Friedhofsspaziergang: Dereinst in Wien

Dieser ältere Beitrag ist jetzt Teil der Reihe „Friedhofsspaziergänge“ vom Totenhemd-Blog. Vom 01. bis zum 24.  November finden dort täglich „Friedhofsspaziergänge“ statt. Blogger schreiben, was sie auf Friedhöfen anspricht, irritiert, berührt, auffällt… Eine spannende, höchst lesenswerte Serie.

Maussolos, der persische Satrap von Karien, wusste schon, was er tat, als er im 4. Jahrhundert vor Christus seine Grabstätte errichten ließ. Nicht etwa ein popeliges Loch in der Erde – nein: Ein mit Säulen, Skulpturen und Reliefs verziertes Bauwerk musste es sein. Es zählte schon bald zu den sieben Weltwundern. Noch heute spricht man ihm zu Ehren von Mausoleum, wenn der Leichnam eines Verstorbenen nicht einfach eingegraben und zugeschüttet wird, sondern ein elegantes Häuschen oben drauf gesetzt wird, eine Immobilie, in die man gegebenfalls auch eine wohnungslose Familie unterbringen kann – lebend.

Ein solches, also ein Mausoleum, steht nun zum Verkauf an. Und ich kann nicht sagen, dass es mich nicht interessiert. Zwar ist es als Familienstammsitz eher ungeeignet – aber als Familienbegräbnisstätte hätte es einen gewissen Reiz.
Das kleine Totentempelchen befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (wo sonst?) und das kommt mir ganz gelegen. Zum einen hatte ich immer schon ein Faible für diese morbide Stadt, zum anderen komme ich in ein Alter, in dem ich mir Gedanken über ein würdevolles und angemessenes Begräbnis meiner sterblichen Hülle machen sollte. Die Erkältungen mehren sich. Und wir alle wissen, wie tödlich diese Männerschnupfen sein können.
Vielleicht sollte ich dem Sensenmann nicht so ablehnend gegenüber stehen und ihm einfach einen Schritt entgegen gehen. Ein Mausoleum auf dem Wiener Zentralfriedhof wäre doch ein guter Schritt. Finden Sie nicht?

Wien

Im Angebot: Luxusimmobilie in Wien

Besonders spannend: Das Mausoleum befindet es sich in unmittelbarer Nähe der Friedhofskirche und damit haust man dort in illustrer Gesellschaft. Nicht, dass ich eine besondere Begeisterung für die österreichischen Präsidenten hätte, und schon gar nicht für den Waldheim, der mit seinen Amtskollegen ein paar Schritte weiter vor sich hin gruftelt. Aber einer der Erbauer des Suezkanals, Alois Negrelli, Ritter von Moldelbe, hat seine Grabstätte vis a vis, und nur ein paar Schritte weiter befinden sich im Ehrenfeld die Ruhestätten des begnadeten Bildhauers Alfred Hrdlicka sowie vieler großer Komponisten wie von Franz Suppe, Johannes Brahms und Johann Strauss.
mauso04Auch Beethoven, Mozart und Schubert haben dort Gedenkstelen, man darf aber getrost annehmen, dass ihre echten Knöchelchen nach wie vor sonstwo im Erdreich verharren.

mauso03Egal. Die Nachbarschaft jedenfalls ist vielversprechend. Und wer weiß; Vielleicht hat ja Wolfgang Ambros Recht und der Tod gibt auf dem Wiener Zentralfriedhof gelegentlich ein Fest. Wie schön wäre es da, direkt von meinem Mausoleum hinüber zu den Wiener Klassikern zu schauen.  Ich werde dann in erster Reihe sitzen, wenn die großen Musiker erstmals gemeinsam ein Potpourri ihrer besten Stücke aufführen oder ein fulmiantes Casting-Show-Battle veranstalten – ganz ohne Bohlen. Aber vielleicht mit Falco, wenn er denn aus der hinteren Friedhofsecke angewackelt gekommen ist.
Das wird ein Spaß.
Ich sollte tatsächlich mal anrufen und fragen, was das kleine Totentempelchen kostet. mauso02Dann nämlich kann ich mich auch als Dynastiebegründer dort eingraben lassen und nach mir alle alle meine Nachkommen – natürlich nur die aus gerader Linie mit angemessen sittlicher Lebensführung. Seitensprüngler und deren Nachkommen müssen leider sonstwo unter die Erde. Das kann ich meiner noblen Nachbarschaft schließlich nicht zumuten.
Und da es in Wien offensichtlich üblich ist, nicht nur den Namen und die Lebensdaten auf den Stein zu meißeln sondern auch so illustre Dinge wie Plastikblumenfabrikbesitzerin, Schiffahrtskapitän oder Amtmannswitwe werde ich auf meinen Stein einfach direkt unter meinen Namen schreiben lassen:

Zwetschgenmann – Blogger – Schwarzgelber Irrer

In erhabenen Buchstaben natürlich. Natürlich. Oder in Gold. Mindestens.
Wenn es soweit ist, werte Leser, dürfen Sie einen Moment an meinem Mausoleum andächtig in stillem Gedenken an mich verharren. Und seien Sie großzügig und bringen Sie eine Totengabe mit: Ein stilles Gebet, eine Rose, eine Trekkingsandale. Ich nehme alles.

Habe die Ehre…


Vielen Dank fürs Lesen.
Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä.
Gern dürfen Sie den Artikel auch verlinken.
Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld.

Diesen Beitrag weiterempfehlen:

Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann

Subscribe to get the latest posts sent to your email.

7 Antworten

  1. Maja sagt:

    wunderbarer Beitrag, ich liebe das morbide sehr, wenn Du das Mausoleum gekauft hast und dort einziehst, würdest du dann bitte Ludwig Hirsch von mir grüssen.

  2. Renate sagt:

    Hallo,

    ich liebe Ihren witzigen Schreibstil! Der Zentralfriedhof ist mir erst durch Wolfgang Ambros ein Begriff geworden. Besucht haben ich ihn noch nicht. Mein Mann und ich haben es uns aber bei der nächsten Wienreise vorgenommen. Wir haben schon andere interessante Friedhöfe mit großen Mausoleen besichtigt.

    Jetzt stöbere ich noch ein bisschen durch die anderen Beiträge und schau mir mal das Buch an, weil oder obwohl ich Renate heiße.

    Herzliche Grüße
    Renate

  3. Petra sagt:

    Hallo Lutz,
    wunderbarer Blogartikel!!! Herzlichen Dank dafür. Deine Vorstellung im Mausoleum begraben zu sein und von dort Interessantes zu bestaunen gefällt mir sehr. Dein Wortwitz ist klasse.
    Wir freuen uns auf die nächste „Folge“.
    Herzliche Grüße
    Petra