Mittach… Mit Meisen
Mittach…!
Die Wäsche hätte längst fertig sein können. Will hießen: Sie liegt seit Stunden in der Maschine. Dabei könnte sie schon lange geschleudert, geglättet und aufgehängt im Garten in der Sonne trocknen.
Hätte… hätte…
Die Kaffeemaschine hat sich unverrichteter Dinge wieder ausgeschaltet. Kein Kaffee. Nicht, dass ich keinen gewollt hätte, ich habe nicht mehr daran gedacht, mir einen zu machen. Dabei hätte es nur eines Knopfdrucks bedurft.
Statt dessen sitze ich den Vormittag am Esstisch vor dem Laptop und mache das, was so viele derzeit machen: Über Datentunnel digital in die Firma schleichen, auf dem viel kleineren Display Daten lesen, Tabellen ausfüllen… mich mit Aufgaben und Problemen beschäftigen. Home Office.
Die Sonne scheint mir durchs Fenster ins Genick und darüber hinaus aufs Display. Ich sehe nichts mehr.
Also Vorhänge zu?
Nein. Ich will raus. Sofort. Budenkoller vermeiden, an die frische Luft, durchatmen, der sich ankündigenden Verspannung entgegen wirken. Ab in den Wald. Wenigstens eine kleine Spaziergangrunde. Die Sonne scheint gar zu schön.
„Mittach…!“ möchte ich jemandem zurufen, den Kollegen halt. Oder „Mahlzeit!“ Aber es ist niemand da.
Ich greife meine Kamera, will gerade sie Schuhe anziehen, da fällt mir ein:
Halt! Da war doch noch was.
Scheiße. Die Wäsche.
Also warten, bis die geglättet ist, damit ich sie aufhängen kann.
Die Zeit nutze ich für einen Kaffee. Längst überfällig.
Die Kamera liegt noch immer auf dem Esstisch, das Teleobjektiv montiert.
Während ich einen Kaffee trinke, fällt mein Blick aus dem Küchenfenster auf den Hibiskus, der sich noch immer ziert, Blätter zu bilden. Im Strauchwerk: Zwei Blaumeisen.
Keine zwei Meter entfernt. Her mit der Kamera.
Durch die geschlossene Scheibe, eine der wenigen, vor der zum Glück kein Fliegengitter hängt, nehme ich die beiden Vögel vors Objektiv.Derweil die Wäsche fröhlich in der Maschine rumpelt, klappt zweidutzendmal in nicht mal fünf Minuten der Spiegel in meiner Kamera runter und wieder rauf. Das Ganze jeweils in einem 250stel einer Sekunde. Klack – Klack – Klack – Klack…
Die Meisen merken nichts davon. Gut so.
Irgendwann flattern sie trotzdem davon und auch ich würde sehr gerne jetzt im Wald verschwinden.
Geht aber nicht: Erst wird die Wäsche aufgehängt, sonst ist die am Abend nicht trocken. Es wird Zeit. Ist ja schon Mittach!
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Sehr gut geschrieben, wie immer. Ich kommentiere selten.
Die Meisen gucken so niedlich…
… aus der Wäsche.😊👍