Bilder aus Georgien (06) – Tibilissi als Bilderflut

Tibilissi tags und Tibilissi nachts, die touristische Vorderseite, die Hinterhöfe, Botanisches und Balkone. Was fehlt?
Sehr vieles.

Trotzdem soll und wird dies innerhalb der Blogserie mit Bildern aus Georgien der letzte Beitrag mit Fotos aus der Hauptstadt sein. Eine wüste, unsortierte Bilderflut. Schnappschüsse und wohlüberlegte Bilder. Ich zeige Streetart und Street Fotografy, Foodporn und Bilder, zu denen es viel zu erzählen gäbe.

Das aber würde den Rahmen dieses Blogs mehr als sprengen.
Selbst Bildunterschriften zu jedem einzelnen Foto wären viel zu viele Informationen.
So reihen sich Fotos von der Sameba Kathedrale, der Moschee und der Metechi Kirche aneinander, Plattenbauten, Khatchapuri und Joghurt-Suppe, Hochhäuser und Ruinen, Schwefelbäder, Stalinbüsten als Souvenir zu, antirussischen Graffitis und Türbeklebungen, Kabelgewirr, orthodoxe Prieser, Seitenstraßen mit Häusern, die buchstäblich auseinanderreißen; Unterführungen und Übersichten, Brücken und Bilder einer Ausstellung von Nico Pirosmani. In dieser war das Fotografieren zwar verboten, aber einfach niemand hat sich daran gehalten. Warum sollte also ausgerechnet ich damit anfangen?

Besonders am Herzen liegt mir das Foto, das ich nicht in die Galerie einbinde, sondern hier einzeln zeige: Gemacht habe ich es im Europapark nahe der Talstation der Bergbahn, die auf den Sololaki-Kamm hinauf führt. Dort endet sie zu Füßen, der knapp 30 Meter hohen Statue der Mutter Georgiens. Über die dringend noch zu erwähnen wäre, dass sie in der einen Hand eine Schale Wein für die Freunde, die zu ihr kommen, hält, in der anderen aber ein Schwert für ihre Feinde.
Lang ist die Schlange der Kabinenbahn, was auch damit zu tun hat, dass anders als in den Alpen in den Skigebieten das Personal die Leute nicht in die Gondeln quetscht, damit auch nur jeder Platz belegt ist und es zügig vorangeht. Hier geht eben alles einen anderen Gang, was niemand krumm nimmt. Und so steht man eben an einem Abend gern mal eine halbe Stunde an.
Das ist die Zeit, in der sich wunderbar Menschen beobachten lassen. So auch diese alte Frau. Mit einer emaillierten Blechtasse geht sie die Schlange ab und bittet um ein Almosen. Menschen ihrer Generation und ihrer sozialen Schicht sprechen nur georgisch und vielleicht russisch, das macht die Kommunikation mit den Tourist:innen aus aller Welt schwierig, aber es weiß auch so jeder, was die Frau erbittet.
Hin und wieder klimpert es in der Tasse, dann setzt sie sich auf eine Bank, einer jungen Mutter mit ein paar kleinen Kinder zur Seite. Sie spricht die Mutter an, eine Weile plaudern die beiden Frauen ganz unbeschwert und ohne jegliche Berührungsängste. Das Gespräch geht, das ist an Blicken und Gesten der beiden zu erkennen, um die Kinder.
Dann irgendwann steht die Mutter auf, sie nimmt das ältere Kind an die Hand und schiebt den Buggy mit dem Kleineren über das holprige Pflaster. Die alte Frau erhebt sich mühsam, wieder hält sie Gästen wie Einheimischen ihren Blechnapf hin.
Ihr Weg führt sie wieder der Schlange entlang, allerdings in eine andere Richtung, sonst hätte sie auch von mir ein paar Lari bekommen.

Ein hier im Blog zitiertes georgisches Sprichwort, das auch Leo Vardiashwilli in seinem wunderbaren Georgien-Roman Vor einem großen Walde immer wieder zitiert, lautet: Ein Gast ist ein Geschenk Gottes.
Welch ungeheures Privileg ist es dann, in einem solchen Land zu Gast sein zu dürfen?
Hier also der letzte Schwung von Fotos aus Tiblissi zusammengestellt in einer Bilderschau:

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Bildergalerien von weiteren Spaziergängen und Touren in Georgien folgen. Nach Tiblissi geht es weiter Richtung Westen nach Adscharien ans schwarze Meer.
Eine Übersicht über alle bereits veröffentlichten Beiträge finden Sie in der Ankündigung der Serie hier.


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1 Antwort

  1. Nati sagt:

    Dankeschön für die Vorstellung dieser interessanten Stadt mit den unzähligen Gegensätzen.

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