Landschaft eingebettet und ist weitgehend von Wald und Schild umgeben, zwar ist es dort unglaublich ruhig, aber große Teile der Uferregion sind verschlammt, versumpft und sehr flach. Und so wird das Durchpflügen des Sees tatsächlich wortwörtlich das, was ich mir nicht nur vorgenommen habe, sondern was ich auch tatsächlich mache.
In Ufernähe ist das Wasser kaum einen halben Meter tief, den Grund sieht man trotzdem nicht. Selbigen aber wirbelt jede Schwimmbewegung auf – feiner, grau-brauner Schlamm, abgestorbene Pflanzenteile. Immer wieder fährt die Hand dort hinein, mal streift sie Äste, mal noch nicht zersetzte Blätter. Regelmäßig spüre ich Wasserpflanzen, von denen wenig mehr als ein dunkler Schatten zu sehen ist, zwischen den Fingern.
Dieses intensive Naturerlebnis muss man mögen. Ich habe volles Verständnis, wenn es Schwimmer gibt, die das nicht tun.
Ich mag das nicht besonders, bin aber solche Erfahrungen seit früher Kindheit, als wir viele Urlaube in Österreich am Neusiedler See machten, gewohnt. Also beunruhigt mich das nicht weiter. Selbst kurze Fotopausen, bei denen ich bis zu den Knien im weichen Morast versinke, bis ich einigermaßen festen Halt unter den Füßen spüre, sind erträglich. Und nein: Mein Gehirn spielt mir nicht den Klassiker zahlreicher Filme vor, hinein in den weichen Matsch zu treten und plötzlich mit dem Fuß im Brustkorb einer Moor-/Wasserleiche zu stehen.
Überall blubbert es um mich – der Schlamm entlässt seine Gase. Fußbewegungen wirbeln die weiche Masse auf.
Ich habe nichts anderes erwartet, denn auf der Website der nahe gelegenen Gemeinde Prutting ist nicht nur vom Moorlehrpfad Burger Moos zu lesen, der an dem See beginnt. Es heißt auch klar und deutlich: „Der Hofstätter See liegt in einer naturbelassenen Umgebung und bietet als einer der wärmsten Seen des Landkreises schon im Frühsommer die Möglichkeit zum Baden an gepflegten Badeplätzen. Die Schilf- und Waldflächen der Umgebung lassen den direkten Zugang zum Ufer nur an einigen Stellen zu.“
Naturbelassen – das trifft es. Eine direkte Zugangsstelle zum Wasser finde ich am Strandkiosk Forst. Als ich starte, bin ich fast allein, nur ein paar Kinder toben beaufsichtigt von den strengen Blicken ihrer Großmütter am flachen Kiesstrand im warmen Wasser. Der Hofstätter See ist eben kein Touristenmagnet, anders als der eine knappe halbe Stunde entfernte Chiemsee oder der in 10 Minuten erreichbare Simssee.
Vom Strandhaus am südwestlichen Ufer dort orientiere ich mich im Uhrzeigersinn am – hinein in das morastige, schilfbewachsene Gebiet und in den Schlick. Ich drehe ab, als es zu flach wird und folge dem Nordufer in gebührendem Abstand zur zweiten Zugangsstelle.
Wieder einmal türmen sich Wolken am Himmel, der Wetterbericht hat auch für diesen Nachmittag lokale Gewitter vorausgesagt, vor allem in Alpennähe. Und der See ist definitiv in Alpennähe. Gerade mal 25 Kilometer Luftlinie sind es bis in die Berge. Mein Schwimmen fällt also recht kurz aus. Eine halbwegs schwimmbare Runde beläuft sich auf knapp 3 Kilometer und ich belasse es für dieses Mal dabei. Keine zweite, kein Kreuzen des Sees. Statt dessen ein bayerischer Brotzeitteller und ein Russ‘ am Strandcafé.
Schließlich habe ich heute noch was vor. Die Bahnhöfe Rosenheim-Hochschule, Schechen, Rott/Inn, Ramerberg und Soyen warten noch darauf, auf der Rückfahrt fotografiert zu werden. Das muss ich im strömenden Regen auch nicht haben. Hab ich aber auch nicht.
Wie so oft irrt der Wetterbericht: Gewitter gab’s keins. Zumindest nicht über mir.
Alle Aufgaben im Überblick:
Erledigt: 5.000 am Stück, Fremdes Hallenbad, Erster im Erdinger Freibad, Fremdes Freibad, Langbürgner See, Chiemsee Extratour, Vollmondschwimmen, Ammersee, mindestens 4 neue Seen: Notzinger Weiher, Bibisee, Starnberger See, Tegernsee, Hofstätter See,
Noch offen: Jahressoll 455 km / Rollwende üben / Chiemsee-Querung / Drei Badehosen wegschmeißen / Goldene Stunde
Vielen Dank fürs Lesen.
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Lieber Lutz,
Ich mag deine Berichte sehr.
Jedoch empfinde ich diesen und auch den vom Tinninger Weiher nicht ganz den beiden gerecht werdend.
Im Hochsommer ( ich glaub den Tinninger schriebst du letztes Jahr im Sommer) und diesen in August, wenn ich das richtig sehe, sind sie beide sehr unattraktiv und bewachsen.
Da stimmen deine Artikel voll.
Jedoch jetzt in Frühling ist das Wasser noch schön und vor allem nicht so hart wie die großen und vor allem diese beiden flachen Moorwasser werden schnell warm. Darum ist in der jetzigen Zeit und in normalen Jahren auch das, Schwimmen in diesen Seen ganz anderes als in Sommer und vor allem wie die ersten Frühkartoffeln etwas besonderes.
Ansonsten vielen Dank für deinen Blog ich lese ihn sehr gerne und freue mich drüber.
Lieben Gruß
Riko
Lieber Riko,
es sind ja immer nur sehr subjektive Eindrücke von meinem Besuch – viele Seen bekommen „eine zweite Chance“, was heißt, dass ich da gewiss noch mal hinfahre, um die Eindrücke des ersten Besuchs zu revidieren. Sowohl der Hofstätter als auch der Tinninger sind auf meiner Liste, sie 2020 neu zu entdecken, vermutlich dann wohl früher im Jahresverlauf. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie sich dann ganz anders „präsentieren“.
Wir werden sehen :)
Danke für Deinen Kommentar und liebe Grüße
Lutz